New York (BoerseGo.de) - Der Verlauf der heutigen Wall Street-Sitzung war wohl einer der kuriosesten der jüngsten Zeit. Er zerfiel in drei sehr unterschiedliche Phasen, vergleichbar mit den Akten in den alt-griechischen Dramen. Die Akte hatten die Themen: Hoffnung, Furcht, Hoffnung. Da das Stück genau in dieser Reihenfolge ablief, nahm die Woche doch noch ein versöhnliches Ende und lässt mit Hoffnung in die kommende Woche blicken. Aber alles der Reihe nach:
1. Akt: Hoffnung
Die Wall Street startete hoffnungsvoll. Das lag an den heutigen Jobdaten. Der Arbeitsmarktbericht vom Februar fiel zwar grottenschlecht aus, bewegte sich aber im Rahmen der Erwartungen, viele hatten wohl mit noch Schlimmeren gerechnet.
Die Zahl der verloren gegangenen Jobs traf mit 651.000 Arbeitsplatzverlusten fast punktgenau die offiziellen Erwartungen (650.000). Der Januar wurde auf 655.000 Jobverluste hochrevidiert, die Dezemberverluste wurden ebenfalls nach oben korrigiert, nämlich auf 681.000 Arbeitsplatzverluste.
Das brachte allerdings den verblüffenden Effekt, dass die Zahl der verlorenen Jobs Monat für Monat zurückging. Dadurch wurden die Befürchtungen gedämpft, die Rezession verschlimmere sich, kommentierte Bloomberg. Die Arbeitslosenrate stieg allerdings auf 8,1 Prozent (Januar: 7,6 Prozent).
„Möglicherweise bleiben wir bei den jetzt erreichten Zahlen, das heißt wir haben vielleicht ein Plateau erreicht“, kommentierte Jason Cooper, ein Fondsmanager aus Indiana.
2. Akt: Furcht
Kurz nach Start geriet aber der Markt wieder auf die gewohnte Rutschbahn. Vor allem die Schwergewichte der Technologie - Google, Amazon.com oder Qualcomm - rutschten steil in die Tiefe und zogen zuerst die Nasdaq und dann den breiten markt unter die Wasserlinie. Laut Bloomberg und Reuters war JP Morgan verantwortlich. Die Bank senkte die Gewinnschätzungen und Kursziel für Apple und garnierte das mit pessimistischen Kommentaren zur Konjunktur im allgemeinen und dem Apple-Geschäft im besonderen.
Was wurde anscheinend wieder von den Leerverkäufern zum Vorwand genommen, massiv die Techologie-Titel zu attackieren, die sich dieses Jahr wesentlich besser geschlagen haben als der Gesamtmarkt.
3. Akt: Hoffnung
In der Schluss schlug die Wall Street wieder mal einen ihrer berüchtigten Haken, so dass das Gros der Aktien sich wieder in den grünen Bereich retten konnte. Eine Rückkehr zur Vernunft?
Super-Bär: Das Gerede von der Großen Depression ist „sehr dumm“
Bemerkenswert ist, dass die Kritik gegen Mega-Pessimismus wächst, der von den Medien und einigen Börsenbriefen geschürt wird. Die Nachrichtenagentur AP sprach heute in einem Markbericht vom „irrationalen Pessimismus“. Der Markt sei durch Furcht, statt durch Gründe getrieben, hieß es dort.
Und ausgerechnet ein Super-Bär fand diese Woche deutliche Worte gegen den Zweck-Pessimismus, berichtete Bloomberg. Die Agentur stützte sich dabei auf ein TV-Interview in Bloomberg-TV mit Steve Leuthold. Das ist der Manager, des sehr bezeichnend benannten „Grizzly Short Fund“. Leuthold gilt als Super-Bär und hat mit seinen pessimistischen Wetten gegen die Wall Street (Leerverkäufen) im vergangenen Jahr 74 Prozent verdient.
Laut Bloomberg wechselte Leuthold jetzt in das Lager der Bullen über. Laut Leuthold sei jetzt die Zeit gekommen, Aktien zu kaufen. Begründung: Die „Investoren“ zeigen derzeit zu viel Furcht über die Entwicklung der Wirtschaft.
„Die Leute, die die aktuelle Lage mit der Weltwirtschaftskrise (Great Depression) vergleichen, sind „realitätsfremd und sehr dumm“ („out of touch with reality, and pretty stupid“), zitiert Bloomberg wörtlich.
Die Lage sei nicht so schlecht wie in 1974 (OPEC verursachte Ölkrise). Leuthold erwartet, dass der S&P 500 in diesem Jahr auf mindestens 1.000 Punkte klettert, das ist ein Plus von mindestens 44 Prozent.
Kein Weg ist zu weit
Bis dahin ist es noch ein weiter Weg: Der Dow Jones Industrial Average gewann 0,49 Prozent auf 6.26 Punkte, der - für den breiten US-Aktienmarkt repräsentative - S&P 500 verbesserte sich 0,12 Prozent auf 683 Punkte. Der technologielastige Nasdaq Composite Index bröckelte dagegen 0,44 Prozent auf 1.293 Punkte.
Vergleich zur Vorwoche
Dow Jones minus 6,2 Prozent
S&P 500 minus 7 Prozent
Nasdaq minus 6,1 Prozent
Dow Jones Average: Coke statt Yasmin-Tee?
Tops:
General Electric kletterte 6 Prozent auf 7,06 Dollar. Die angeschlagene Finanz-Tochter des Mischkonzerns will Schulden im Volumen von 1,45 Milliarden Dollar zurückkaufen. Hilfreich war anscheinend auch Barclays Capital. Die Briten hoben ihr Urteil für die Verbindlichkeiten des Mischkonzerns von „Untergewichten“ auf „Market Weight“ an. Die Liquidität des Konglomerats sei stabil, hieß es.
Coca-Cola gewann 3,3 Prozent auf 39,10 Dollar. Der Getränke-Riese will in den kommenden drei Jahren weitere 2 Milliarden Dollar in China investieren. Erst vor kurzem wurde der Ankauf eines chinesischen Fruchtsaft-Konzern gemeldet.
Die Investitionen sollen in neue Produktionsanlage, Verteilungs-Infrastruktur (Lkw-Ketten), Verkauf und Marketing fließen, hieß es. Heute wurde ein neues Research & Development Center in Shanghai im Wert von 90 Millionen Dollar eröffnet.
Chevron verteuerte sich 3,2 Prozent auf 58,27 Dollar. Der Energiekonzern profitierte davon, dass sich der Ölpreis wieder in die Höhe schraubt.
Flops:
General Motors sank weitere 22 Prozent und schloss auf 1,45 Dollar. Bereits gestern stellte der Rechnungsprüfer des Autokonzerns dessen Überlebensfähigkeit in Frage.
JP Morgan setzte ebenfalls die Rutschpartie fort und verlor heute 4 Prozent auf 15,93 Dollar. Bereits gestern kürzte die Agentur Moody´s den Rating-Ausblick für die Schulden der Bank von „Stabil“ auf „Negativ“. Der Finanzkonzern leide bis mindestens kommendes Jahr unter Kreditabschreibungen, hieß es.
IBM sank 1,9 Prozent auf 85,81 Dollar. Technologie wurde wegen der negativen JP Morgan-Kommentar zu Apple verkauft
S&P 500: Neue Annäherungsversuche
Tops:
Wells Fargo kletterte 6 Prozent auf 8,61 Dollar. Die kalifornische Geschäftsbank dampft ihre Dividende gleich um 85 Prozent ein. Überraschenderweise kommt das aber an der Wall Street gut an. Der Grund: Dadurch spart der Finanzkonzern jährlich 5 Milliarden Dollar ein und stärkt somit seine Kapitalbasis. Außerdem will das Kredithaus im laufenden Jahr weitere Kosten von 2 Milliarden Dollar einsparen.
Dow Chemical stieg 9,9 Prozent auf 7,11 Dollar, Rohm & Haas gewann 18,1 Prozent auf 62,80 Dollar. Die beiden Spezialchemiekonzerne nahmen ihre Fusionsgespräche wieder auf. Dow Chemical hatte die Absicht, den kleineren Konkurrenten zu übernehmen, wieder zurückgezogen, als ein Joint-Venture zwischen Dow und Kuwait zusammenbrach, was Dow 9 Milliarden Dollar kostete.
Der Kaufhausbetreiber Macy's verteuerte sich 5,5 Prozent auf Dollar. Neben den heutigen Jobdaten, die eine Stabilisierung des Arbeitsmarktes signalisieren, wenn auch auf niedrigem Niveau, halfen heute gleich 2 wohlwollende Broker-Bewertungen.
Goldman Sachs hob den Einzelhändler von „Neutral“ auf „Kaufen“ und verbesserte das Kursziel von 8,00 Dollar auf 8,25 Dollar.. Der Warenhausbetreiber gewinne Marktanteile in einer sich konsolidierenden Branche. Außerdem verbesserten die Sparsamkeit bei den Investitionen und die Dividendenkürzungen des Dienstleister dessen Liquidität.
Merrill Lynch korrigierte das Urteil von „Underperform“ auf „Neutral“. Das Kursziel beträgt 8 Dollar.
Genentech hüpfte 11,3 Prozent auf 90,86 Dollar.. Der Schweizer Pharmariese hob sein Übernahmeangebot für den Biotechkonzern auf 93 Dollar je Aktie an.
Ciena setzt die gestrige Rallye fort und avancierte 3 Prozent auf 6,11 Dollar. Der Netzwerkausrüster hatte zwar gestern einen hohen Verlust gemeldet, aber gleichzeitig drastische Kostenkürzungen angekündigt. Heute hob die Credit Suisse ihr Urteil von „Underperform“ auf „Neutral“, bleibt ber bei dem Kursziel 6 Dollar. Der Internet-Infrastrukturkonzern profitiere von der wachsenden Datenflut im Netz (Videos). Dadurch wachse der Bedarf nach der von Ciena entwickelten optischen Infrastruktur der nächsten Generation, hieß es.
Nasdaq: Der Apfel wurde vom Stamm geschüttelt
Die technologielastige Computerbörse litt heute unter einer Kurszielsenkung und Gewinnschätzungskorrektur für Apple, die den ganzen Sektor zeitweise schwer unter Druck setzte. Der Auswahlindex Nasdaq 100 gab 0,9 Prozent ab.
Apple rutschte 3,98 Prozent auf 85,30 Dollar. JP Morgan senkte die Gewinnschätzungen und korrigierte das Kursziel für die Kalifornier von 102 Dollar auf 100 Dollar korrigiert, bleibt aber bei der Einschätzung „Outperform“.
Der Smartphone-Rivale Research in Motion, Hersteller des Smartphones BlackBerry, zeigte sich solidarisch und verlor 4,3 Prozent auf 36,34 Dollar.
Palm trudelte 7,1 Prozent auf 6,15 Dollar. Der Smartphone-Pionier hatte diese Woche eine deftige Umsatzwarnung abgegeben, wegen der Umstellung auf das neue Gerät Palm Pe und das neue Betriebssystem.
Marvell Technology kletterte 7,2 Prozent auf 8,06 Dollar. Der Chiphersteller schlug gestern nach Börsenschluss die Gewinn- und Umsatzerwartungen. Heute gab es dafür den Applaus der Wall Street:
American Technology Research hob das Papier von „Halten“ auf „Kaufen“. Needham bekräftigte „Kaufen“ und hob das Kursziel von 8.25 Dollar auf 10.50 Dollar. FBR Capital Markets Outperform hob das Kursziel von 10.50 Dollar auf 11 Dollar,
Oppenheimer Outperform hob das Kursziel von 10 Dollar auf 12 Dollar. Kaufman Bros Halten hob das Kursziel von 6 Dollar auf 8 Dollar. Credit Suisse Neutral hob das Kursziel von 7 Dollar auf 9 Dollar und Jefferies & Co Halten hob das Kursziel von 7 Dollar auf 8 Dollar.
Dennoch schadete der Apple-Pessimimus den Komponenten-herstellern, also auch den Chip-Machern.
Der Philadelphia Semiconductor Sector Index, der 19 Halbleiter-Titel erfasst, verlor 1,1 Prozent auf 195 Punkte.
Internet: Provozierende Stärke
Die an der Nasdaq notierten Flaggschiffe des Internets gerieten zeitweise in den massiven Abwärtssog von Apple, konnten aber in der Schlussphase die Verluste wieder deutlich eingrenzen. Ein deutliches Zeichen, dass der Kursrutsch nicht fundamental begründet war, sonderlich durch eine massive Attacke der Leerverkäufer verursacht wurde.
In den Chatrooms des Internets hatte es sich schon lange abgezeichnet. Dort wurde darüber diskutiert, wann man dann endlich Amazon.com „shorten“, als „leerverkaufen“ könne, immerhin wurde die relative Stärke des E-Commerce-Pioniers als Provokation empfunden. Heute gab es den Anlass: Die Kurszielsenkung für Apple setzte auch die restlichen Schwergewichte der New Economy - zumindest vorübergehend - unter Druck, die Konsequenz: Amazon.com rutschte zeitweise 7 Prozent und verlor zum Schluss 4,8 Prozent auf 61,69 Dollar. Im Vergleich zum Jahresanfang blieb aber noch ein Gewinn von 20 Prozent, der S&P 500 verlor 24 Prozent.
Der Rivale Ebay bröckelte 0,3 Prozent auf 10,43 Dollar.
Google - zeitweise ebenfalls apple-bedingt schwer unter Druck - gewann zum Schluss sogar 0,96 Prozent auf 308,57 Dollar. Möglicherweise half eine Spekulation, die vom britischen Blatt „The Telegraph“ angeregt wurde. Die Briten verwiesen darauf, dass der Suchmaschinen-King auf einer Kasse von 16 Milliarden Dollar sitzt. Bis Ende des Jahres könnte die Kassenreserve auf 21 Milliarden Dollar gestiegen sein. Da Google nichts damit anfängt, könnten die Kalifornier einen Teil davon als Dividende ausschütten, regte „The Telegraph“ an.
Yahoo kletterte 4,2 Prozent auf 13,05 Dollar. Der Portalbetreiber traf vor Gericht einen Vergleich mit Investoren, die im vergangenen Jahr klagten, weil das Management ein Übernahmeangebot von Microsoft zurückwies. Dieser Vergleich erleichtere jetzt eine Übernahme von Yahoo, hieß es, nährte also wieder die Spekulation, dass Microsoft den Dienstleister doch noch kauft.
Baidu, Chinas Marktführer bei den Suchmaschinen, wurde ebenfalls massiv attackiert, konnte aber den Tagesverlust auf minus 2,8 Prozent eingrenzen und schloss auf 157 Dollar. In den vergangen Tagen hatte die neue China-Fantasie eine Rallye ausgelöst. Die Citigroup schwenkte gestern von „Verkaufen“ auf „Kaufen“ um.
Öl: Teurer
Banken-Panik hin, Rezessionsangst her, das Öl wurde schon wieder teurer. Der April-Kontrakt für Crude stieg heute an der New York Mercantile Exchange um 2,12 Dollar und schloss auf 45,73 Dollar.
Gold: Steigender Angstindikator
Der Angst-Indikator Goldpreis profitierte heute wieder vom Mega-Pessimismus. Der Gold-Kontrakt für April stieg heute an der New York Mercantile Exchange um 15,20 Dollar und schloss auf 943,00 Dollar. Nachbörslich pendelte das Edelmetall bei 939,75 Dollar.
Ausblick:
US-SOMMERZEIT beginnt am Sonntag - Zeitdifferenz dann noch 5 Stunden
Montag:
Quartalszahlen
Dienstag:
13:30 Uhr Bernanke-Rede
Mittwoch:
15:35 Uhr Ölvorräte der Vorwoche
Donnerstag:
13:30 Uhr Arbeitslosenmeldungen der Vorwoche plus Einzelhandelsumsätze vom Februar
Freitag:
13:30 Uhr Handelsbilanz vom Januar und Export/Importpreise vom Februar
1. Akt: Hoffnung
Die Wall Street startete hoffnungsvoll. Das lag an den heutigen Jobdaten. Der Arbeitsmarktbericht vom Februar fiel zwar grottenschlecht aus, bewegte sich aber im Rahmen der Erwartungen, viele hatten wohl mit noch Schlimmeren gerechnet.
Die Zahl der verloren gegangenen Jobs traf mit 651.000 Arbeitsplatzverlusten fast punktgenau die offiziellen Erwartungen (650.000). Der Januar wurde auf 655.000 Jobverluste hochrevidiert, die Dezemberverluste wurden ebenfalls nach oben korrigiert, nämlich auf 681.000 Arbeitsplatzverluste.
Das brachte allerdings den verblüffenden Effekt, dass die Zahl der verlorenen Jobs Monat für Monat zurückging. Dadurch wurden die Befürchtungen gedämpft, die Rezession verschlimmere sich, kommentierte Bloomberg. Die Arbeitslosenrate stieg allerdings auf 8,1 Prozent (Januar: 7,6 Prozent).
„Möglicherweise bleiben wir bei den jetzt erreichten Zahlen, das heißt wir haben vielleicht ein Plateau erreicht“, kommentierte Jason Cooper, ein Fondsmanager aus Indiana.
2. Akt: Furcht
Kurz nach Start geriet aber der Markt wieder auf die gewohnte Rutschbahn. Vor allem die Schwergewichte der Technologie - Google, Amazon.com oder Qualcomm - rutschten steil in die Tiefe und zogen zuerst die Nasdaq und dann den breiten markt unter die Wasserlinie. Laut Bloomberg und Reuters war JP Morgan verantwortlich. Die Bank senkte die Gewinnschätzungen und Kursziel für Apple und garnierte das mit pessimistischen Kommentaren zur Konjunktur im allgemeinen und dem Apple-Geschäft im besonderen.
Was wurde anscheinend wieder von den Leerverkäufern zum Vorwand genommen, massiv die Techologie-Titel zu attackieren, die sich dieses Jahr wesentlich besser geschlagen haben als der Gesamtmarkt.
3. Akt: Hoffnung
In der Schluss schlug die Wall Street wieder mal einen ihrer berüchtigten Haken, so dass das Gros der Aktien sich wieder in den grünen Bereich retten konnte. Eine Rückkehr zur Vernunft?
Super-Bär: Das Gerede von der Großen Depression ist „sehr dumm“
Bemerkenswert ist, dass die Kritik gegen Mega-Pessimismus wächst, der von den Medien und einigen Börsenbriefen geschürt wird. Die Nachrichtenagentur AP sprach heute in einem Markbericht vom „irrationalen Pessimismus“. Der Markt sei durch Furcht, statt durch Gründe getrieben, hieß es dort.
Und ausgerechnet ein Super-Bär fand diese Woche deutliche Worte gegen den Zweck-Pessimismus, berichtete Bloomberg. Die Agentur stützte sich dabei auf ein TV-Interview in Bloomberg-TV mit Steve Leuthold. Das ist der Manager, des sehr bezeichnend benannten „Grizzly Short Fund“. Leuthold gilt als Super-Bär und hat mit seinen pessimistischen Wetten gegen die Wall Street (Leerverkäufen) im vergangenen Jahr 74 Prozent verdient.
Laut Bloomberg wechselte Leuthold jetzt in das Lager der Bullen über. Laut Leuthold sei jetzt die Zeit gekommen, Aktien zu kaufen. Begründung: Die „Investoren“ zeigen derzeit zu viel Furcht über die Entwicklung der Wirtschaft.
„Die Leute, die die aktuelle Lage mit der Weltwirtschaftskrise (Great Depression) vergleichen, sind „realitätsfremd und sehr dumm“ („out of touch with reality, and pretty stupid“), zitiert Bloomberg wörtlich.
Die Lage sei nicht so schlecht wie in 1974 (OPEC verursachte Ölkrise). Leuthold erwartet, dass der S&P 500 in diesem Jahr auf mindestens 1.000 Punkte klettert, das ist ein Plus von mindestens 44 Prozent.
Kein Weg ist zu weit
Bis dahin ist es noch ein weiter Weg: Der Dow Jones Industrial Average gewann 0,49 Prozent auf 6.26 Punkte, der - für den breiten US-Aktienmarkt repräsentative - S&P 500 verbesserte sich 0,12 Prozent auf 683 Punkte. Der technologielastige Nasdaq Composite Index bröckelte dagegen 0,44 Prozent auf 1.293 Punkte.
Vergleich zur Vorwoche
Dow Jones minus 6,2 Prozent
S&P 500 minus 7 Prozent
Nasdaq minus 6,1 Prozent
Dow Jones Average: Coke statt Yasmin-Tee?
Tops:
General Electric kletterte 6 Prozent auf 7,06 Dollar. Die angeschlagene Finanz-Tochter des Mischkonzerns will Schulden im Volumen von 1,45 Milliarden Dollar zurückkaufen. Hilfreich war anscheinend auch Barclays Capital. Die Briten hoben ihr Urteil für die Verbindlichkeiten des Mischkonzerns von „Untergewichten“ auf „Market Weight“ an. Die Liquidität des Konglomerats sei stabil, hieß es.
Coca-Cola gewann 3,3 Prozent auf 39,10 Dollar. Der Getränke-Riese will in den kommenden drei Jahren weitere 2 Milliarden Dollar in China investieren. Erst vor kurzem wurde der Ankauf eines chinesischen Fruchtsaft-Konzern gemeldet.
Die Investitionen sollen in neue Produktionsanlage, Verteilungs-Infrastruktur (Lkw-Ketten), Verkauf und Marketing fließen, hieß es. Heute wurde ein neues Research & Development Center in Shanghai im Wert von 90 Millionen Dollar eröffnet.
Chevron verteuerte sich 3,2 Prozent auf 58,27 Dollar. Der Energiekonzern profitierte davon, dass sich der Ölpreis wieder in die Höhe schraubt.
Flops:
General Motors sank weitere 22 Prozent und schloss auf 1,45 Dollar. Bereits gestern stellte der Rechnungsprüfer des Autokonzerns dessen Überlebensfähigkeit in Frage.
JP Morgan setzte ebenfalls die Rutschpartie fort und verlor heute 4 Prozent auf 15,93 Dollar. Bereits gestern kürzte die Agentur Moody´s den Rating-Ausblick für die Schulden der Bank von „Stabil“ auf „Negativ“. Der Finanzkonzern leide bis mindestens kommendes Jahr unter Kreditabschreibungen, hieß es.
IBM sank 1,9 Prozent auf 85,81 Dollar. Technologie wurde wegen der negativen JP Morgan-Kommentar zu Apple verkauft
S&P 500: Neue Annäherungsversuche
Tops:
Wells Fargo kletterte 6 Prozent auf 8,61 Dollar. Die kalifornische Geschäftsbank dampft ihre Dividende gleich um 85 Prozent ein. Überraschenderweise kommt das aber an der Wall Street gut an. Der Grund: Dadurch spart der Finanzkonzern jährlich 5 Milliarden Dollar ein und stärkt somit seine Kapitalbasis. Außerdem will das Kredithaus im laufenden Jahr weitere Kosten von 2 Milliarden Dollar einsparen.
Dow Chemical stieg 9,9 Prozent auf 7,11 Dollar, Rohm & Haas gewann 18,1 Prozent auf 62,80 Dollar. Die beiden Spezialchemiekonzerne nahmen ihre Fusionsgespräche wieder auf. Dow Chemical hatte die Absicht, den kleineren Konkurrenten zu übernehmen, wieder zurückgezogen, als ein Joint-Venture zwischen Dow und Kuwait zusammenbrach, was Dow 9 Milliarden Dollar kostete.
Der Kaufhausbetreiber Macy's verteuerte sich 5,5 Prozent auf Dollar. Neben den heutigen Jobdaten, die eine Stabilisierung des Arbeitsmarktes signalisieren, wenn auch auf niedrigem Niveau, halfen heute gleich 2 wohlwollende Broker-Bewertungen.
Goldman Sachs hob den Einzelhändler von „Neutral“ auf „Kaufen“ und verbesserte das Kursziel von 8,00 Dollar auf 8,25 Dollar.. Der Warenhausbetreiber gewinne Marktanteile in einer sich konsolidierenden Branche. Außerdem verbesserten die Sparsamkeit bei den Investitionen und die Dividendenkürzungen des Dienstleister dessen Liquidität.
Merrill Lynch korrigierte das Urteil von „Underperform“ auf „Neutral“. Das Kursziel beträgt 8 Dollar.
Genentech hüpfte 11,3 Prozent auf 90,86 Dollar.. Der Schweizer Pharmariese hob sein Übernahmeangebot für den Biotechkonzern auf 93 Dollar je Aktie an.
Ciena setzt die gestrige Rallye fort und avancierte 3 Prozent auf 6,11 Dollar. Der Netzwerkausrüster hatte zwar gestern einen hohen Verlust gemeldet, aber gleichzeitig drastische Kostenkürzungen angekündigt. Heute hob die Credit Suisse ihr Urteil von „Underperform“ auf „Neutral“, bleibt ber bei dem Kursziel 6 Dollar. Der Internet-Infrastrukturkonzern profitiere von der wachsenden Datenflut im Netz (Videos). Dadurch wachse der Bedarf nach der von Ciena entwickelten optischen Infrastruktur der nächsten Generation, hieß es.
Nasdaq: Der Apfel wurde vom Stamm geschüttelt
Die technologielastige Computerbörse litt heute unter einer Kurszielsenkung und Gewinnschätzungskorrektur für Apple, die den ganzen Sektor zeitweise schwer unter Druck setzte. Der Auswahlindex Nasdaq 100 gab 0,9 Prozent ab.
Apple rutschte 3,98 Prozent auf 85,30 Dollar. JP Morgan senkte die Gewinnschätzungen und korrigierte das Kursziel für die Kalifornier von 102 Dollar auf 100 Dollar korrigiert, bleibt aber bei der Einschätzung „Outperform“.
Der Smartphone-Rivale Research in Motion, Hersteller des Smartphones BlackBerry, zeigte sich solidarisch und verlor 4,3 Prozent auf 36,34 Dollar.
Palm trudelte 7,1 Prozent auf 6,15 Dollar. Der Smartphone-Pionier hatte diese Woche eine deftige Umsatzwarnung abgegeben, wegen der Umstellung auf das neue Gerät Palm Pe und das neue Betriebssystem.
Marvell Technology kletterte 7,2 Prozent auf 8,06 Dollar. Der Chiphersteller schlug gestern nach Börsenschluss die Gewinn- und Umsatzerwartungen. Heute gab es dafür den Applaus der Wall Street:
American Technology Research hob das Papier von „Halten“ auf „Kaufen“. Needham bekräftigte „Kaufen“ und hob das Kursziel von 8.25 Dollar auf 10.50 Dollar. FBR Capital Markets Outperform hob das Kursziel von 10.50 Dollar auf 11 Dollar,
Oppenheimer Outperform hob das Kursziel von 10 Dollar auf 12 Dollar. Kaufman Bros Halten hob das Kursziel von 6 Dollar auf 8 Dollar. Credit Suisse Neutral hob das Kursziel von 7 Dollar auf 9 Dollar und Jefferies & Co Halten hob das Kursziel von 7 Dollar auf 8 Dollar.
Dennoch schadete der Apple-Pessimimus den Komponenten-herstellern, also auch den Chip-Machern.
Der Philadelphia Semiconductor Sector Index, der 19 Halbleiter-Titel erfasst, verlor 1,1 Prozent auf 195 Punkte.
Internet: Provozierende Stärke
Die an der Nasdaq notierten Flaggschiffe des Internets gerieten zeitweise in den massiven Abwärtssog von Apple, konnten aber in der Schlussphase die Verluste wieder deutlich eingrenzen. Ein deutliches Zeichen, dass der Kursrutsch nicht fundamental begründet war, sonderlich durch eine massive Attacke der Leerverkäufer verursacht wurde.
In den Chatrooms des Internets hatte es sich schon lange abgezeichnet. Dort wurde darüber diskutiert, wann man dann endlich Amazon.com „shorten“, als „leerverkaufen“ könne, immerhin wurde die relative Stärke des E-Commerce-Pioniers als Provokation empfunden. Heute gab es den Anlass: Die Kurszielsenkung für Apple setzte auch die restlichen Schwergewichte der New Economy - zumindest vorübergehend - unter Druck, die Konsequenz: Amazon.com rutschte zeitweise 7 Prozent und verlor zum Schluss 4,8 Prozent auf 61,69 Dollar. Im Vergleich zum Jahresanfang blieb aber noch ein Gewinn von 20 Prozent, der S&P 500 verlor 24 Prozent.
Der Rivale Ebay bröckelte 0,3 Prozent auf 10,43 Dollar.
Google - zeitweise ebenfalls apple-bedingt schwer unter Druck - gewann zum Schluss sogar 0,96 Prozent auf 308,57 Dollar. Möglicherweise half eine Spekulation, die vom britischen Blatt „The Telegraph“ angeregt wurde. Die Briten verwiesen darauf, dass der Suchmaschinen-King auf einer Kasse von 16 Milliarden Dollar sitzt. Bis Ende des Jahres könnte die Kassenreserve auf 21 Milliarden Dollar gestiegen sein. Da Google nichts damit anfängt, könnten die Kalifornier einen Teil davon als Dividende ausschütten, regte „The Telegraph“ an.
Yahoo kletterte 4,2 Prozent auf 13,05 Dollar. Der Portalbetreiber traf vor Gericht einen Vergleich mit Investoren, die im vergangenen Jahr klagten, weil das Management ein Übernahmeangebot von Microsoft zurückwies. Dieser Vergleich erleichtere jetzt eine Übernahme von Yahoo, hieß es, nährte also wieder die Spekulation, dass Microsoft den Dienstleister doch noch kauft.
Baidu, Chinas Marktführer bei den Suchmaschinen, wurde ebenfalls massiv attackiert, konnte aber den Tagesverlust auf minus 2,8 Prozent eingrenzen und schloss auf 157 Dollar. In den vergangen Tagen hatte die neue China-Fantasie eine Rallye ausgelöst. Die Citigroup schwenkte gestern von „Verkaufen“ auf „Kaufen“ um.
Öl: Teurer
Banken-Panik hin, Rezessionsangst her, das Öl wurde schon wieder teurer. Der April-Kontrakt für Crude stieg heute an der New York Mercantile Exchange um 2,12 Dollar und schloss auf 45,73 Dollar.
Gold: Steigender Angstindikator
Der Angst-Indikator Goldpreis profitierte heute wieder vom Mega-Pessimismus. Der Gold-Kontrakt für April stieg heute an der New York Mercantile Exchange um 15,20 Dollar und schloss auf 943,00 Dollar. Nachbörslich pendelte das Edelmetall bei 939,75 Dollar.
Ausblick:
US-SOMMERZEIT beginnt am Sonntag - Zeitdifferenz dann noch 5 Stunden
Montag:
Quartalszahlen
Dienstag:
13:30 Uhr Bernanke-Rede
Mittwoch:
15:35 Uhr Ölvorräte der Vorwoche
Donnerstag:
13:30 Uhr Arbeitslosenmeldungen der Vorwoche plus Einzelhandelsumsätze vom Februar
Freitag:
13:30 Uhr Handelsbilanz vom Januar und Export/Importpreise vom Februar
(© BörseGo AG 2007 - http://www.boerse-go.de, Autor: Maier Gerhard, Redakteur)