Die Europäer wollen ihr Bankensystem in der Finanzkrise vor dem Zusammenbruch schützen. Der Stabilitätspakt soll "flexibel" angewendet werden, um einen Absturz in die Rezession zu verhindern. Gemeinsam mit den anderen Wirtschaftsmächten soll zudem das Weltfinanzsystem so schnell wie möglich auf eine solide Grundlage gestellt werden. Darauf einigten sich die Spitzenpolitiker Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Großbritanniens am Samstag mit den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission.
Die umstrittene Idee eines Fonds von 300 Milliarden Euro zur Stützung der Banken wurde auf dem Gipfel im Pariser Élyséepalast nicht verfolgt. Gastgeber Nicolas Sarkozy bestritt, diese Idee unterstützt zu haben. Wie von Deutschland gewünscht, soll jedes Land seine Banken "mit seinen eigenen Mitteln" schützen. Doch man werde sich abstimmen, sagte Sarkozy nach dem Treffen. Die Finanzkrise platzte in die Gipfelberatungen hinein: Gerade als die Politiker ihre Erklärungen abgaben, musste der deutsche Hypothekenfinanzierer Hypo Real Estate das Scheitern des mit der Bundesregierung geschnürten milliardenschweren Rettungspakets bekanntgeben.
Die Zukunft des DAX-Unternehmens hängt damit am seidenen Faden. Der Mini-Gipfel in Paris war keine EU-Veranstaltung, sondern diente offiziell der Vorbereitung eines Treffens der acht wichtigsten Industriestaaten (G8), der auch die USA, Japan, Kanada und Russland angehören. In den kommenden Wochen oder Monaten solle es einen "Gipfel der am meisten betroffenen Staaten zur Neugründung des Weltfinanzsystems" geben, sagte Sarkozy. "Wir sind alle darin einig", Deutsche wie Franzosen, EU-Kommission wie EZB. Er wolle eine Neugründung des Systems wie einst auf der Konferenz von Bretton Woods, bei der 1944 ein Währungssystem mit festen Wechselkursen und Goldbindung beschlossen worden war.
Die EU soll bereits bei ihrem Gipfeltreffen am 15. und 16. Oktober ihre Antwort auf die Finanzkrise geben. Die Beschlüsse sollen von den EU-Finanzministern an diesem Dienstag vorbereitet werden. Sarkozy betonte die Handlungsfähigkeit der EU. "Europa existiert und hat einen Willen", sagte er. "Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede. Das ist kein Drama." Differenzen wurden bei der Diskussion über den EU-Stabilitätspakt sichtbar, der grundsätzlich eine Beschränkung des Staatsdefizits auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes vorschreibt. In Krisenzeiten erlaubt der Pakt eine Überschreitung des Zieles.
Sarkozy betonte, die Schuldenregeln seien "flexibel". Der Präsident der Eurozone, Junker, versicherte, man werde den Pakt wortgenau anwenden. Die vier europäischen G8-Staaten forderten, dass bei der Rettung von Banken die Interessen der Steuerzahler geschützt und die Aktionäre zur Sanierung mit herangezogen würden. Außerdem müssten die "legitimen Interessen der Konkurrenten geschützt" werden. Die Entlohnung der Manager solle so geregelt werden, dass ihre "Verantwortung und Integrität" gefördert werde. Alle Finanzmarkt-Akteure müssten Regeln unterworfen und überwacht werden, auch die Hedgefonds und Ratingagenturen, sagte Sarkozy.
Die Regeln der Rechnungslegung für die Banken müssten geändert werden, um künftig Spekulationsblasen zu vermeiden. Die EU-Kommission will schnell Regeln zur Sicherung der Depots vorlegen. Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich unglücklich über den Alleingang der Iren bei der Garantie der Banken, der die europäischen Wettbewerbsregeln zu verletzten scheint. "Meine Zufriedenheit hält sich in Grenzen", sagte sie. Die Europäische Zentralbank und die EU-Kommission würden mit den Iren reden und das Problem lösen. EZB-Chef Jean-Claude Trichet erklärte, die 320 Millionen Menschen in der Euro- Zone könnten bei der Stabilisierung des Systems auf die Notenbank zählen./hn/DP/zb
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