DJ Kommentar der Financial Times Deutschland zu Bundestagswahl /Schwarz-Gelb - vorab 28.9.2009
Merkel bleibt Sozialdemokratin Nach allen Befürchtungen, dass sich Deutschland wohlig in der Großen Koalition einrichtet, ist dieses Ergebnis eine Erleichterung: Die Wähler haben die Große Koalition beendet. Das starke Abschneiden der kleinen Parteien ist das unmissverständliche Signal, dass ein Bündnis der beiden Volksparteien im Bund die Ausnahme bleiben muss. Ebenso wichtig wie das Ende von Schwarz-Rot ist allerdings, dass die neue schwarz-gelbe Regierung eine stabile Mehrheit im Deutschen Bundestag hinter sich weiß. Für alle, die sich in der Krise klare Verhältnisse im Parlament erhofft hatten, ist der eindeutige Wahlsieg von Union und FDP das bestmögliche Resultat - auch deshalb, weil die Mehrheit astrein ist und sich nicht auf Überhangmandate stützen muss. Gleichwohl dürfen sich die Anhänger, aber auch die Gegner von Schwarz-Gelb nicht täuschen: Auch wenn Union und FDP jetzt im dritten Anlauf die Mehrheit erreicht haben - mit dem schwarz-gelben Reformprojekt der Wahljahre 2002 und 2005 wird die nächste Bundesregierung nicht viel zu tun haben. Dafür hat sich die CDU unter Angela Merkel zu stark sozialdemokratisiert, dafür hat sich auch das Land in den vergangenen vier Jahren viel zu sehr verändert. Sicher hat es Angela Merkel mit einer erstarkten FDP zu tun, die mit Macht darauf dringen wird, dass sich die CDU wieder an ihr Leipziger Reformprogramm erinnert. So wenig es der SPD im Wahlkampf geglückt ist, Merkel eine geheime Kahlschlagagenda anzudichten, so wenig wird sich die Kanzlerin jedoch von den Liberalen zu einem radikalen Kurswechsel drängen lassen. Ihre Aussage am Wahlabend, sie verstehe sich weiter als Kanzlerin aller Deutschen, weist darauf hin, dass es mit einer Regierung unter ihrer Führung keinen großen Bruch geben wird. Konflikte zwischen den Wunschpartnern zeichnen sich auch in anderen Punkten ab. So ist unklar, wie eine schwarz-gelbe Regierung die versprochenen Steuersenkungen angesichts der dramatisch hohen Staatsverschuldung finanzieren will. Selbst zwischen den Unionsparteien gibt es nach wie vor Differenzen, zu welchem Zeitpunkt die Entlastungen kommen sollen. Das dramatisch schlechte Abschneiden der CSU wird zudem dazu führen, dass die Christsozialen im Bund noch stärker für bayerische Egoismen eintreten werden als in den vergangenen Monaten. Vor allem zwischen CSU und FDP ist Ärger zu erwarten. Die Frage, wer wie viele Minister bekommt, wird dabei nur der Anfang sein. Angesichts der Nachwehen der Wirtschaftskrise kann sich die neue Bundesregierung nicht erlauben, sich lange mit sich selbst zu beschäftigen. Union und FDP müssen jetzt schnell zeigen, dass sie tatsächlich die bessere Alternative zur Großen Koalition sind.
(END) Dow Jones Newswires
September 27, 2009 16:08 ET (20:08 GMT)