New York (BoerseGo.de) - Die Wall Street blieb sich heute wider treu. Auf ein oder zwei freundliche Tage folgt prompt wieder ein Rutsch. Der Markt wird momentan von Schlagzeilen getrieben und von sehr kurzfristig orientierten Spielern beherrscht. Diese engagieren sich nur für Stunden oder wenige Tage und nehmen bei jedem Vorwand Geld vom Tisch.
Heute fanden sie dafür wohl zwei Vorwände. Der schwerwiegendste Anlass waren anscheinend die - wie üblich - durchwachsen ausgefallenen Konjunkturdaten. Dabei pickten sich die Spieler - wie in diesem Jahr üblich - wohl die negativste Schlagzeile heraus: Die Einkommen der privaten Haushalte gingen im Juli um 0,7 Prozent zurück (Juni: plus 0,1%). Erwartet wurde nur ein Rückgang um 0,2 Prozent. Volkswirte führen den Rückgang darauf zurück, dass die positive Wirkung der Steuerschecks, die die Einkommen in den Vormonaten noch gepuscht hatten, allmählich ausläuft. Dennoch blieb der Konsum auf Wachstumskurs, wenn auch deutlich verlangsamt: Die Ausgaben der privaten Ausgaben (also der Konsum) stiegen - wie erwartet - um 0,2 Prozent (Juni: plus 0,6%).
Beschleunigung in Chicago
Die positive Konjunkturüberraschung wurde dabei glatt übergangen: Im Ballungsgebiet Chicago beschleunigte sich die Industrie schon wieder. Das signalisiert jedenfalls der Chicago Einkaufsmanagerindex, der im August auf 57,9 sprang (Juli: 50,8). Der Konsens rechnete dagegen mit einem Rückgang auf 50,0. Werte über 50 signalisieren Wachstum. Diese Zahlen passen gut gut zu den starken Auftragseingängen und der Aufhellung bei den Eigenheimverkäufen, die bereits im Verlauf der Woche gemeldet wurden.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Dollar - trotz angeblicher schwacher Konjunkturzahlen - leicht gegen den Euro anzog. Normalerweise reagiert die US-Währung recht konjunktursensibel und daher negativ auf schwache US-Daten. Der Devisenmarkt sah jedenfalls - im Gegensatz zum verstimmten Aktienmarkt - wenig Grund, Geld vom Dollartisch zu nehmen.
Spielverderber Dell
Die Wall Street fand heute allerdings noch einen zweiten Vorwand für ihre schlechte Laune, nämlich die Enttäuschung über die gestern nachbörslich gemeldeten Quartalsergebnisse von Dell. Die Nr. 2 auf dem PC-Markt meldete zwar mehr Umsatz als erwartet, verdiente dabei aber weniger. Schlimmer noch: Der Computerbauer begründete seine Gewinnschwäche mit einer flauen Technologienachfrage der Unternehmen aus Europa und Asien. Das weckte wiederum die Konjunkturängste und schickte den gesamten Technologiebereich auf Talfahrt. In Vergessenheit geriet dabei, dass der Weltmarktführer Hewlett-Packard kürzlich keine Spur von Nachfrageschwäche zeigte.
Die Konsequenz: Der Dow Jones Industrial Average verlor 1,46 Prozent auf 11.543 Punkte, der - für den breiten US-Aktienmarkt repräsentative - S&P 500 sank 1,37 Prozent auf 1.282 Punkte und der technologielastige Nasdaq Composite Index rutschte 1,83 Prozent auf 2.367 Punkte.
Vergleich zur Vorwoche
Dow minus 0,99 Prozent
S&P 500 minus 1,18 Prozent
Nasdaq minus 3,47 Prozent
Dow Jones Average: Wenig Angst vor Gustav
Das heutige Schlussbild im Blue Chip Index Dow gleicht einem Konzil von Kardinälen, alle schlossen in Rot. Relativer Gewinner war American International Group mit minus 0,09% auf 21,49 Dollar, der geringste Tagesverlust. Die größte Versicherungsgruppe der Welt war bereits gestern der Tagesgewinner (plus 7,6%). Das ist erstaunlich. Immerhin droht der Hurricane Gustav, der möglicherweise bis zum Wochenanfang die US-Küsten durcheinander wirbelt. Anscheinend stabilisierten Schnäppchenkäufe - immerhin war der Assekuranz-Titel zum Wochenanfang auf ein 13-Jahres-Tief gesunken. Außerdem half die abklingende Panik im Kreditsektor. Das stützte auch die Citigroup (gestern Platz 3), die heute den 2. Platz belegte und 0,47% auf 18,99 Dollar bröckelte. Bei beiden wurden wohl noch Leerverkäufe eingedeckt.
Der Flop des Dow war wieder einmal General Motors, heute mit einem Kursverlust von 3,29% auf 10,00 Dollar. Als hätte der angeschlagene Dinosaurier des Industriezeitalters nicht genug Probleme. Jetzt müssen die Detroiter auch noch knapp 860.000 Fahrzeuge zurück rufen. Dort gibt es angeblich Kurzschlüsse in den Scheibenwasch-Systemen.
Zu den Flops zählten auch die Technologieriesen, die in den Abwärtssog von Dell gerieten. Immerhin hatte der PC-Bauer über eine angeblich schwache Technologienachfrage der Unternehmen geklagt. Intel verlor 3,05% auf 22,87 Dollar und Microsoft gab 2,33% auf 27,29 Dollar ab.
S&P 500: Man gönnt sich ja sonst nichts.
Der S&P hatte es besser und konnte - dank seiner breiten Aufstellung - mit einer ganzen Reihe von Lichtblicken aufweisen. Zu den Glanzstücken zählte Pet Smart, die 10,57% auf 27,00 Dollar kletterte. Die Ladenkette für Haustierfutter hatte gestern nach Börsenschluss solide Quartalszahlen (Gewinn höher als erwartet) präsentiert und ihren Gewinnausblick für das Gesamtjahr bestätigt. Die Credit Suisse hält zwar an ihrem Urteil „Neutral“ fest, schraubte aber ihr Kursziel von 20 Dollar auf 26 Dollar. Den Schweizern gefällt, dass die Tierverköstiger bei der Neueröffnung von Läden kürzer treten wollen. Dadurch würden Kosten eingespart, das wiederum steigere kurzfristig die Gewinne, hieß es. Der Broker Wedbush verbesserte sein Kursziel von 27 Dollar auf 29 Dollar. Die Südstaatler schlagen sich trotz dem herausfordernden gesamtwirtschaftlichen Umfeld gut, hieß es dort. Der Broker Thomas Weisel Partners LLC korrigierte ebenfalls von 27 Dollar auf 29 Dollar. Die Deutsche Bank lobte außerdem, dass „Herrchen“ und „Frauchen“ ihre Käufe zunehmend auf hochpreisiges Tierfutter umschichten. In diesem Bereich sei der Wettbewerb geringer. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Zahlreiche Bank-Titel setzen - wegen der abflauenden Kredithysterie und der anhaltenden Eindeckung von Leerverkäufen - die Rallye der Vortage fort, darunter die Regionalbank Keycorp mit plus 2,56% auf 12,01 Dollar. BB & T gewann 2,67% auf 30,00 Dollar. Der Broker Ladenburg Thalmann glaubt, dass die regionale Bankholding bald mit einem vergleichbaren Kreditinstitut fusioniert.
Auch die Eigenheimbauer blieben - wegen der Bodenbildung auf dem Hausmarkt - gefragt: Pulte Homes gewann 2,83% auf 14,51 Dollar. Auch die Investmentbanken schlossen unisono im Plus.
Die Hypothekenriesen standen dagegen wieder unter Druck: Fannie Mae minus 13,96% auf 6,84 Dollar. und Freddie Mac minus 14,58% auf 4,51 Dollar. Die Financial Times hatte berichtet, dass die Bank of China ihren Bestand an Wertpapieren der beiden Immobilienfinanzier seit Juni um 25% gekürzt hat. Das wurde als Zeichen der Investoren-Unzufriedenheit aufgefasst.
Nasdaq: Abgestrafte Texaner
Die technologielastige Nasdaq stand natürlich im Schatten von Dell. Weil die Texaner über eine Abschwächung der Unternehmensnachfrage aus Europa und Asien klagten, nahmen viele Spieler im gesamten Technologiebereich Geld vom Tisch. Das traf vor allem die Schwergewichte: Der Auswahlindex Nasdaq 100 verlor 2,22% auf 1.872 Punkte.
Dell wurde schwer abgestraft: Minus 13,80% auf 21,73 Dollar. Die Texaner meldeten zwar mehr Gewinn als erwartet, aber deutlich weniger Gewinn. Das bedeutet schwache Gewinnmargen. Der Grund: Aggressive Preissenkungen für die Dell-Rechner. Nichts hasst die Wall Street weniger.
Die Reaktion mancher Analysten fiel aber vergleichsweise milde aus: Die Bullen: Die Credit Suisse hält an dem Urteil „Outperform“ fest und an dem Kursziel 30 Dollar. „Wir glauben, dass der Turnaround des Konzerns programmgemäß verläuft“, hieß es dort. Die Citigroup glaubt, der Rückgang der Gewinnmargen würde im laufenden Quartal wieder korrigiert. Die Bank rät sowohl kurzfristig als auch langfristig orientierten Investoren die aktuelle Kursschwäche für Zukäufe zu nutzen, kürzte aber ihr Kursziel von 30 Dollar auf 28 Dollar. Merrill Lynch bleibt bei dem Rat „Kaufen“ und dem Kursziel 27 Dollar. „Dell bleibt auf Kurs und ist in der Lage, das Wachstum wieder zu entzünden“, kommentierte die Bank. Morgan Stanley bekräftigte die Empfehlung „Übergewichten“ und Kursziel 28 Dollar.
Der Broker Friedman Billings Ramsey („Outperform“) änderte von 30 Dollar auf 27 Dollar. Der Broker glaubt, das die aggressive Preisgestaltung der Südstaatler die Vorteile niedrigerer Einkaufskosten für die Komponenten vorerst aufhebt. Allerdings kämen jetzt neue Notebooks auf den Markt, die signifikant niedrigere Produktionskosten verursachen. Daher sollten sich die Margen wieder verbessern. Der Broker BMO Capital Markets (ebenfalls „Outperform“) verringerte von 26,50 Dollar auf 25 Dollar. Der Broker Needham, der an „Kaufen“ festhält, senkte von 28 Dollar auf 26 Dollar.
Die Bären: Goldman Sachs äußerte sich allerdings skeptisch. „Die Überbetonung der verkauften Stückzahlen auf Kosten der Gewinnmargen, erschwert das Turnaround“, hieß es dort. Die Bank bleibt bei „Neutral“ und verringerte das Kursziel von 26 Dollar auf 25 Dollar. Die UBS bleibt ebenfalls bei „Neutral“ und korrigierte das Kursziel von 27 Dollar auf 26 Dollar. „Wir glauben nicht, dass sich die Margen in nächster Zeit verbessern“, hieß es dort. Die Deutsche Bank kappte ihr Kursziel von 32 Dollar auf 28 Dollar. Der Broker Baird rät derzeit vom Kauf der Aktie ab.
Marvell Technologies zählte ebenfalls zu den Spielverderbern und verlor 4,40% auf 14,11 Dollar. Der Halbleiterkonzern meldete gestern nach Börsenschluss mehr Gewinn und Umsatz als erwartet, der Ausblick enttäuschte ab. Begründet wurde die Zurückhaltung mit dem flauen gesamtwirtschaftlichen Umfeld. Der Broker Friedman Billings glaubt aber, dass die Vorsicht übertrieben ist und verwies auf die hohen Auftragsbestände. Daher sollte das Management beim nächsten Quartalsbericht, der im November fällig ist, den Ausblick deutlich schlagen. Die Citigroup bestätigte ihre Kaufempfehlung und Kursziel 22 Dollar. Die Deutsche Bank blieb ebenfalls bei „Kaufen“, senkte aber das Kursziel von 22 Dollar auf 20 Dollar. Der Broker Kaufman Brothers, der nur „Halten“ empfiehlt, kürzte von 17 Dollar auf 6 Dollar. Der Broker Jefferies rät derzeit aber vom Kauf der Aktie ab.
Vor allem der Chipbereich wurde dadurch hart getroffen. Der Philadelphia Semiconductor Sector Index, der 19 Halbleiter-Titel erfasst, sank 2,76% auf 352,82 Punkte.
Apple sank 2,42% auf 169,53 Dollar. Die einstige Kultaktie leidet seit einer Weile an Berichten über technische Probleme bei dem neuen iPhone. Das Gerücht, dass China Mobile das iPhone mit Subventionen, also unter dem Marktpreis anbieten will, half heute wenig. Der Smartphone-Rivale Research in Motion, Hersteller des BlackBerry, rutschte 3,99% auf 121,60 Dollar. Ein Onlinedienst behauptete, der Netzpartner AT&T bringe das neue Smartphone BlackBold erst am 2. Oktober auf den Markt. Bislang wurde mit einem Verkaufsstart Mitte August gerechnet.
Zu den wenigen Lichtblicken der Nasdaq zählte Novell, die 6,99% auf 6,43 Dollar gewann. Der Softwarekonzern meldete gestern mehr Gewinn und Umsatz als erwartet
Omnivision Technologies kletterte 7,75% auf 11,68 Dollar. Der Spezialist für Halbleiter-Sensoren,die in Handys, Kameras und anderen Konsum-Elektronika („Gadgets“) verwendet werden, verpasste zwar im Rahmen seiner gestrigen Quartalszahlen die Wall Street-Schätzungen, die Börse ließ aber Gnade vor Recht ergehen. Anscheinend hatten viele Investoren noch Schlimmeres erwartet. Außerdem bewegt sich die Aktie nahe einem Mehrjahres-Tief.
Internet: Entzugserscheinungen
Die an der Nasdaq notierten Flaggschiffe des Internets konnten sich dem Abwärtssog nicht entziehen, im Gegenteil. Gewohnheitsmäßig stoßen die Spieler an solchen Tagen die als riskant geltenden Online-Titel am schnellsten ab.
Google verlor 2,21% auf 463,29 Dollar. Die aktuelle Dollarstärke fördert zwar die US-Wirtschaft, weil sie die Rohstoffspekulation dämpft und damit die Kaufkraft der Verbraucher stärkt und die Kosten der Unternehmen senkt. Gleichzeitig dämpft aber der steigende Dollar die Einnahmen aus Euro & Co., wenn sie in die US-Währung umgerechnet werden. Das trifft Unternehmen wie Google, die einen großen Teil ihrer Einnahmen aus dem Ausland beziehen. Während sie in den vergangenen Jahren von der Dollarschwäche profitierten, bekommen sie jetzt Entzugserscheinungen. Daher kürzte heute der Broker William Blair & Co. seine Gewinnschätzungen für den Suchmaschinenkönig, allerdings nur leicht. Für das laufende 3. Quartal senkte der Broker seine Gewinnschätzung um 6 Cents auf 4,87 Dollar je Aktie (Konsens nach Reuters: 4,85 Dollar), für das 4. Quartal um 5 Cents auf 5,31 Dollar (Konsens nach Reuters: 5,34 Dollar). Für 2009 wurde die Gewinnschätzung auf 23,32 Dollar korrigiert (vorher: 23,61 Dollar). Die fundamentale Entwicklung bleibe aber stark, hieß es. Google bleibe daher einer der Top-Picks von William Blair & Co. Yahoo zeigte sich solidarisch und gab 1,37% auf 19,38 Dollar ab. Baidu.com, Chinas Marktführer bei den Suchmaschinen, bröckelte 0,89% auf 313,72 Dollar.
Der E-Commerce, der ebenfalls - wegen dem hohen Anteil der Auslandseinnahmen - von der Dollarstärke betroffen ist, wurde anscheinend auch von den schwache Verbrauchereinkommen und -ausgaben belastetet. Amazon.com rutschte 3,13% auf 80,81 Dollar. Der Onlinehändler gab zudem der Spekulation, eine neue Version seines E-Book-Readers Kindle käme bereits dieses Jahr auf den Markt, eine Absage.
Der Rivale Ebay sank 1,85% auf 24,93 Dollar.
Öl: Gustav macht wenig Eindruck
Obwohl der Tropensturm Gustav inzwischen wieder Hurricanestärke erreicht hat und möglicherweise die Ölförderung vorübergehend behindert, schloss das Öl heute im Minus - wenn auch nur leicht. Vermutlich dämpfen die bereits gestern gemeldeten Erdgas-Vorräte (plus 102 Einheiten, statt wie erwartet 84 Einheiten, außerdem seit der Vorwoche über dem 5-Jahresdurchschnitt), die zeigen, dass die USA derzeit über reichlich Energie verfügen. Der Crude-Kontrakt für Oktober bröckelte 13 Cents auf 115,46 Dollar, berichtet MarketWatch.
Gold: Billardkugel ohne Billardspieler
Das Gold verhielt sich heute wie eine Billardkugel ohne Billardspieler. Es fehlten die Impulse. Weder beim Dollar noch beim Öl tat sich viel, zumindest per Saldo. Also tat sich auch beim Gold wenig. Der Gold-Kontrakt für Dezember stieg heute 10 Cents auf 837,30 Dollar.
Ausblick:
Montag:
Feiertag (Labor Day)
Dienstag:
16:00 Uhr Bauausgaben vom Juli plus ISM Index-Industrieentwicklung vom August
Mittwoch:
16:00 Uhr Auftragseingänge der Industrie, 16:35 Uhr Ölvorräte der Vorwoche, 20:00 Beige Book der Fed (wirtschaftliche Lage der Nation)
Quartalszahlen: Staples (Büroartikel)
Donnerstag:
14:30 Uhr Arbeitslosenmeldungen der Vorwoche plus Produktivität 2. Quartal (Revision)m 16:00 Uhr ISM Index-Industrieentwicklung vom August
Quartalszahlen: Ciena (Netzwerkausrüster, Hayes Lemmerz (Autozulieferer), Toll Brothers (Eigenheimbauer)
Freitag:
14: 30 Uhr Jobdaten (neue Arbeitsplätze, Arbeitslosenquote, Stundenlöhne) vom August
Quartalszahlen: National Semiconductor (Halbleiter)
Heute fanden sie dafür wohl zwei Vorwände. Der schwerwiegendste Anlass waren anscheinend die - wie üblich - durchwachsen ausgefallenen Konjunkturdaten. Dabei pickten sich die Spieler - wie in diesem Jahr üblich - wohl die negativste Schlagzeile heraus: Die Einkommen der privaten Haushalte gingen im Juli um 0,7 Prozent zurück (Juni: plus 0,1%). Erwartet wurde nur ein Rückgang um 0,2 Prozent. Volkswirte führen den Rückgang darauf zurück, dass die positive Wirkung der Steuerschecks, die die Einkommen in den Vormonaten noch gepuscht hatten, allmählich ausläuft. Dennoch blieb der Konsum auf Wachstumskurs, wenn auch deutlich verlangsamt: Die Ausgaben der privaten Ausgaben (also der Konsum) stiegen - wie erwartet - um 0,2 Prozent (Juni: plus 0,6%).
Beschleunigung in Chicago
Die positive Konjunkturüberraschung wurde dabei glatt übergangen: Im Ballungsgebiet Chicago beschleunigte sich die Industrie schon wieder. Das signalisiert jedenfalls der Chicago Einkaufsmanagerindex, der im August auf 57,9 sprang (Juli: 50,8). Der Konsens rechnete dagegen mit einem Rückgang auf 50,0. Werte über 50 signalisieren Wachstum. Diese Zahlen passen gut gut zu den starken Auftragseingängen und der Aufhellung bei den Eigenheimverkäufen, die bereits im Verlauf der Woche gemeldet wurden.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Dollar - trotz angeblicher schwacher Konjunkturzahlen - leicht gegen den Euro anzog. Normalerweise reagiert die US-Währung recht konjunktursensibel und daher negativ auf schwache US-Daten. Der Devisenmarkt sah jedenfalls - im Gegensatz zum verstimmten Aktienmarkt - wenig Grund, Geld vom Dollartisch zu nehmen.
Spielverderber Dell
Die Wall Street fand heute allerdings noch einen zweiten Vorwand für ihre schlechte Laune, nämlich die Enttäuschung über die gestern nachbörslich gemeldeten Quartalsergebnisse von Dell. Die Nr. 2 auf dem PC-Markt meldete zwar mehr Umsatz als erwartet, verdiente dabei aber weniger. Schlimmer noch: Der Computerbauer begründete seine Gewinnschwäche mit einer flauen Technologienachfrage der Unternehmen aus Europa und Asien. Das weckte wiederum die Konjunkturängste und schickte den gesamten Technologiebereich auf Talfahrt. In Vergessenheit geriet dabei, dass der Weltmarktführer Hewlett-Packard kürzlich keine Spur von Nachfrageschwäche zeigte.
Die Konsequenz: Der Dow Jones Industrial Average verlor 1,46 Prozent auf 11.543 Punkte, der - für den breiten US-Aktienmarkt repräsentative - S&P 500 sank 1,37 Prozent auf 1.282 Punkte und der technologielastige Nasdaq Composite Index rutschte 1,83 Prozent auf 2.367 Punkte.
Vergleich zur Vorwoche
Dow minus 0,99 Prozent
S&P 500 minus 1,18 Prozent
Nasdaq minus 3,47 Prozent
Dow Jones Average: Wenig Angst vor Gustav
Das heutige Schlussbild im Blue Chip Index Dow gleicht einem Konzil von Kardinälen, alle schlossen in Rot. Relativer Gewinner war American International Group mit minus 0,09% auf 21,49 Dollar, der geringste Tagesverlust. Die größte Versicherungsgruppe der Welt war bereits gestern der Tagesgewinner (plus 7,6%). Das ist erstaunlich. Immerhin droht der Hurricane Gustav, der möglicherweise bis zum Wochenanfang die US-Küsten durcheinander wirbelt. Anscheinend stabilisierten Schnäppchenkäufe - immerhin war der Assekuranz-Titel zum Wochenanfang auf ein 13-Jahres-Tief gesunken. Außerdem half die abklingende Panik im Kreditsektor. Das stützte auch die Citigroup (gestern Platz 3), die heute den 2. Platz belegte und 0,47% auf 18,99 Dollar bröckelte. Bei beiden wurden wohl noch Leerverkäufe eingedeckt.
Der Flop des Dow war wieder einmal General Motors, heute mit einem Kursverlust von 3,29% auf 10,00 Dollar. Als hätte der angeschlagene Dinosaurier des Industriezeitalters nicht genug Probleme. Jetzt müssen die Detroiter auch noch knapp 860.000 Fahrzeuge zurück rufen. Dort gibt es angeblich Kurzschlüsse in den Scheibenwasch-Systemen.
Zu den Flops zählten auch die Technologieriesen, die in den Abwärtssog von Dell gerieten. Immerhin hatte der PC-Bauer über eine angeblich schwache Technologienachfrage der Unternehmen geklagt. Intel verlor 3,05% auf 22,87 Dollar und Microsoft gab 2,33% auf 27,29 Dollar ab.
S&P 500: Man gönnt sich ja sonst nichts.
Der S&P hatte es besser und konnte - dank seiner breiten Aufstellung - mit einer ganzen Reihe von Lichtblicken aufweisen. Zu den Glanzstücken zählte Pet Smart, die 10,57% auf 27,00 Dollar kletterte. Die Ladenkette für Haustierfutter hatte gestern nach Börsenschluss solide Quartalszahlen (Gewinn höher als erwartet) präsentiert und ihren Gewinnausblick für das Gesamtjahr bestätigt. Die Credit Suisse hält zwar an ihrem Urteil „Neutral“ fest, schraubte aber ihr Kursziel von 20 Dollar auf 26 Dollar. Den Schweizern gefällt, dass die Tierverköstiger bei der Neueröffnung von Läden kürzer treten wollen. Dadurch würden Kosten eingespart, das wiederum steigere kurzfristig die Gewinne, hieß es. Der Broker Wedbush verbesserte sein Kursziel von 27 Dollar auf 29 Dollar. Die Südstaatler schlagen sich trotz dem herausfordernden gesamtwirtschaftlichen Umfeld gut, hieß es dort. Der Broker Thomas Weisel Partners LLC korrigierte ebenfalls von 27 Dollar auf 29 Dollar. Die Deutsche Bank lobte außerdem, dass „Herrchen“ und „Frauchen“ ihre Käufe zunehmend auf hochpreisiges Tierfutter umschichten. In diesem Bereich sei der Wettbewerb geringer. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Zahlreiche Bank-Titel setzen - wegen der abflauenden Kredithysterie und der anhaltenden Eindeckung von Leerverkäufen - die Rallye der Vortage fort, darunter die Regionalbank Keycorp mit plus 2,56% auf 12,01 Dollar. BB & T gewann 2,67% auf 30,00 Dollar. Der Broker Ladenburg Thalmann glaubt, dass die regionale Bankholding bald mit einem vergleichbaren Kreditinstitut fusioniert.
Auch die Eigenheimbauer blieben - wegen der Bodenbildung auf dem Hausmarkt - gefragt: Pulte Homes gewann 2,83% auf 14,51 Dollar. Auch die Investmentbanken schlossen unisono im Plus.
Die Hypothekenriesen standen dagegen wieder unter Druck: Fannie Mae minus 13,96% auf 6,84 Dollar. und Freddie Mac minus 14,58% auf 4,51 Dollar. Die Financial Times hatte berichtet, dass die Bank of China ihren Bestand an Wertpapieren der beiden Immobilienfinanzier seit Juni um 25% gekürzt hat. Das wurde als Zeichen der Investoren-Unzufriedenheit aufgefasst.
Nasdaq: Abgestrafte Texaner
Die technologielastige Nasdaq stand natürlich im Schatten von Dell. Weil die Texaner über eine Abschwächung der Unternehmensnachfrage aus Europa und Asien klagten, nahmen viele Spieler im gesamten Technologiebereich Geld vom Tisch. Das traf vor allem die Schwergewichte: Der Auswahlindex Nasdaq 100 verlor 2,22% auf 1.872 Punkte.
Dell wurde schwer abgestraft: Minus 13,80% auf 21,73 Dollar. Die Texaner meldeten zwar mehr Gewinn als erwartet, aber deutlich weniger Gewinn. Das bedeutet schwache Gewinnmargen. Der Grund: Aggressive Preissenkungen für die Dell-Rechner. Nichts hasst die Wall Street weniger.
Die Reaktion mancher Analysten fiel aber vergleichsweise milde aus: Die Bullen: Die Credit Suisse hält an dem Urteil „Outperform“ fest und an dem Kursziel 30 Dollar. „Wir glauben, dass der Turnaround des Konzerns programmgemäß verläuft“, hieß es dort. Die Citigroup glaubt, der Rückgang der Gewinnmargen würde im laufenden Quartal wieder korrigiert. Die Bank rät sowohl kurzfristig als auch langfristig orientierten Investoren die aktuelle Kursschwäche für Zukäufe zu nutzen, kürzte aber ihr Kursziel von 30 Dollar auf 28 Dollar. Merrill Lynch bleibt bei dem Rat „Kaufen“ und dem Kursziel 27 Dollar. „Dell bleibt auf Kurs und ist in der Lage, das Wachstum wieder zu entzünden“, kommentierte die Bank. Morgan Stanley bekräftigte die Empfehlung „Übergewichten“ und Kursziel 28 Dollar.
Der Broker Friedman Billings Ramsey („Outperform“) änderte von 30 Dollar auf 27 Dollar. Der Broker glaubt, das die aggressive Preisgestaltung der Südstaatler die Vorteile niedrigerer Einkaufskosten für die Komponenten vorerst aufhebt. Allerdings kämen jetzt neue Notebooks auf den Markt, die signifikant niedrigere Produktionskosten verursachen. Daher sollten sich die Margen wieder verbessern. Der Broker BMO Capital Markets (ebenfalls „Outperform“) verringerte von 26,50 Dollar auf 25 Dollar. Der Broker Needham, der an „Kaufen“ festhält, senkte von 28 Dollar auf 26 Dollar.
Die Bären: Goldman Sachs äußerte sich allerdings skeptisch. „Die Überbetonung der verkauften Stückzahlen auf Kosten der Gewinnmargen, erschwert das Turnaround“, hieß es dort. Die Bank bleibt bei „Neutral“ und verringerte das Kursziel von 26 Dollar auf 25 Dollar. Die UBS bleibt ebenfalls bei „Neutral“ und korrigierte das Kursziel von 27 Dollar auf 26 Dollar. „Wir glauben nicht, dass sich die Margen in nächster Zeit verbessern“, hieß es dort. Die Deutsche Bank kappte ihr Kursziel von 32 Dollar auf 28 Dollar. Der Broker Baird rät derzeit vom Kauf der Aktie ab.
Marvell Technologies zählte ebenfalls zu den Spielverderbern und verlor 4,40% auf 14,11 Dollar. Der Halbleiterkonzern meldete gestern nach Börsenschluss mehr Gewinn und Umsatz als erwartet, der Ausblick enttäuschte ab. Begründet wurde die Zurückhaltung mit dem flauen gesamtwirtschaftlichen Umfeld. Der Broker Friedman Billings glaubt aber, dass die Vorsicht übertrieben ist und verwies auf die hohen Auftragsbestände. Daher sollte das Management beim nächsten Quartalsbericht, der im November fällig ist, den Ausblick deutlich schlagen. Die Citigroup bestätigte ihre Kaufempfehlung und Kursziel 22 Dollar. Die Deutsche Bank blieb ebenfalls bei „Kaufen“, senkte aber das Kursziel von 22 Dollar auf 20 Dollar. Der Broker Kaufman Brothers, der nur „Halten“ empfiehlt, kürzte von 17 Dollar auf 6 Dollar. Der Broker Jefferies rät derzeit aber vom Kauf der Aktie ab.
Vor allem der Chipbereich wurde dadurch hart getroffen. Der Philadelphia Semiconductor Sector Index, der 19 Halbleiter-Titel erfasst, sank 2,76% auf 352,82 Punkte.
Apple sank 2,42% auf 169,53 Dollar. Die einstige Kultaktie leidet seit einer Weile an Berichten über technische Probleme bei dem neuen iPhone. Das Gerücht, dass China Mobile das iPhone mit Subventionen, also unter dem Marktpreis anbieten will, half heute wenig. Der Smartphone-Rivale Research in Motion, Hersteller des BlackBerry, rutschte 3,99% auf 121,60 Dollar. Ein Onlinedienst behauptete, der Netzpartner AT&T bringe das neue Smartphone BlackBold erst am 2. Oktober auf den Markt. Bislang wurde mit einem Verkaufsstart Mitte August gerechnet.
Zu den wenigen Lichtblicken der Nasdaq zählte Novell, die 6,99% auf 6,43 Dollar gewann. Der Softwarekonzern meldete gestern mehr Gewinn und Umsatz als erwartet
Omnivision Technologies kletterte 7,75% auf 11,68 Dollar. Der Spezialist für Halbleiter-Sensoren,die in Handys, Kameras und anderen Konsum-Elektronika („Gadgets“) verwendet werden, verpasste zwar im Rahmen seiner gestrigen Quartalszahlen die Wall Street-Schätzungen, die Börse ließ aber Gnade vor Recht ergehen. Anscheinend hatten viele Investoren noch Schlimmeres erwartet. Außerdem bewegt sich die Aktie nahe einem Mehrjahres-Tief.
Internet: Entzugserscheinungen
Die an der Nasdaq notierten Flaggschiffe des Internets konnten sich dem Abwärtssog nicht entziehen, im Gegenteil. Gewohnheitsmäßig stoßen die Spieler an solchen Tagen die als riskant geltenden Online-Titel am schnellsten ab.
Google verlor 2,21% auf 463,29 Dollar. Die aktuelle Dollarstärke fördert zwar die US-Wirtschaft, weil sie die Rohstoffspekulation dämpft und damit die Kaufkraft der Verbraucher stärkt und die Kosten der Unternehmen senkt. Gleichzeitig dämpft aber der steigende Dollar die Einnahmen aus Euro & Co., wenn sie in die US-Währung umgerechnet werden. Das trifft Unternehmen wie Google, die einen großen Teil ihrer Einnahmen aus dem Ausland beziehen. Während sie in den vergangenen Jahren von der Dollarschwäche profitierten, bekommen sie jetzt Entzugserscheinungen. Daher kürzte heute der Broker William Blair & Co. seine Gewinnschätzungen für den Suchmaschinenkönig, allerdings nur leicht. Für das laufende 3. Quartal senkte der Broker seine Gewinnschätzung um 6 Cents auf 4,87 Dollar je Aktie (Konsens nach Reuters: 4,85 Dollar), für das 4. Quartal um 5 Cents auf 5,31 Dollar (Konsens nach Reuters: 5,34 Dollar). Für 2009 wurde die Gewinnschätzung auf 23,32 Dollar korrigiert (vorher: 23,61 Dollar). Die fundamentale Entwicklung bleibe aber stark, hieß es. Google bleibe daher einer der Top-Picks von William Blair & Co. Yahoo zeigte sich solidarisch und gab 1,37% auf 19,38 Dollar ab. Baidu.com, Chinas Marktführer bei den Suchmaschinen, bröckelte 0,89% auf 313,72 Dollar.
Der E-Commerce, der ebenfalls - wegen dem hohen Anteil der Auslandseinnahmen - von der Dollarstärke betroffen ist, wurde anscheinend auch von den schwache Verbrauchereinkommen und -ausgaben belastetet. Amazon.com rutschte 3,13% auf 80,81 Dollar. Der Onlinehändler gab zudem der Spekulation, eine neue Version seines E-Book-Readers Kindle käme bereits dieses Jahr auf den Markt, eine Absage.
Der Rivale Ebay sank 1,85% auf 24,93 Dollar.
Öl: Gustav macht wenig Eindruck
Obwohl der Tropensturm Gustav inzwischen wieder Hurricanestärke erreicht hat und möglicherweise die Ölförderung vorübergehend behindert, schloss das Öl heute im Minus - wenn auch nur leicht. Vermutlich dämpfen die bereits gestern gemeldeten Erdgas-Vorräte (plus 102 Einheiten, statt wie erwartet 84 Einheiten, außerdem seit der Vorwoche über dem 5-Jahresdurchschnitt), die zeigen, dass die USA derzeit über reichlich Energie verfügen. Der Crude-Kontrakt für Oktober bröckelte 13 Cents auf 115,46 Dollar, berichtet MarketWatch.
Gold: Billardkugel ohne Billardspieler
Das Gold verhielt sich heute wie eine Billardkugel ohne Billardspieler. Es fehlten die Impulse. Weder beim Dollar noch beim Öl tat sich viel, zumindest per Saldo. Also tat sich auch beim Gold wenig. Der Gold-Kontrakt für Dezember stieg heute 10 Cents auf 837,30 Dollar.
Ausblick:
Montag:
Feiertag (Labor Day)
Dienstag:
16:00 Uhr Bauausgaben vom Juli plus ISM Index-Industrieentwicklung vom August
Mittwoch:
16:00 Uhr Auftragseingänge der Industrie, 16:35 Uhr Ölvorräte der Vorwoche, 20:00 Beige Book der Fed (wirtschaftliche Lage der Nation)
Quartalszahlen: Staples (Büroartikel)
Donnerstag:
14:30 Uhr Arbeitslosenmeldungen der Vorwoche plus Produktivität 2. Quartal (Revision)m 16:00 Uhr ISM Index-Industrieentwicklung vom August
Quartalszahlen: Ciena (Netzwerkausrüster, Hayes Lemmerz (Autozulieferer), Toll Brothers (Eigenheimbauer)
Freitag:
14: 30 Uhr Jobdaten (neue Arbeitsplätze, Arbeitslosenquote, Stundenlöhne) vom August
Quartalszahlen: National Semiconductor (Halbleiter)
(© BörseGo AG 2007 - http://www.boerse-go.de, Autor: Maier Gerhard, Redakteur)