FRANKFURT (Dow Jones) - Nach dem ordentlichen Schluck aus der Pulle zu Wochenbeginn sind Europas Börsen am Dienstag etwas zurückgefallen. Händler verwiesen auf die überkaufte Marktlage, die zu Gewinnmitnahmen geführt habe. Die Abgaben seien aber in geordneten Bahnen verlaufen, so dass nur von einer normalen Konsolidierung gesprochen werden könne, hieß es im Handel. Der Euro-Stoxx-50 sank um 0,8% oder 22 Punkte auf 2.746. Der Stoxx-50 verminderte sich um 0,5% bzw 14 Zähler auf 2.482.
Wichtigstes Thema am Nachmittag waren die Pläne der britischen Regierung zur Bekämpfung des strukturellen Haushaltsdefizits, das bis zum Haushaltsjahr 2014/2015 beseitigt werden soll. Schatzkanzler George Osborne sagte, diese Ziele sollten "formal" bis 2015/2016 erreicht werden. Er selbst habe sich aber zum Ziel gesetzt, die Marke bereits ein Jahr früher zu erreichen, um den Haushaltsplänen zusätzliche Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Marktteilnehmer zeigten sich zwar skeptisch, ob diese Ziele tatsächlich zu erreichen sind, waren andererseits aber erleichtert, dass die geplanten Abgaben- und Steuererhöhungen nicht noch größer ausgefallen sind.
Der im Juni entgegen den Erwartungen gestiegene ifo-Index wirkte sich kaum aus. Der ifo-Geschäftsklima-Index legte im Juni auf 101,8 Punkte zu. Im Konsens hatten Volkswirte mit einem leichten Rückgang auf 101,0 gerechnet nach 101,5 Punkten im Mai. Die Erwartungskomponente des Index verfehlte mit 102,4 die Konsensschätzung von 102,8 leicht. Dies deute auf eine schwächere Wachstumsdynamik in den kommenden Monaten hin, merkte Viola Stork von der Helaba an. "Angesichts der Sparprogramme und Konsolidierungspläne vieler Euroländer sollte diese Entwicklung jedoch nicht verwundern", meinte Stork. Auch unter den Erwartungen liegende US-Immobiliendaten blieben ohne Folgen.
Finanzwerte sinken - Britische Bankaktien jedoch gefragt
Das gesenkte Rating von Fitch für BNP Paribas, die höheren Schätzungen von S&P für die Kreditausfälle bei spanischen Immobilienentwicklern und verringerte Kursziele für französische und spanische Banken der Citigroup belasteten Europas Bankensektor. Der entsprechende Index des Stoxx-600-Index fiel um 0,8%. Societe Generale gaben um 4% auf 37,35 EUR nach, für Credit Agricole ging es um 4,7% auf 9,49 EUR nach unten.
Eine Ausnahme bildeten die britischen Bankenwerte. Mit Erleichterung wurde hier die Höhe der Bankenabgabe zur Kenntnis genommen. Die genannten 2 Mrd GBP pro Jahr seien deutlich geringer als die bis zu 3 Mrd GBP, auf die teilweise spekuliert worden sei, meinten Händler. Positiv sei auch, dass der Schritt nicht einseitig, sondern unter Einbindung Deutschlands und Frankreichs erfolgen solle. Lloyds stiegen um 4,1% auf 59 p, RBS legten um 0,7% auf 47,08 p zu.
Rohstoffaktien gehören zu den Verlierern
Die volatilen Rohstoffwerte büßten 1,2% ein. Händler meinten, die Stahlpreiserhöhung des koreanischen Anbieters Posco habe enttäuscht. Posco hatte die Stahlpreise um knapp 6% erhöht. Am Vortag war noch über eine Erhöhung um bis zu 10% spekuliert worden. Arcelor Mittal verloren 1,3% auf 25,79 EUR und ThyssenKrupp 0,9% auf 22,40 EUR.
Einzelhandelspapiere legen zu
Die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 20% in Großbritannien hatte keine negativen Auswirkungen auf die Aktien der Einzelhändler, sondern wurde ganz im Gegenteil sogar begrüßt. Die Anhebung auf 20% sei erwartet worden und die Einführung erst im Januar 2011 gebe den Unternehmen ausreichend Zeit zur Vorbereitung, meinte ein Händler. Marks & Spencer stiegen um 1,7% auf 348,40 p und Tesco um 1,3% auf 393 p. Der Einzelhandelssektor gewann immerhin 0,9%.
Defensive Werte halten sich
Wie oft an Tagen der Schwäche hielten sich defensive Werte besser als der Gesamtmarkt. Mit 0,6% Aufschlag stachen die Pharmawerte hervor. Hier stützten die Gewinne der hoch gewichteten Sanofi-Aventis, die um 1,1% auf 50,56 EUR zulegten und sich damit von den Verlusten der Vorwoche erholten.
Roche rückten um 0,2% auf 155,60 CHF vor. Die Schwierigkeiten bei der Zulassung des Diabetes-Präparats "Taspoglutide" hat laut den Analysten von Exane BNP Paribas nur geringe Auswirkungen. Sie senkten ihre Gewinnschätzungen für 2013 um 2%. Bezogen auf die Sektor-KGV 2011 handele die Aktie von Roche mit einem Aufschlag von 5%. Ein Abschlag von 10% auf Basis der Schätzungen für 2013 erscheine ungerechtfertigt. Die Experten verwiesen zudem auf den soliden Patentschutz und die Pipeline.
Europäische Schlussstände von Dienstag, den 22. Juni 2010:
=== Index Schluss- Entwicklung Entwicklung Entwicklung stand absolut in % seit Jahresbeginn Europa Euro-Stoxx-50 2745,97 -22,30 -0,8 -7,4 Stoxx-50 2482,17 -13,62 -0,5 -3,8 Stoxx-600 256,92 -1,26 -0,5 1,5 Frankfurt XETRA-DAX 6269,04 -23,93 -0,4 5,2 London FTSE-100 5246,98 -52,13 -1,0 -3,1 Paris CAC-40 3705,32 -30,83 -0,8 -5,9 Amsterdam AEX 339,80 -1,24 -0,4 1,3 Athen ATHEX-20 745,08 -15,83 -2,1 -33,8 Brüssel BEL-20 2536,22 -13,62 0,0 1,0 Budapest BUX 21783,87 -146,07 -0,7 2,6 Helsinki OMXH-25 2231,63 -8,97 -0,4 9,8 Istanbul NAT30 71858,92 -368,65 -0,5 7,3 Kopenhagen OMXC-20 416,97 -4,26 -1,0 23,8 Madrid IBEX-35 10016,10 -55,80 -0,6 -16,1 Mailand FTSE-MIB 20609,03 -201,41 -1,0 -11,4 Moskau RTS 1434,93 -23,02 -1,6 -0,7 Oslo OBX 331,87 -5,15 -1,5 -2,2 Prag PX 1172,40 -13,00 -1,1 4,9 Stockholm OMXS-30 1059,38 -1,13 -0,1 11,3 Warschau WIG-20 2379,48 -15,85 -0,7 -0,4 Wien ATX 2447,94 -0,24 0,0 -1,9 Zürich SMI 6463,46 -56,11 -0,9 -1,3 === DJG/mif/flf
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