Karlsruhe (ots) - Boykottmaßnahmen waren selten eine ideale Lösung. Allzu oft verpufften sie wirkungslos. Doch die Empfehlung von Bundeskanzlerin Angela Merkel an ihre eigenen Minister, nicht zur Fußball-Europameisterschaft in die Ukraine zu reisen, macht Sinn. Denn ohne das Fernbleiben der deutschen Ministerriege wären alle Proteste hierzulande gegen den schändlichen, menschenverachtenden Umgang der Regierenden in Kiew mit der früheren Ministerpräsidentin Julia Timoschenko nur ein unglaubwürdiges Wortgeklingel. Denn es kann ja ernsthaft niemand erwarten, dass unsere Spitzenpolitiker auf den Ehrentribünen in den Stadien neben denjenigen Platz nehmen, die dafür verantwortlich sind, dass die einstige Regierungschefin in einem Gefängnis ohne wirksame ärztliche Hilfe dahinsiecht. Nur eine Ausnahme von der Regel wäre verständlich: Wenn es dem Innen- und auch Sportminister Hans-Peter Friedrich gelänge, eine Reise zu den Sportstätten mit einem Besuch Timoschenkos zu verbinden - oder die Oppositionelle sogar freikäme. Man mag darüber streiten, ob die als Neutralität gepriesene Zurückhaltung der Fußballfunktionäre den Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine angemessen ist - die versuchte Trennung zwischen einem generellen und einem nur politischen Boykott würde das Sportereignis an sich nicht infrage stellen. Es könnte dies sogar vorteilhaft sein. Dann nämlich, wenn jedes Fußballspiel an die wahren politischen Verhältnisse in der Ukraine erinnert und jedes Mal der Welt vor Augen führt, wes Geistes Kind der Kiewer Diktator Viktor Janukowitsch ist. Man kann den Berliner Politikern jetzt natürlich den Vorwurf machen, sie hätten lediglich auf die jüngsten Meinungsumfragen reagiert. Vielleicht aber sind die Menschen im Lande mitunter klüger als viele Mandatsträger. Nicht nur, dass 50 Prozent gegen eine Merkel-Reise in die Ukraine sind; 52 Prozent hätten sogar nichts dagegen, die ganze und nicht nur die halbe Europameisterschaft in Polen durchzuführen. Machbar wäre dies, haben die meisten Nationalmannschaften doch schon jetzt Dauerquartier in Polen bezogen.
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