APA ots news: "Kleine Zeitung" Kommentar: "Ende der Dunkelkammer" (Von Hubert Patterer)
Ausgabe vom 29.4.2012
Graz (APA-ots) - Das Bild von der unfähigen Regierung ist unpräzis. Wenn sie will, kann sie. Aber selbst diesen Satz muss man noch einmal konditional zuschleifen: Wenn sie zum Wollen gezwungen wird, kann sie. Ohne Damoklesschwert ist sie untauglich. Beim Sparpaket hieß es Standard & Poor's, beim Transparenz-Gesetz waren es die Meinungsforscher, die der Regierung Ungemach verhießen und Beine machten. So tickt diese Regierung. Bei ihr greift die Pädagogik des 19. Jahrhunderts.
Für das Transparenz-Paket gebührt der Koalition Lob _ ungeachtet der wenigen Schönheitsfehler: Auch bei einem Staatsanteil von weniger als 50 Prozent sollten Unternehmen keiner Partei bare Freundschaft erweisen dürfen. Und dass die Zuständigkeit für Bußgelder im Amt des Bundeskanzlers angesiedelt ist und nicht bei einer unabhängigen justiznahen Behörde, untergräbt die Redlichkeit des Bemühens. In Summe ist das Gesetzes-Paket eine respektable Reparatur-Arbeit.
Es gilt, einen Missstand zu beseitigen: die Parteikassen als Dunkelkammer. Aus welchen Kanälen und Umleitungen wie viel zufließt, blieb der Öffentlichkeit bis dato verborgen. Das war vordemokratisch.
Wer für die Caritas spendet, will anderen helfen. Wer für eine Partei spendet, will sich helfen. Man spendet tendenziell in eigennütziger Absicht. Dieses selbstbezogene Interesse (einer Firma oder Person) muss noch nicht per se anrüchig sein, aber die Öffentlichkeit muss davon Kenntnis haben. Für diesen Minimalstandard an Klarsicht schafft das Gesetz die Voraussetzung.
In der Grauzone zwischen Politik und Wirtschaft werden Laternen aufgestellt. Es wird besser überprüfbar sein, woher Gelder fließen und wie eine Partei damit politisch umgeht. Der Eindruck, diese Republik sei käuflich, war bedrückend. Er unterspült die Fundamente einer Demokratie und vergiftet das Vertrauen in sie. Das Gesetzespaket ist ein erstes, taugliches Gegengift.
Welche reinigende Kraft es gegenüber den Handelnden entfalten wird, muss sich freilich erst weisen. Das Bewusstsein dafür, dass man als Mandatar dem bonum commune, dem Gemeinwohl, verpflichtet ist und nicht einer Glückspielfirma, einem Immo-Riesen oder einer Telefongesellschaft, diese Selbstverpflichtung kann kein Gesetz diktieren, sondern nur das eigene moralische Koordinatensystem. Was mit dem Gesetz einhergehen muss, ist eine neue Haltung gegenüber dem Staat, eine Achtung, die ohne Eigennutz auskommt. Aus dem Staat rauszuholen, was geht, darf kein Ausweis von Gerissenheit sein, nicht in der Politik, nicht in der Wirtschaft und auch nicht unter den Bürgern.*****
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