
4. Juli 2012. Die neue Eintracht der Euro-Regierungschefs bewerten Rohstoffanalysten als wichtiges psychologisches Signal, das nicht nur auf kurze Sicht zu höheren Rohstoffpreisen führen könnte.
Auf die Lösungsansätze der europäischen Politik für den Euroraum Ende vergangener Woche haben viele Rohstoffe mit deutlichen Preisaufschlägen reagiert und den breitangelegten Rohstoffindex S&P GSCI mit dem höchsten Tagesanstieg seit April 2009 versehen. "Zwar bleiben die Fundamentaldaten der Industrienationen unverändert schwach, dafür hat sich die Stimmung aufgehellt", beschreibt Eugen Weinberg von der Commerzbank. Das sei schon viel wert. Nun gilt es, dem kurzfristigen Auftrieb mit der soliden Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen Nachdruck zu verleihen, wie ETF Securities anmerkt.
Im Handel mit Exchange Traded Commodities führt die gute Laune laut Florian Perini von Flow Traders zu einem deutlichen Kaufüberhang im Verhältnis von rund Zweidrittel zu einem Drittel. Anleger interessierten sich für Rohöl ebenso wie für Agrarrohstoffe, Kupfer oder breit aufgestellte Rohstoffkörbe.
Konflikt mit dem Irantreibt Ölpreiser Preisanstieg bei Öl wird Herlinghaus zufolge zudem von Angebotsrisiken getragen. "Die Prämie für den Irankonflikt macht sich langsam wieder bemerkbar." Tankschiffe Richtung Länder, die die Sanktionen gegen den Iran unterstützen, dürften beispielsweise die Straße von Hormus nicht mehr durchfahren. "In Norwegen hat der derzeitige Streik in der Ölindustrie vermutlich erstmals zu Verzögerungen bei den Öllieferungen des weltweit achtgrößten Ölexporteurs geführt", beobachtet Weinberg. Bis Jahresende sieht Herlinghaus den Ölkurs im Bereich zwischen 110 bis 115 US-Dollar pro Barrel.
"Zudem könnte der Tropensturm Debby in der vergangenen Woche die Ölvorräte in den USA verringert haben", berichtet Perini. Offizielle Daten dazu gebe es am heutigen Mittwoch.
Öl- und Gas-ETCs stünden derzeit jedenfalls ganz oben auf der Einkaufsliste. Gesucht waren Flow Traders zufolge der ETFS Crude Oil (WKN A0KRJX) sowie der ETFS Brent 1mth (WKN A0KRKM). Verstärkt nachgefragt worden sei zudem der db Brent Crude Oil Booster (WKN A1KYN5).
Rahmenbedingungen für Goldpreis stabil
Der Goldpreis wird von einem schwächeren US-Dollar und den Erwartungen weiterer geldpolitischer Lockerungen seitens der Notenbanken gestützt. Neben der Leitzinsänderung von 25 Basispunkten auf 0,75 Prozent, die am am morgigen Donnerstag von der Europäischen Zentralbank erwartet wird, rechnen Marktteilnehmer nach Auffassung von Weinberg auch mit einer erneuten Reduktion der Mindestreserveanforderungen für chinesische Banken. "Nachdem der Einkaufsmanagerindex in den USA erstmals seit drei Jahren wieder unter die Marke von 50 gefallen ist, sind zudem die Erwartungen an die US Federal Reserve gestiegen."
"Noch niedrigere Zinsen werden die Attraktivität von Gold als Ersatzwährung erhöhen", ist Axel Herlinghaus überzeugt, der einen Goldpreis um 1.800 US-Dollar pro Feinunze zum Jahresende voraussagt. Zudem stehe zwar gegenwärtig die problematische Schuldensituation im Euroraum permanent im Scheinwerferlicht und schwäche die Gemeinschaftswährung. "In den USA ist die Situation keineswegs besser", weiß der Rohstoffanalyst und spricht von einem fiskalischen Abgrund, vor dem die politischen Entscheider dort stünden. "Mitten im Wahlkampf rückt diese Thematik aber in den Hintergrund."
Gold-ETCs ausgeglichen
Im Handel mit physisch besicherten Gold-ETCs meldet ETF Securities eine Verschnaufpause. Nach Zuflüssen in Höhe von knapp 900 Millionen US-Dollar in der Woche zuvor verbuchen die Briten in der vergangenen Woche erstmals seit über einem Monat Nettoverkäufe in Höhe von 28 Millionen US-Dollar.
Perini beschreibt den Handel mit Gold-ETCs als tendenziell ausgeglichen. Beide Seiten gespielt würden beispielsweise bei Xetra-Gold (WKN A0S9GB), beim ETFS Physical Gold (WKN A0N62G), beim Gold Bullion Securities (WKN A0LP78) und beim db Physical Gold Euro Hedged (WKN A1EK0G). Gleichermaßen Zu- und Abflüsse gebe es zudem für Silber etwa im ETFS Physical Silver (WKN A0N62F) und für Platin im ETFS Physical Platinum (WKN A0N62D).
Weiteres Verteuerungspotential für Basismetalle
Im Zuge der Euphorie seit dem Wochenende stabilisierten sich die Preise für Basismetalle. In den vergangenen drei Handelstagen verbucht etwa der Index der Londoner Metallbörse LMEX ein zwischenzeitliches Plus von 6,3 Prozent. Insbesondere Aluminium verteuerte sich innerhalb weniger Tage um fast 9 Prozent auf ein Dreiwochenhoch von knapp 2.000 US-Dollar pro Tonne.
Trotz niedrigerem chinesischen Einkaufsmanagerindex von HSBC von 48,2 im Juni beurteilt Herlinghaus die Möglichkeiten der chinesischen Regierung zur Steuerung der Wirtschaft als ausreichend. "Als eines der wenigen Länder kann sich China derzeit sowohl monetäre Unterstützung als auch Konjunktur- und Infrastrukturprogramme leisten", stimmt Weinberg zu, der mittelfristig mit weiteren Anstiegen der Industriemetallpreise rechnet.
Anleger wählen jedoch zumeist Kupfer. Perini registriert Käufe etwa des ETFS Copper (WKN A0KRJU).
Anleger bevorzugen die Breite
Breiter aufgestellte Rohstoff-ETFs kommen auch gut an." Vermehrt im Anlegerdepot landeten beispielsweise der Lyxor Commodities (WKN A0JC8F), der iShares Dow Jones UBS Commodity Swap (WKN A0H072) sowie der EasyETF S&P GSCI (WKN A0EAZC).
© 4. Juli 2012/Iris Merker
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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