DJ Kommentar der Financial Times Deutschland zum umstrittenen Kredit für Quelle - vorab 29.06.2009
Nicht zu retten Es war einen Versuch wert, dass Management und Insolvenzverwalter von Arcandor alles daran gesetzt haben, den Konzern als Ganzes in einem Planinsolvenzverfahren zu retten. Doch wenn man glauben darf, was nun aus der Bundesregierung und dem Arcandor-Konzern zu hören ist, dann muss dieser Versuch als gescheitert betrachtet werden. Auch wenn der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer immer noch so tut, als ginge es bei der heute anstehenden Entscheidung über einen 50 Mio. Euro schweren Kredit für Quelle noch darum, das Unternehmen zu retten und weiterzuführen - es ist längst klar: Quelle ist nicht mehr zu retten. Kein Investor hat bisher Interesse an dem traditionsreichen Versandhandelsunternehmen gezeigt. Und Geld hat es schon seit drei Wochen keines mehr. Es sind die Lieferanten, die Quelle derzeit noch am Leben erhalten, weil sie auf ihre Forderungen verzichten. Doch das kann nicht lange gut gehen. Wenn der Bund sowie die Länder Sachsen und Bayern den Quelle-Kredit heute gewähren, dann sollte das Geld für eine möglichst saubere Abwicklung verwendet werden, mit einem geordneten Abverkauf der restlichen Waren. Wer vorgibt, das Unternehmen aus dieser ausweglosen Lage noch retten zu können, betreibt Augenwischerei. Und in einigen Wochen müsste der Staat womöglich den nächsten Kredit nachschießen. Die angestrebte Rettung von Arcandor als Ganzem wäre durch das Aus von Quelle freilich gescheitert. Denn das Konzept des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg und des Generalbevollmächtigten Horst Piepenburg zielte darauf ab, die beiden Konzernteile Karstadt und Quelle besser zu integrieren und womöglich Synergieeffekte zu heben. Dies ist nun nicht mehr realistisch. Deshalb müssen auch die Überlegungen für Karstadt von vorn beginnen. Doch allzu tragisch wäre das nicht. Denn für die Warenhäuser stehen die Chancen zu überleben deutlich besser als für Quelle. In den ersten Monaten des Jahres hat die Sparte schwarze Zahlen geschrieben. Nach Bekanntwerden der Insolvenz stiegen die Umsätze vielerorts sogar, weil die Kunden aus Sympathie gerade jetzt bei Karstadt einkaufen. Die meisten der 90 Filialen sind auch langfristig profitabel zu betreiben und deshalb bei Investoren begehrt. Einzig die Zeit könnte nun knapper werden. Offiziell gibt es keinen Termin, bis zu dem ein Partner gefunden werden muss. Doch Ende August läuft die Zahlung des Insolvenzgelds aus. Das erhöht den Druck, zu einer schnellen Lösung zu kommen, und steigert die Chancen von Metro-Chef Eckhard Cordes, der 60 Karstadt-Häuser übernehmen will. Doch Arcandor sollte auch nach dem Scheitern von Quelle nicht vorschnell bei Cordes einschlagen, sondern den Wettbewerb um das beste Gebot für Karstadt eröffnen. Das muss nicht zwangsläufig der Zusammenschluss mit Kaufhof sein.
(END) Dow Jones Newswires
June 28, 2009 14:39 ET (18:39 GMT)