Die anhaltende Finanzkrise in den USA wird die deutsche Wirtschaft nach Ansicht der Bundesregierung Wachstum kosten. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) rechnen damit, dass die bisherige Prognose von 1,2 Prozent Wirtschaftswachstum in 2009 nicht zu halten sein wird. Eine Wachstumsdelle für die deutsche Wirtschaft erwartet auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, befürchtet als Folge der US-Finanzkrise Stellenstreichungen und Lohnsenkungen in Deutschland.
"Die Gefahr ist riesengroß, dass die Finanzmarktkrise in den USA die deutsche Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in ihren Strudel zieht", sagte Sommer der "Bild am Sonntag". "Was das für die Beschäftigten bedeuten würde, haben sie schon in vielen Krisen bitter erfahren müssen." Jene Manager, die sich am Kasino-Kapitalismus lustvoll beteiligt und die Milliardenverluste produziert hätten, würden als erste versuchen, den Schaden auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abzuwälzen, sagte Sommer. "Und das heißt: Personalentlassungen und Lohndrückerei - zuerst bei Banken und Versicherungen und dann im Zuge des Wirtschaftsabschwungs auch in anderen Branchen."
Sommer kündigte Widerstand an. Die Gewerkschaften hielten in den aktuellen Tarifrunden an ihren Lohnforderungen fest. "Wer schlecht agierenden Managern Millionen hinterher schmeißt, darf den ehrlich arbeitenden Menschen ihren gerechten Anteil nicht vorenthalten", sagte der DGB- Vorsitzende. Bundeswirtschaftsminister Glos sagte der "Bild"-Zeitung: "Wir werden unsere Prognose für das nächste Jahr wohl deutlich nach unten korrigieren müssen." Steinbrück sagte dem Magazin "Spiegel", der US-Patient liege momentan "mit einer Lungenentzündung auf der Intensivstation". Das bedeute, "dass auch wir hier in Europa zumindest eine schwere Erkältung bekommen können". 2009 dürfte "deutlich schlechter werden als die bisher geschätzten 1,2 Prozent Wachstum".
Der hessische Ministerpräsident Koch erwartet, dass sein Land von der US-Finanzkrise durch Steuerausfälle am Bankenplatz Frankfurt besonders in Mitleidenschaft gezogen werde. "Natürlich wird die US-Bankenkrise uns besonders beschäftigen in den nächsten Wochen, weil wir diejenigen sein werden, bei denen das zuerst ankommt", sagte Koch der Deutschen Presse-Agentur dpa. Nahezu alle deutschen Banken hätten in den USA Geld verloren. Über die Finanzwirtschaft hinaus befürchte er "Auswirkungen auf die Realwirtschaft" wie den Maschinenbau und andere Branchen. Mit Prognosen sei er vorsichtig, doch sicher sei: "Unser wirtschaftliches Wachstum wird negativ beeinflusst werden durch die Krisen der letzten Wochen."
Die Frage der Globalisierung und ihrer Risiken, die sich in der Finanzkrise zeigten, werde auch im kommenden Bundestagswahlkampf eine Rolle spielen, sagte Koch als stellvertretender CDU-Vorsitzender. Dabei sei die Union stets der Meinung gewesen: "Wir dürfen die globalisierte Welt in der sozialen Marktwirtschaft nicht völlig regellos daherkommen lassen." Andererseits sollte die CDU die Bürger von den Chancen überzeugen, die sich aus der weltweiten wirtschaftlichen Verflechtung ergeben. "Die CDU taugt nicht als eine Partei des Angstmachens und des staatlichen Absicherns, sondern die CDU ist eine Partei, die Menschen Chancen verschafft", sagte Koch./li/DP/zb
AXC0015 2008-09-27/14:56