New York (BoerseGo.de) - Blickt man Richtung USA, dann sieht man dort zwei Welten. In der einen Welt herrscht Euphorie, vor allem in den Medien, weil bald ein neuer Präsident antritt und den von vielen ungeliebten George Bush ablöst. In der anderen Welt dagegen herrscht Trübsal und Panik. Diese Welt heißt: Wall Street. Heute setzte sich das „Nach-der-Wahl-Aktien-Massaker“ (so der Infodienst Bespoke) wieder fort. Vergangene Woche verloren die US-Aktien nach der Präsidenten-Wahl sieben Prozent, rechnete Reuters vor. Und diese Woche verlor die US-Börse - gemessen am repräsentativen S&P 500 - nochmals 6 Prozent.
Natürlich belastete die Flut der Negativmeldungen und die Vermutung, dass die USA inzwischen in eine Rezession gerutscht ist. Da aber an der Wall Street alles mit allem zusammenhängt und die Kurse stets eine Vielzahl von Einflüssen widerspiegeln, ist es recht unwahrscheinlich, dass die Präsidentenwahl keine Rolle spielt. Natürlich kann ein Präsident, der erst im Januar sein Amt antritt, nichts für das Schlammassel, das wir derzeit beobachten. Die Börse richtet aber stets ihren Blick nach vorne und der Kursrutsch der vergangenen Tage signalisiert daher die Angst vor Zukunft. Und die wird auch von dem neuen Präsidenten mit geprägt, etwa von seiner Steuerpolitik und beim Außenhandel.
Die Gegenwart (genauer die jüngste Vergangenheit, weil die veröffentlichten Zahlen stets aus der Vergangenheit kommen) sieht allerdings düster aus. Die - heute gemeldeten - Einzelhandelsumsätze schrumpften im Oktober gegenüber Vorjahr 2,8 Prozent (September: minus 1,3 Prozent, Konsenserwartung: minus 2.1 Prozent). Ohne die volatilen (und ohnehin siechen Autoverkäufe) ging es um 2.2 Prozent abwärts ( September: minus 0,5 Prozent, Konsenserwartung: minus 1.2 Prozent).
Von der Ölkrise zur Finanzkrise
Der Oktober der 11. Monat in Folge mit einem (inflationsbereinigten) Rückgang gegenüber Vorjahr, berichtete der Infodienst Bespoke. Was fällt daran auf? Richtig, der Rückgang begann schon lange vor der Kreditkrise. Eine wichtige Rolle spielen natürlich die platzende Immobilienblase (fallende Eigenheimpreise) und der schrumpfende Jobmarkt (steigende Arbeitslosigkeit). Eine Studie von CIBC World Markets aus Kanada zeigt allerdings, dass die Amerikaner in diesem Jahr 900 Milliarden Dollar für das Öl ausgeben, für den Kauf neuer Häuser nur 134 Milliarden Dollar (in 2003 hieß die Relation noch 197 Milliarden Dollar für Öl und für neue 268 Milliarden Dollar). Die Ölpreisexplosion in der ersten Jahreshälfte schöpfte also soviel Kaufkraft ab, das für den Konsum wenig übrig blieb. Das brachte nicht nur viele (hochverschuldete) Eigenheimbesitzer ins Wackeln, sondern auch die Banken, die sie beliehen hatten. Da die Kredite über die Derivatemärkte weiterverkauft wurden, entstand daraus der Schneeballeffekt Finanzkrise.
Entspannung in Sicht
Dass sich die Sitation allerdings in diesem Bereich aufhellt, das zeigen die - ebenfalls heute gemeldeten - Einfuhrpreise. Wegen der fallenden Ölpreise (der Löwenanteil des Energieträgers muss auch in den USA eingeführt werden ) verbilligten sich die Importe im Oktober um 4,7 Prozent gegenüber dem Vormonat (September: Rückgang 3,3 Prozent, Konsenserwartung: minus 4,4 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr blieb noch ein Anstieg von 6,7 Prozent (September: plus 13,6 Prozent, Konsenserwartung: plus 8,2 Prozent).
Entspannung ist auch wegen der zahlreichen Zinssenkungen und gigantischen Rettungspakte in Sicht. Der Wall Street will es aber momentan nicht glauben und verhält sich als käme sie vom Regen in die Traufe.
Fazit: Der Dow Jones Industrial Average verlor heute 3,8 Prozent auf 8.497 Punkte, der - für den breiten US-Aktienmarkt repräsentative - S&P 500 rutschte 4,2 Prozent auf 873 Punkte und der technologielastige Nasdaq Composite Index trudelte 5 Prozent auf 1.516 Punkte.
Vergleich zur Vorwoche:
Dow: minus 5,0 Prozent
S&P 500: minus 6,1 Prozent
Nasdaq: minus 7,1 Prozent
Dow Jones Average: Späte Strafe
Das Massaker führte heute dazu, dass nur 2 der 30 Blue Chips im Plus schlossen.
Tops:
General Motors gewann 2% auf 3,01 Dollar. Dort geht zwar das Geld - wegen der Existenzkrise der US-Autoindustrie - rasch aus. Die „Demokratische Partei“ versucht aber im Kongress ein Rettungspaket zu Gunsten der angeschlagenen Branche durchzuboxen.
Die Citigroup, die heute deutlich zwischen plus und minus pendelte, schloss mit einem Tagesgewinn von 0,7% auf 9,52 Dollar. Dort half anscheinend die Nachricht, dass gestern gleich vier Top-Insider Aktien kauften, einschliesslich CEO Vikram Pandit, der gleich 1,3 Millionen Stück der Großbankaktien erstand. Der Fianzkonzern streicht außerdem mindestens 10.000 Jobs, um Geld zu sparen.
McDonald`s kam mit einem Verlust von 0,2% auf 56,13 Dollar noch glimpflich davon. Die „etwas andere“ Restaurantkette hatte bereits im Laufe der Woche kräftig wachsende Umsätze gemeldet.
Flops:
Jetzt hat es Intel doch noch erwischt. Der Chipriese hatte zwar bereits gestern mit seiner Umsatzwarnung die Stimmung vermiest, gewann aber trotzdem in der Schluss-Euphorie 6,7%. Heute wurde der Technologiegigant aber endlich abgestraft und war mit minus 7,69% auf 13,32 Dollar der heutige Flop des Dow.
Die Baumarktkette Home Depot zählte gestern noch zu den Tops (plus 12%). Heute schickten die trüben Einzelhandelszahlen den Heimwerkerausstatter nach Süden. Fazit: minus 7,60% auf 20,54 Dollar.
S&P 500: Ein weißer Rabe
Auch im breit gefassten S&P bleiben die Lichtblicke an dem heutigen düsteren Tag Mangelware.
Tops:
Zu den Ausnahmen gehörten Hewitt Associates mit einem Tagesgewinn von 1,6% auf 24,80 Dollar. Die Outsourcing-Firma zählt zu den heutzutage höchst seltenen Unternehmen, die nicht nur solide Quartalszahlen präsentieren, sondern auch noch einen Ausblick aus dem Arm schütteln, der über den Erwartungen der Wall Street liegt. Ein weißer Rabe sozusagen.
Hartford Fincial sprang sogar 21% auf 12,65 Dollar. Der Versicherer will eine kleine Sparkasse kaufen und damit Zugang zu Mitteln aus dem 700-Milliarden-Dollar-Rettungspaket erhalten
Dean Foods gewann 3,9% auf 14,55 Dollar. Der Lebensmittelkonzern, der vor allem Milchprodukte herstellt, kann sich an der Wall Street momentan deutlich von dem schwachen Umfeld abheben. Der Broker Stifel Nicolaus beförderte den Konsum-Titel von „Halten“ auf „Kaufen“ mit einem Kursziel von 18 Dollar. Die Aktie sei nach dem vorangegangenen Kursverfalls billig, hieß es. Außerdem sollten sich die Wachstumsaussichten in 2009 verbessern.
Sprint Nextel stiegen immerhin 2,7% auf 2,30 Dollar. Der Telefondienstleister war bereits gestern um 15% gesprintet. Das verdankte die Aktie wohl dem Broker Oppenheimer & Co. Das Wertpapierhaus erklärte bereits gestern, Spekulationen, dass die drittgrößte US-Telefongesellschaft bald bankrott geht, übertrieben sind. An den 6 vorangegangenen Börsentagen war das Papier allerdings 53 Prozent gefallen.
CBS Corp. verbesserte sich 2,9% auf 6,62 Dollar. Der Medienkonzern kündigte eine Quartalsdividende von 25 Cents je Aktie an.
Flops:
Die Einzelhändler litten nicht nur unter den düsteren Einzelhandelszahlen vom Oktober, einige gab heute auch noch schwache Ausblicke ab, darunter Nordstrom (minus 9,4% auf 11,74 Dollar) Abercrombie & Fitch (minus 20,7% auf 17,79 Dollar) und Kohls (minus 4,8% auf 29,09 Dollar).
Urban Outfitters verbilligte sich 3,7% auf 16,04 Dollar. Die Bekleidungskette meldete bereits gestern einen Anstieg ihres Quartalsgewinn um 31%. Heute gab es dazu allerdings eine durchwachsene Reaktion der Analysten. Der Broker Stifel Nicolaus wertete die Konsumaktie von „Halten“ auf „Kaufen“ mit einem Kursziel von 20 Dollar. Das Risiko/Chance-Verhältnis des Einzelhandels-Titels sei attraktiv. Es habe den Anschein, dass der Dienstleister einer der wenigen Gewinner in diesem schwierigen Einzelhandelsumfeld sei, hieß es. Das hielt aber vielen andere Broker nicht davon ab, ihre Kursziele zu kappen. Needham (Strong Buy) von 45 Dollar auf 32 Dollar, Wedbush Morgan (Kaufen) von 32 Dollar auf 24 Dollar, Roth Capital (Kaufen) von 30 Dollar auf 22 Dollar. Den Vogel schoss Pali Research ab. Dort heißt es „Verkaufen“, das Kursziel wurde von 21 Dollar auf 14 Dollar eingedampft.
Liz Claiborne brach 25% auf 3,69 Dollar ein. Die Fashionfirma meldete bereits gestern schwache Zahlen, stieg aber trotzdem im allgemeinen Aufwind. Heute wurde die Strafe nachgeholt.
Estee Lauder sank 6% auf 29,93 Dollar. Der Kosmetikkonzern litt nicht nur an dem unschönen Börsenklima, sondern auch an einem Negativ-Urteil eines Analysten. Goldman Sachs degradierte den Konsum-Titel von „Neutral“ auf „Verkaufen“, das Kursziel wurde auf 31 Dollar eingedampft (vorher: 40 Dollar). Der Beauty-Konzern sei sehr stark von den Verbraucherausgaben abhängig, klagte die Bank. Daher bestünde ein vergrößertes Potential für Schwäche, formulierte das Wertpapierhaus.
Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass nicht mindestens eine der beiden (verbliebenen) Ex-Investmentbanken herabgestuft wird, so auch heute. Der Broker William Blair & Co. senkte heute seine Gewinnschätzungen für die inzwischen zu kompletten Banken umgerüsteten Wall Street Firmen. Bei Morgan Stanley geht er für das laufende Quartal von einem geschmälerten Gewinn aus, bei Goldman Sachs von einem Verlust.
Goldman Sachs fiel 4,7% auf 66,73 Dollar, Morgan Stanley sank 8,9% auf 12,03 Dollar.
Nasdaq: Schrecken aus Finnland
Die technologielastige Nasdaq litt heute nicht nur unter den Spätfolgen der Intelwarnung von Mittwochnacht, sondern auch noch unter der heutigen Umsatzwarnung von Nokia. Die Finnen warnten vor schwachen Handy-Verkäufen und schreckten damit nicht nur die Aktionäre der Rivalen und Zulieferer (etwa Chips), sondern auch der gesamten Konsumelektronik.
Der iPhone-Hersteller Apple wurde daher mit minus 6,4% auf 90,24 Dollar genauso in Sippenhaft genommen wie der Smartphone-Rivale Research in Motion, Hersteller des BlackBerry, der 8,9% auf 40,00 Dollar fiel.
Betroffen war natürlich auch der Chip-Sektor. Der Intel-Rivale Advanced Micro Devices (AMD) brach 10% auf 2,43 Dollar ein. Dazu trug auch die Credit Suisse bei. Die Schweizer kürzten ihr Kursziel für das Chip-Papier von 6 Dollar auf 4 Dollar. Dort kam anscheinend ein Analystentag schlecht an, berichtet Briefing.com.
Nvidia taumelte 9,7% auf 7,17 Dollar. Ein Infodienst berichtete im Internet, der Technologiekonzern plane deftige Preissenkungen bei Grafik-Chips um Marktanteilsverluste - zu Gunsten des Rivalen AMD - zu stoppen.
Der Philadelphia Semiconductor Sector Index, der 19 Halbleiter-Titel erfasst, verlor 6,40% auf 201,39 Punkte.
Electronic Arts trudelte 8% auf 20,44 Dollar. Im allgemein verkaufsschwachen Oktober glänzten die Videospiele. Die Organisation NPD Group meldete für den Berichtsmonat einen Verkaufsanstieg um 35%. Spielt aber keine Rolle, Merrill Lynch stufte heute den Videospiele-Hersteller dennoch von „Kaufen“ auf „Neutral“ herunter. Das Kursziel wurde von 37 Dollar auf 26 Dollar komprimiert. Die Firma habe im Oktober Marktanteile verloren, hieß es. Außerdem tendiere das Einkaufsverhalten der Verbraucher im November negativer, meint Merrill Lynch.
Intuit verbilligte sich 6% auf 21,58 Dollar. Der Spezialist für Steuer- und sonstige Finanz-Software wurde beim Broker Wedbush Morgan von „Kaufen“ auf „Halten“ degradiert. Das Kursziel ging auf 22 Dollar zurück (vorher: 29 Dollar). Begründung: Die gesamtwirtschaftliche Abschwächung bedeute auch weniger Zahlungen und dämpfe damit die Nachfrage nach entsprechender Software.
Zu den wenigen Lichtblicken zählte Dell mit einem Tagesgewinn von 6% auf 10,89 Dollar. Gestern war die Aktie gefallen, gegen den starken Anstieg der Wall Street, heute stieg das Papier, obwohl der breite Markt kräftig rutschte. Für die heutige Stärke gab es keine aktuellen Nachrichten, die gestrige Kursschwäche wurde aber durch eine Reihe von Herunterstufungen verursacht, als Reaktion auf die Warnung von Intel. Goldman Sachs etwa hatte den PC-Konzern auf seine „Überzeugungs-Verkaufsliste“ gesetzt und das Kursziel auf 9 Dollar eingedampft (vorher: 14 Dollar). Citigroup schraubte das Kursziel von 21 Dollar auf 14 Dollar herunter und die Credit Suisse korrigierte von 18 Dollar auf 15 Dollar. Anscheinend hielten heute die Investoren die gestrige Negativ-Reaktion für übertrieben.
Sun Microsystems avancierte 0,98% auf 4,12 Dollar. (Das 52-Wochenhoch lag bei 22 Dollar) Der Servergigant will 5.000 bis 6.000 Jobs streichen, um Geld zu sparen. So etwas kommt an der Wall Street gut an.
Internet: Im Abwärtssog der Rezessionsängste
Die an der Nasdaq notierten Flaggschiffe des Internets gerieten ebenfalls in den Abwärtssog der Rezessionsängste.
Google bröckelte 0,7% auf 310,02 Dollar. Yahoo verlor 3% auf 10,82 Dollar. Baidu.com, Chinas Marktführer bei den Suchmaschinen, sank 5,8% auf 178,.89 Dollar.
Der E-Commerce wurde natürlich für die Einzelhandelszahlen vom Oktober abgestraft. Amazon.com rutschte 7,1% auf 41,75 Dollar. Der Rivale Ebay implodierte 10,2% auf 12,36 Dollar.
Öl: Angst vor einer verschärften Rezession
Das Öl litt - ebenfalls wie der Aktienmarkt - unter der Angst vor einer verschärften Rezession. Der Crude-Kontrakt für Dezember verlor heute an der New York Mercantile Exchange 1,20 Dollar, auf 57,04 Dollar. Nachbörslich pendelte der Energieträger bei 57,76 Dollar.
Gold: Völlig losgelöst vom Aktienmarkt
Gestern folgte das Gold dem Aktienmarkt, heute war es anscheinend davon völlig losgelöst. Trotz Schwäche der Wall Street stieg der Gold-Kontrakt für Dezember heute an der New York Mercantile Exchange um 37,50 Dollar auf 742,50 Dollar. Nachbörslich stieg das Metall auf 747,50 Dollar.
Ausblick:
Montag:
14:30 Uhr New York Empire States Index vom November (Industrieentwicklung im Ballungsgebiet), 15:15 Industrieproduktion sowie Kapazitätsauslastung vom Oktober
Quartalszahlen: Lowe`s (Eigenheimausstatter), Target (Wal-Mart Rivale)
Dienstag:
14:30 Erzeugerpreise vom Oktober
Quartalszahlen: Home Depot (Baumarktkette, Dow-Titel), Medtronic (Medizintechnik), Saks (Fashionkette)
Mittwoch:
14:30 Verbraucherpreise vom Oktober plus Baugenehmigungen und -beginne vom Oktober, 16:35 Uhr Ölvorräte der Vorwoche , 20:00 Protokoll der jüngsten Fedsitzung
Donnerstag:
14:30 Uhr Arbeitslosenmeldungen der Vorwoche, 16:00 Frühindikatoren vom Oktober sowie Index der Philadelphia Fed vom November (Industrieentwicklung im Ballungsgebiet).
Quartalszahlen: Barnes & Nobel (Buchhändler), Dell, Foot Locker (Sportschuh-Händler), Gamestop (Videospiele-Händler), Gap (Fashionkette), Salesforce (Software), Zuniez (Sportbekleider)
Freitag:
Quartalszahlen: H.J. Heinz (Ketchup und dergleichen)
Natürlich belastete die Flut der Negativmeldungen und die Vermutung, dass die USA inzwischen in eine Rezession gerutscht ist. Da aber an der Wall Street alles mit allem zusammenhängt und die Kurse stets eine Vielzahl von Einflüssen widerspiegeln, ist es recht unwahrscheinlich, dass die Präsidentenwahl keine Rolle spielt. Natürlich kann ein Präsident, der erst im Januar sein Amt antritt, nichts für das Schlammassel, das wir derzeit beobachten. Die Börse richtet aber stets ihren Blick nach vorne und der Kursrutsch der vergangenen Tage signalisiert daher die Angst vor Zukunft. Und die wird auch von dem neuen Präsidenten mit geprägt, etwa von seiner Steuerpolitik und beim Außenhandel.
Die Gegenwart (genauer die jüngste Vergangenheit, weil die veröffentlichten Zahlen stets aus der Vergangenheit kommen) sieht allerdings düster aus. Die - heute gemeldeten - Einzelhandelsumsätze schrumpften im Oktober gegenüber Vorjahr 2,8 Prozent (September: minus 1,3 Prozent, Konsenserwartung: minus 2.1 Prozent). Ohne die volatilen (und ohnehin siechen Autoverkäufe) ging es um 2.2 Prozent abwärts ( September: minus 0,5 Prozent, Konsenserwartung: minus 1.2 Prozent).
Von der Ölkrise zur Finanzkrise
Der Oktober der 11. Monat in Folge mit einem (inflationsbereinigten) Rückgang gegenüber Vorjahr, berichtete der Infodienst Bespoke. Was fällt daran auf? Richtig, der Rückgang begann schon lange vor der Kreditkrise. Eine wichtige Rolle spielen natürlich die platzende Immobilienblase (fallende Eigenheimpreise) und der schrumpfende Jobmarkt (steigende Arbeitslosigkeit). Eine Studie von CIBC World Markets aus Kanada zeigt allerdings, dass die Amerikaner in diesem Jahr 900 Milliarden Dollar für das Öl ausgeben, für den Kauf neuer Häuser nur 134 Milliarden Dollar (in 2003 hieß die Relation noch 197 Milliarden Dollar für Öl und für neue 268 Milliarden Dollar). Die Ölpreisexplosion in der ersten Jahreshälfte schöpfte also soviel Kaufkraft ab, das für den Konsum wenig übrig blieb. Das brachte nicht nur viele (hochverschuldete) Eigenheimbesitzer ins Wackeln, sondern auch die Banken, die sie beliehen hatten. Da die Kredite über die Derivatemärkte weiterverkauft wurden, entstand daraus der Schneeballeffekt Finanzkrise.
Entspannung in Sicht
Dass sich die Sitation allerdings in diesem Bereich aufhellt, das zeigen die - ebenfalls heute gemeldeten - Einfuhrpreise. Wegen der fallenden Ölpreise (der Löwenanteil des Energieträgers muss auch in den USA eingeführt werden ) verbilligten sich die Importe im Oktober um 4,7 Prozent gegenüber dem Vormonat (September: Rückgang 3,3 Prozent, Konsenserwartung: minus 4,4 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr blieb noch ein Anstieg von 6,7 Prozent (September: plus 13,6 Prozent, Konsenserwartung: plus 8,2 Prozent).
Entspannung ist auch wegen der zahlreichen Zinssenkungen und gigantischen Rettungspakte in Sicht. Der Wall Street will es aber momentan nicht glauben und verhält sich als käme sie vom Regen in die Traufe.
Fazit: Der Dow Jones Industrial Average verlor heute 3,8 Prozent auf 8.497 Punkte, der - für den breiten US-Aktienmarkt repräsentative - S&P 500 rutschte 4,2 Prozent auf 873 Punkte und der technologielastige Nasdaq Composite Index trudelte 5 Prozent auf 1.516 Punkte.
Vergleich zur Vorwoche:
Dow: minus 5,0 Prozent
S&P 500: minus 6,1 Prozent
Nasdaq: minus 7,1 Prozent
Dow Jones Average: Späte Strafe
Das Massaker führte heute dazu, dass nur 2 der 30 Blue Chips im Plus schlossen.
Tops:
General Motors gewann 2% auf 3,01 Dollar. Dort geht zwar das Geld - wegen der Existenzkrise der US-Autoindustrie - rasch aus. Die „Demokratische Partei“ versucht aber im Kongress ein Rettungspaket zu Gunsten der angeschlagenen Branche durchzuboxen.
Die Citigroup, die heute deutlich zwischen plus und minus pendelte, schloss mit einem Tagesgewinn von 0,7% auf 9,52 Dollar. Dort half anscheinend die Nachricht, dass gestern gleich vier Top-Insider Aktien kauften, einschliesslich CEO Vikram Pandit, der gleich 1,3 Millionen Stück der Großbankaktien erstand. Der Fianzkonzern streicht außerdem mindestens 10.000 Jobs, um Geld zu sparen.
McDonald`s kam mit einem Verlust von 0,2% auf 56,13 Dollar noch glimpflich davon. Die „etwas andere“ Restaurantkette hatte bereits im Laufe der Woche kräftig wachsende Umsätze gemeldet.
Flops:
Jetzt hat es Intel doch noch erwischt. Der Chipriese hatte zwar bereits gestern mit seiner Umsatzwarnung die Stimmung vermiest, gewann aber trotzdem in der Schluss-Euphorie 6,7%. Heute wurde der Technologiegigant aber endlich abgestraft und war mit minus 7,69% auf 13,32 Dollar der heutige Flop des Dow.
Die Baumarktkette Home Depot zählte gestern noch zu den Tops (plus 12%). Heute schickten die trüben Einzelhandelszahlen den Heimwerkerausstatter nach Süden. Fazit: minus 7,60% auf 20,54 Dollar.
S&P 500: Ein weißer Rabe
Auch im breit gefassten S&P bleiben die Lichtblicke an dem heutigen düsteren Tag Mangelware.
Tops:
Zu den Ausnahmen gehörten Hewitt Associates mit einem Tagesgewinn von 1,6% auf 24,80 Dollar. Die Outsourcing-Firma zählt zu den heutzutage höchst seltenen Unternehmen, die nicht nur solide Quartalszahlen präsentieren, sondern auch noch einen Ausblick aus dem Arm schütteln, der über den Erwartungen der Wall Street liegt. Ein weißer Rabe sozusagen.
Hartford Fincial sprang sogar 21% auf 12,65 Dollar. Der Versicherer will eine kleine Sparkasse kaufen und damit Zugang zu Mitteln aus dem 700-Milliarden-Dollar-Rettungspaket erhalten
Dean Foods gewann 3,9% auf 14,55 Dollar. Der Lebensmittelkonzern, der vor allem Milchprodukte herstellt, kann sich an der Wall Street momentan deutlich von dem schwachen Umfeld abheben. Der Broker Stifel Nicolaus beförderte den Konsum-Titel von „Halten“ auf „Kaufen“ mit einem Kursziel von 18 Dollar. Die Aktie sei nach dem vorangegangenen Kursverfalls billig, hieß es. Außerdem sollten sich die Wachstumsaussichten in 2009 verbessern.
Sprint Nextel stiegen immerhin 2,7% auf 2,30 Dollar. Der Telefondienstleister war bereits gestern um 15% gesprintet. Das verdankte die Aktie wohl dem Broker Oppenheimer & Co. Das Wertpapierhaus erklärte bereits gestern, Spekulationen, dass die drittgrößte US-Telefongesellschaft bald bankrott geht, übertrieben sind. An den 6 vorangegangenen Börsentagen war das Papier allerdings 53 Prozent gefallen.
CBS Corp. verbesserte sich 2,9% auf 6,62 Dollar. Der Medienkonzern kündigte eine Quartalsdividende von 25 Cents je Aktie an.
Flops:
Die Einzelhändler litten nicht nur unter den düsteren Einzelhandelszahlen vom Oktober, einige gab heute auch noch schwache Ausblicke ab, darunter Nordstrom (minus 9,4% auf 11,74 Dollar) Abercrombie & Fitch (minus 20,7% auf 17,79 Dollar) und Kohls (minus 4,8% auf 29,09 Dollar).
Urban Outfitters verbilligte sich 3,7% auf 16,04 Dollar. Die Bekleidungskette meldete bereits gestern einen Anstieg ihres Quartalsgewinn um 31%. Heute gab es dazu allerdings eine durchwachsene Reaktion der Analysten. Der Broker Stifel Nicolaus wertete die Konsumaktie von „Halten“ auf „Kaufen“ mit einem Kursziel von 20 Dollar. Das Risiko/Chance-Verhältnis des Einzelhandels-Titels sei attraktiv. Es habe den Anschein, dass der Dienstleister einer der wenigen Gewinner in diesem schwierigen Einzelhandelsumfeld sei, hieß es. Das hielt aber vielen andere Broker nicht davon ab, ihre Kursziele zu kappen. Needham (Strong Buy) von 45 Dollar auf 32 Dollar, Wedbush Morgan (Kaufen) von 32 Dollar auf 24 Dollar, Roth Capital (Kaufen) von 30 Dollar auf 22 Dollar. Den Vogel schoss Pali Research ab. Dort heißt es „Verkaufen“, das Kursziel wurde von 21 Dollar auf 14 Dollar eingedampft.
Liz Claiborne brach 25% auf 3,69 Dollar ein. Die Fashionfirma meldete bereits gestern schwache Zahlen, stieg aber trotzdem im allgemeinen Aufwind. Heute wurde die Strafe nachgeholt.
Estee Lauder sank 6% auf 29,93 Dollar. Der Kosmetikkonzern litt nicht nur an dem unschönen Börsenklima, sondern auch an einem Negativ-Urteil eines Analysten. Goldman Sachs degradierte den Konsum-Titel von „Neutral“ auf „Verkaufen“, das Kursziel wurde auf 31 Dollar eingedampft (vorher: 40 Dollar). Der Beauty-Konzern sei sehr stark von den Verbraucherausgaben abhängig, klagte die Bank. Daher bestünde ein vergrößertes Potential für Schwäche, formulierte das Wertpapierhaus.
Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass nicht mindestens eine der beiden (verbliebenen) Ex-Investmentbanken herabgestuft wird, so auch heute. Der Broker William Blair & Co. senkte heute seine Gewinnschätzungen für die inzwischen zu kompletten Banken umgerüsteten Wall Street Firmen. Bei Morgan Stanley geht er für das laufende Quartal von einem geschmälerten Gewinn aus, bei Goldman Sachs von einem Verlust.
Goldman Sachs fiel 4,7% auf 66,73 Dollar, Morgan Stanley sank 8,9% auf 12,03 Dollar.
Nasdaq: Schrecken aus Finnland
Die technologielastige Nasdaq litt heute nicht nur unter den Spätfolgen der Intelwarnung von Mittwochnacht, sondern auch noch unter der heutigen Umsatzwarnung von Nokia. Die Finnen warnten vor schwachen Handy-Verkäufen und schreckten damit nicht nur die Aktionäre der Rivalen und Zulieferer (etwa Chips), sondern auch der gesamten Konsumelektronik.
Der iPhone-Hersteller Apple wurde daher mit minus 6,4% auf 90,24 Dollar genauso in Sippenhaft genommen wie der Smartphone-Rivale Research in Motion, Hersteller des BlackBerry, der 8,9% auf 40,00 Dollar fiel.
Betroffen war natürlich auch der Chip-Sektor. Der Intel-Rivale Advanced Micro Devices (AMD) brach 10% auf 2,43 Dollar ein. Dazu trug auch die Credit Suisse bei. Die Schweizer kürzten ihr Kursziel für das Chip-Papier von 6 Dollar auf 4 Dollar. Dort kam anscheinend ein Analystentag schlecht an, berichtet Briefing.com.
Nvidia taumelte 9,7% auf 7,17 Dollar. Ein Infodienst berichtete im Internet, der Technologiekonzern plane deftige Preissenkungen bei Grafik-Chips um Marktanteilsverluste - zu Gunsten des Rivalen AMD - zu stoppen.
Der Philadelphia Semiconductor Sector Index, der 19 Halbleiter-Titel erfasst, verlor 6,40% auf 201,39 Punkte.
Electronic Arts trudelte 8% auf 20,44 Dollar. Im allgemein verkaufsschwachen Oktober glänzten die Videospiele. Die Organisation NPD Group meldete für den Berichtsmonat einen Verkaufsanstieg um 35%. Spielt aber keine Rolle, Merrill Lynch stufte heute den Videospiele-Hersteller dennoch von „Kaufen“ auf „Neutral“ herunter. Das Kursziel wurde von 37 Dollar auf 26 Dollar komprimiert. Die Firma habe im Oktober Marktanteile verloren, hieß es. Außerdem tendiere das Einkaufsverhalten der Verbraucher im November negativer, meint Merrill Lynch.
Intuit verbilligte sich 6% auf 21,58 Dollar. Der Spezialist für Steuer- und sonstige Finanz-Software wurde beim Broker Wedbush Morgan von „Kaufen“ auf „Halten“ degradiert. Das Kursziel ging auf 22 Dollar zurück (vorher: 29 Dollar). Begründung: Die gesamtwirtschaftliche Abschwächung bedeute auch weniger Zahlungen und dämpfe damit die Nachfrage nach entsprechender Software.
Zu den wenigen Lichtblicken zählte Dell mit einem Tagesgewinn von 6% auf 10,89 Dollar. Gestern war die Aktie gefallen, gegen den starken Anstieg der Wall Street, heute stieg das Papier, obwohl der breite Markt kräftig rutschte. Für die heutige Stärke gab es keine aktuellen Nachrichten, die gestrige Kursschwäche wurde aber durch eine Reihe von Herunterstufungen verursacht, als Reaktion auf die Warnung von Intel. Goldman Sachs etwa hatte den PC-Konzern auf seine „Überzeugungs-Verkaufsliste“ gesetzt und das Kursziel auf 9 Dollar eingedampft (vorher: 14 Dollar). Citigroup schraubte das Kursziel von 21 Dollar auf 14 Dollar herunter und die Credit Suisse korrigierte von 18 Dollar auf 15 Dollar. Anscheinend hielten heute die Investoren die gestrige Negativ-Reaktion für übertrieben.
Sun Microsystems avancierte 0,98% auf 4,12 Dollar. (Das 52-Wochenhoch lag bei 22 Dollar) Der Servergigant will 5.000 bis 6.000 Jobs streichen, um Geld zu sparen. So etwas kommt an der Wall Street gut an.
Internet: Im Abwärtssog der Rezessionsängste
Die an der Nasdaq notierten Flaggschiffe des Internets gerieten ebenfalls in den Abwärtssog der Rezessionsängste.
Google bröckelte 0,7% auf 310,02 Dollar. Yahoo verlor 3% auf 10,82 Dollar. Baidu.com, Chinas Marktführer bei den Suchmaschinen, sank 5,8% auf 178,.89 Dollar.
Der E-Commerce wurde natürlich für die Einzelhandelszahlen vom Oktober abgestraft. Amazon.com rutschte 7,1% auf 41,75 Dollar. Der Rivale Ebay implodierte 10,2% auf 12,36 Dollar.
Öl: Angst vor einer verschärften Rezession
Das Öl litt - ebenfalls wie der Aktienmarkt - unter der Angst vor einer verschärften Rezession. Der Crude-Kontrakt für Dezember verlor heute an der New York Mercantile Exchange 1,20 Dollar, auf 57,04 Dollar. Nachbörslich pendelte der Energieträger bei 57,76 Dollar.
Gold: Völlig losgelöst vom Aktienmarkt
Gestern folgte das Gold dem Aktienmarkt, heute war es anscheinend davon völlig losgelöst. Trotz Schwäche der Wall Street stieg der Gold-Kontrakt für Dezember heute an der New York Mercantile Exchange um 37,50 Dollar auf 742,50 Dollar. Nachbörslich stieg das Metall auf 747,50 Dollar.
Ausblick:
Montag:
14:30 Uhr New York Empire States Index vom November (Industrieentwicklung im Ballungsgebiet), 15:15 Industrieproduktion sowie Kapazitätsauslastung vom Oktober
Quartalszahlen: Lowe`s (Eigenheimausstatter), Target (Wal-Mart Rivale)
Dienstag:
14:30 Erzeugerpreise vom Oktober
Quartalszahlen: Home Depot (Baumarktkette, Dow-Titel), Medtronic (Medizintechnik), Saks (Fashionkette)
Mittwoch:
14:30 Verbraucherpreise vom Oktober plus Baugenehmigungen und -beginne vom Oktober, 16:35 Uhr Ölvorräte der Vorwoche , 20:00 Protokoll der jüngsten Fedsitzung
Donnerstag:
14:30 Uhr Arbeitslosenmeldungen der Vorwoche, 16:00 Frühindikatoren vom Oktober sowie Index der Philadelphia Fed vom November (Industrieentwicklung im Ballungsgebiet).
Quartalszahlen: Barnes & Nobel (Buchhändler), Dell, Foot Locker (Sportschuh-Händler), Gamestop (Videospiele-Händler), Gap (Fashionkette), Salesforce (Software), Zuniez (Sportbekleider)
Freitag:
Quartalszahlen: H.J. Heinz (Ketchup und dergleichen)
(© BörseGo AG 2007 - http://www.boerse-go.de, Autor: Maier Gerhard, Redakteur)