Bei einem Musterprozess in Köln ist die millionenfach neu zugeteilte Steuer-Identifikationsnummer für alle Bürger erstmals auf dem Prüfstand gekommen. Die im Oktober 2008 eingeführte Nummer verletze das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, sei ein Schritt hin zum "gläsernen Bürger" und setze eine "gigantische Kontrollmaschine" in Gang, sagte Rechtsanwalt Martin Heufelder am Mittwoch zu Verhandlungsbeginn.
Mehr als 170 Kläger halten die neue Steuer-ID für verfassungswidrig. Sie waren vor das Kölner Finanzgericht gezogen, das bundesweit einzig zuständige Gericht in dieser Frage. Drei Klagen wurden nun als Präzedenzfall verhandelt. Sollte das Gericht die Bedenken der Kläger teilen, müsste es die Fälle dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Eine Entscheidung darüber will das Finanzgericht in rund zwei Monaten öffentlich machen (AZ: 2 K 3834/08, 2 K 3837/08, 2 K 3838/08).
Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bonn als Beklagte bestritt die Vorwürfe vehement. Die Kombination aus elf Ziffern lasse keine Rückschlüsse auf die Person zu, es handele sich um eine "nicht sprechende Nummer", betonte Kyra Mühlenharz vom BZSt. Gespeichert seien Daten wie Name, Geburtstag, Adresse, Name der "Lebenspartnerschaft". Diese Daten seien sicher. "Auskünfte aus der Datenbank bekommt nur der Betroffene selbst." Bevor die Informationen an Dritte wie Rententräger vergeben würden, prüfe das BZSt immer ausreichend.
Die Steuer-ID ist laut BZSt bereits 82 Millionen Mal vergeben worden. Sie solle die verpflichtende gleichmäßige Besteuerung aller Bürger erleichtern sowie das Besteuerungsverfahren "effizienter und kostengünstiger" machen, erklärte Mühlenharz. Deutschland seit dem Beispiel anderer Länder gefolgt. Die ID muss bei allen steuerlichen Angelegenheiten gegenüber den Finanzbehörden angegeben werden./wa/DP/bgf
AXC0148 2010-07-07/15:03