Leipzig (ots) - Von André Böhmer Isoliertes Deutschland Auf den ersten Blick hat der Atom-Streit beste Chancen, das politische Sommerloch des Jahres 2008 zu füllen. Allerdings nur auf den ersten, denn für kurzfristige Profilierungsversuche diverser Hinterbänkler ist das Thema denkbar ungeeignet. Schließlich geht es um eine der wichtigsten Zukunftsfragen. Die Krise auf den Energiemärkten, die Millionen deutscher Haushalte treffende Teuerungswelle bei Benzin, Öl und Gas hebeln die Debatte um den Ausstieg aus der Atomenergie in das Gravitationszentrum der Koalition. Damit ist klar was kommt:Die Kontroverse um die Zukunft der Atomkraft in Deutschland wird im Bundestagswahlkampf 2009 ganz oben stehen. Der Blick auf das Wochenende lässt erahnen, mit welchen Geschützen die Beteiligten in die Wahlschlacht ziehen werden. Acht Jahre nach dem gesetzlich fixierten Atomausstieg unter Rot-Grün stellen die in der Koalition mitregierenden Sozialdemokraten schon jegliches Nachdenken über Verkürzung oder Verlängerung von Kernkraftwerk-Laufzeiten unter politischen Generalverdacht. So schnappte SPD-Generalsekretär Heil mit einem ideologie-getränkten Pawlowschen Reflex Richtung Union und verbiss sich in den Vergleich einer Atomsekte. Peinlich für den SPD-General ist dabei allerdings, dass er offensichtlich nicht mehr auf dem neuesten Stand ist. Denn mittlerweile liegen Gegner und Befürworter der Atomkraft kräftemäßig fast gleichauf. In Ostdeutschland - das hat vor kurzem erst eine Umfrage diese Zeitung ergeben - sind die Bedenken gegen die Nuklear-Technik ohnehin gering. In diesem Zusammenhang von einer Atomsekte zu sprechen, grenzt an eine bewusste Verdrehung der Tatsachen. Andererseits ist es bemerkenswert, dass die Anti-Atom-Front jetzt schon innerhalb der SPD bröckelt. Wenn Erhard Eppler, einer ihrer Vordenker, mit einem Vorschlag an die Öffentlichkeit tritt, der abseits aller ideologischen Scheuklappen Kritisches und Konstruktives vereint, dann lässt das aufhorchen. Er hat Recht, wenn er die nach wie vor ungeklärte Endlager-Frage oder den Sicherheitsaspekt im Zeitalter des Terrorismus thematisiert. Trotzdem zeugt sein Angebot an die Union, moderne Meiler länger laufen zu lassen und im Gegenzug auf den Neubau zu verzichten, von einem gewissen Realitätssinn, der seiner Partei bei diesem Thema zum großen Teil fremd ist. Ohnehin stellt sich immer mehr die Frage, ob der geplante deutsche Alleingang beim Auslaufen der Kernkraft international nicht in die Sackgasse führt. Es macht jedenfalls wirtschaftlich und ökologisch wenig Sinn, auf heimische Atomkraft ganz zu verzichten, während in Europa neue Kernkraftwerke am Entstehen sind und importierter Strom auch aus nuklearen Quellen stammt. Mit diesem energie-politischen Aktionismus wird Deutschland in die Isolation getrieben. Denn nur mit regenerativen und fossilen Trägern, so wichtig sie auch sind, lässt sich das Energieproblem in absehbarer Zeit nicht lösen. @a.boehmer@lvz.de
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