
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) stemmt sich mit aller Macht gegen den historisch starken Franken. Künftig wollen die Währungshüter in Zürich keinen Euro-Kurs unterhalb von 1,20 Franken pro Euro tolerieren. Faktisch heißt das: Ein Franken soll nach dem Willen der Schweizer künftig höchstens 0,833 Euro wert sein. "Die gegenwärtige massive Überbewertung des Schweizer Frankens stellt eine akute Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft dar und birgt das Risiko einer deflationären Entwicklung", heißt es in einer knappen Mitteilung vom Dienstag.
"Die Nationalbank wird den Mindestkurs mit aller Konsequenz durchsetzen und ist bereit, unbeschränkt Devisen zu kaufen", kündigt die SNB an. Praktisch bedeutet das: Die Zentralbank würde immer, wenn der Wechselkurs die Zielmarke überschreitet, Euro kaufen - und dafür Franken auf den Markt werfen. "Der Franken ist auch bei 1,20 pro Euro hoch bewertet und sollte sich über die Zeit weiter abschwächen", lautet die optimistische Prognose. Ausdrücklich behält sich die Notenbank weitere Maßnahmen vor, ohne dabei allerdings ins Details zu gehen.
Der starke Franken belastet die Schweizer Exportwirtschaft enorm, weil er deren Waren auf Auslandsmärkten deutlich verteuert. Auch die Einzelhändler im Schweizer Grenzgebiet bekommen die folgen zu spüren: Die gewaltig gestiegene Kaufkraft des Franken hat einen kräftigen Einkaufstourismus ausgelöst, von dem deutsche Händler in grenznahen Orten kräftig profitieren.
Ende 2007 war ein Franken noch für etwa 0,60 Euro zu haben - in der Spitze kostete er in diesem Jahr dann 0,97 Euro, eine Aufwertung also von mehr als 60 Prozent innerhalb weniger Jahre.
Experten sprechen von einem drastischen Schritt der SNB: "Das war ein Quantensprung gegenüber der vorherigen Interventionspolitik", sagte die Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro bei einer Ökonomentagung in Frankfurt. Der Schritt sei sicherlich keine einfache Entscheidung gewesen. "Die Übertreibungen des Schweizer Frankens in der letzten Zeit, die waren wirklich massiv", sagte die Schweizer Wissenschaftlerin. Ein Schaden für die Wirtschaft sei absehbar gewesen. Eine unmittelbare Gefahr zur Inflation sehe sie nun jedoch nicht. Wenn die Ankündigung wirke, sei keine laufende Intervention durch die Notenbank nötig.
An den Finanzmärkten sorgte die Ankündigung für massive Kursbewegungen. Der Kurs des Euro zum Schweizer Franken sprang in einer ersten Reaktion um mehr als acht Rappen bis auf 1,2158 Franken. Später pendelte er sich knapp über dem von der Notenbank angepeilten Mindestkurs ein. Zudem fiel der Goldpreis zeitweise massiv zurück. Nach einem Rekordhoch bei 1.920,25 US-Dollar im frühen Handel rutschte der Preis für das Edelmetall zeitweise bis auf 1.860 Dollar zurück, nahm später aber wieder Kurs auf die 1.900-Dollar-Marke.
Spitzenvertreter des Euro-Raumes wollten die Züricher Entscheidung nicht näher kommentieren. Man nehme die Entscheidung der SNB "zur Kenntnis", hieß es lediglich bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Ähnlich einsilbig gab sich ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel: "Die Kommission hat Kenntniss von der Entscheidung genommen, die von der Schweizer Nationalbank in eigener Verantwortung getroffen wurde./jkr/seu/cb
AXC0171 2011-09-06/16:20