(NEU: Zusammenfassung mit weiteren Aussagen aus Pressekonferenz, Hintergrund, Analystenkommentar und Aktienkurs)
Von Martin Rapp DOW JONES NEWSWIRESDÜSSELDORF (Dow Jones)--Europas größter Kupferhersteller Aurubis wagt nach langem Zögern den Schritt über den großen Teich. Der Zukauf der Walzproduktsparte des finnischen Luvata-Konzerns ist "der erste Schritt, den Aurubis außerhalb Europas macht", wie der Vorstandsvorsitzende Bernd Drouven am Freitag in einer telefonischen Pressekonferenz sagte.
Zuvor hatte das Hamburger MDAX-Unternehmen bekanntgegeben, die Luvata-Aktivitäten im Bereich Kupferbänder, -bleche und -platten für einen Kaufpreis von 200 Mio bis 250 Mio EUR übernehmen zu wollen. Die Division produzierte mit rund 1.100 Mitarbeitern im Geschäftsjahr 2010 etwa 160.000 Tonnen Kupferprodukte und erzielte damit einen Umsatz von rund 1 Mrd EUR. Ihre Produktionsstätten liegen in Finnland, Schweden und den Niederlanden - sowie hauptsächlich in Buffalo im US-Bundesstaat New York.
Schon lange liebäugelte die ehemalige Norddeutsche Affinerie mit einer Ausweitung ihres Geschäfts über die europäischen Grenzen hinaus. Nicht einmal ein Zehntel der Erlöse von knapp 10 Mrd EUR im Ende September beendeten Geschäftsjahr 2009/10 stammten aus anderen Weltregionen, wo Aurubis bisher auch keine Produktionsstandorte hatte. Auf dem Weg zum Global Player, dem von Drouven ausgegebenen Ziel, besteht also Handlungsbedarf.
Der Kauf von Luvata Rolled Products ist für Drouven jedoch nicht das Ende der Internationalisierung. "Wir setzen uns weiter mit anderen Dingen auseinander, aber diese Prozesse brauchen Zeit", sagte er zu möglichen weiteren Zukäufen. "Wir akquirieren nicht auf Teufel komm raus, sondern überlegen sehr sorgfältig, was zu uns passt und welche Konditionen akzeptabel sind", erklärte er.
Bei der nun erworbenen Sparte, deren Kauf noch von den Kartellbehörden abgesegnet werden muss und laut Drouven Anfang August abgeschlossen werden soll, scheint nun alles gepasst zu haben - sowohl strategisch wie auch finanziell.
"Die Kombination mit unseren Aktivitäten bietet erhebliches Wertsteigerungspotenzial", sagte Drouven. So seien bislang Kunden vom Standort Stolberg aus, wo Aurubis Kupferbänder herstellt, nicht weltweit zu beliefern gewesen. Mit dem Zukauf stößt das Unternehmen in dem Marktsegment nun in die Weltspitze vor.
Drouven will zur Optimierung die Produktion von einigen Standorten verlagern und an anderen konzentrieren. Dies soll dem Manager zufolge zu Synergien im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich führen. Diese würden zur Gänze aber wegen der benötigten Zeit zur Optimierung erst in zwei bis drei Jahren wirksam werden, erklärte Drouven.
Commerzbank-Analyst Ingo-Martin Schachel erkennt die Logik hinter der Zusammenführung an. "Die Aktivitäten passen strategisch sehr gut zu Aurubis. Das Problem des Luvata-Bereichs bisher war die Versorgung mit Vormaterial. Davon hat Aurubis genug", sagte er. Nach Erreichen der Synergien werde der Zukauf das Aurubis-Ergebnis spürbar beeinflussen.
Momentan ist Luvata Rolled Products noch nicht profitabel, weist aber einen positiven Cash Flow auf, wie Drouven sagte. Die Aktivitäten seien "wie viele andere von der Finanz- und Wirtschaftskrise gebeutelt" worden. Schon im nächsten Geschäftsjahr sollen die Aktivitäten jedoch gewinnträchtig sein.
Aurubis zahlt auch nach Darstellung von Drouven fast nichts für den Zukauf. Der genaue Kaufpreis richtet sich nach dem Wert der Vorräte zum Zeitpunkt des Abschlusses. Laut Drouven macht dies den Hauptteil des Kaufpreises aus; für die Anlagen werde nur ein kleiner zweistelliger Millionenbetrag fällig. Dadurch entstehe ein sogenannter "negativer Goodwill" von über 100 Mio EUR - eine Zuschreibungsmöglichkeit, "die das Eigenkapital stärkt".
Auch die Börse wertet den Entschluss positiv. Nach Bekanntgabe der Akquisition steigen Aurubis-Papiere um über 2% auf 39,90 EUR. Für Schachel kein Wunder: "Wenn man ein bisschen darüber nachdenkt, sieht man, dass es ein sehr gutes Geschäft für Aurubis ist", konstatiert der Analyst.
-Von Martin Rapp, Dow Jones Newswires; +49 211 13 87 214; martin.rapp@dowjones.com DJG/mmr/bam(END) Dow Jones Newswires
April 29, 2011 12:46 ET (16:46 GMT)
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