FRANKFURT (Dow Jones)--Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat ein stärkeres Engagement der EZB in die Bewältigung der Staatsschuldenkrise abgelehnt. "Geldpolitik kann nicht alles machen", sagte der Italiener in einem am 14. Dezember 2011 geführten Interview mit der "Financial Times", das am Sonntag auszugsweise veröffentlicht wurde. Draghi sagte demnach auch, es sei an den Regierungen, mit Haushaltsdisziplin und Strukturreformen die Märkte zu überzeugen. Auch gebe es kein Renditeziel für Anleihen, bei dessen Überschreiten die EZB mit Käufen eingreife. Die EZB müsse sich an die Vorgaben der EU-Verträge halten, die ein Verbot der monetären Staatsfinanzierung enthielten.
Der EZB-Präsident warnte auch davor, allzu große Hoffnungen in die neue Geldspritze zu setzen, die die Währungshüter den Geschäftsbanken geben wollen: Er glaube nicht, dass die Institute mit dem frischen Geld zwingend Anleihen europäischer Staaten kaufen und so deren Notlage verbessern, sagte er unter Bezugnahme auf das in der kommenden Woche anstehende Refinanzierungsgeschäft mit dreijähriger Laufzeit. "Die Banken werden entscheiden, was am besten für sie ist. Eine Erwartung ist, dass sie damit die Realwirtschaft finanzieren, vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen", sagte er.
Mit seiner Aussage dämpft Draghi die Hoffnungen der Optimisten an den Finanzmärkten. Sie setzen darauf, dass die Banken das EZB-Geld ab Mittwoch direkt in Staatsanleihen investieren und so helfen, die Euro-Krise abzuschwächen. Manche Analysten kalkulieren, dass die Institute das Geld in Staatsanleihen stecken, die weit mehr als 1% Zinsen abwerfen - allen voran die Papiere europäischer Krisenstaaten wie Italien und Spanien.
Passiert das, würden die Kurse der Anleihen steigen und deren Renditen sinken. Das wiederum könnte die Aufnahme neuer Schulden billiger machen. Gerade Italien und Spanien haben im neuen Jahr enormen Refinanzierungsbedarf. Draghi dagegen setzt darauf, dass die Institute das Geld an die Unternehmen weiterleiten, um eine drohende Kreditklemme zu verhindern.
DJG/hab
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December 18, 2011 16:36 ET (21:36 GMT)
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