Von Mark Krieger
Der Rohstoffverbrauch in den so genannten BRIC-Staaten - Brasilien, Russland, Indien, China - wird künftig wohl nicht mehr so stark zunehmen, wie dies in den vergangenen Jahren der Fall war. Insbesondere in China wird die Nachfrage nach wichtigen Industrierohstoffen langsamer wachsen als die Volkswirtschaft insgesamt. Das sind die Kernaussagen einer Studie, die die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) beim Institut für internationale Wirtschaftspolitik an der Universität Bonn in Auftrag gegeben hat und die Ende Juli veröffentlicht wird.
"Wir haben uns angeschaut, wie sich der Verbrauch von Aluminium, Kupfer, Stahl, Zink und Zinn in den etablierten Industriestaaten entwickelt hat. Dabei haben wir festgestellt, dass zu dem Zeitpunkt, ab dem der Anteil der Industrieproduktion am Bruttoinlandsprodukt abgenommen hat, auch die Materialintensität des Wirtschaftswachstums zurückgegangen ist", sagte Peter Buchholz, Leiter der DERA, im Gespräch mit dem Dow-Jones-Newsletter Einkäufer im Markt. Die Industriestaaten hätten den Höhepunkt der Materialintensität kurz vor oder nach dem Zeitpunkt erreicht, an dem sie die Schwelle vom mittleren zum hohen durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen überschritten haben.
Mit anderen Worten, der Verbrauch an Rohstoffen bzw. Vorprodukten nimmt pro zusätzlich produzierter BIP-Einheit ab. Die Wissenschaftler haben nach Buchholz' Worten daraufhin die Entwicklung in den vier BRIC-Ländern betrachtet. Bei einigen der untersuchten Rohstoffe sei der Wendepunkt der Materialintensität bereits erreicht oder sei nur noch wenige Jahre entfernt. Dies gelte vor allem für China, wo die Industrialisierung so weit fortgeschritten sei, dass der Rohstoffverbrauch nicht mehr so stark wachsen werde wie in den vergangenen 20 Jahren. "Das bedeutet nicht, dass die Nachfrage in absoluten Zahlen nicht mehr zunimmt, sie wächst nur nicht mehr so schnell wie bisher", erläuterte Buchholz.
Diese Entwicklung habe zur Folge, so der DERA-Chef, dass es bei den betrachteten Rohstoffen in den nächsten 10 Jahren nicht mehr zu den extremen Preissprüngen kommen werde wie in der Vergangenheit. "Der Nachfragedruck aus China lässt allmählich nach und aus den anderen großen Schwellenländern Brasilien, Russland und Indien kommen nicht die Nachfrageimpulse, die das ausgleichen könnten."
Buchholz verwies auch auf die Investitionen in der Bergbauindustrie, die während der Hochpreisphase 2003 bis 2008 getätigt wurden: "Diese Explorationsprojekte erreichen jetzt den Markt. Das Angebot kommt der Nachfrage langsam wieder hinterher." Seinen Angaben zufolge stiegen im Bereich der NE-Metalle die Bergbauinvestitionen von knapp über 3 Milliarden US-Dollar im Jahr 2004 auf einen Rekordstand von etwas mehr als 18 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr. Lediglich während der weltweiten Rezession des Jahres 2009 habe es hier eine Delle gegeben.
Die sinkende Materialintensität bedeutet jedoch nicht, dass die deutsche Industrie in der Frage der Rohstoffversorgung Entwarnung geben kann, betont Buchholz: "Deutsche Unternehmen werden weiter stark von Rohstoffimporten abhängig bleiben." Preis- und Versorgungsrisiken sieht der Experte zum einen in der geografischen Konzentration bestimmter Rohstoffe. So habe etwa China bei Antimon und Wolfram eine dominierende Marktposition. "Mit Vorsicht zu genießen" sei auch die starke Stellung Südafrikas bei der Platinförderung.
Bei bestimmten Rohstoffen werde es zu einer größeren Nachfrage aufgrund neuer Technologien kommen. Buchholz erwähnte in diesem Zusammenhang die Seltenen Erden, die derzeit fast ausschließlich in China produziert werden. "Durch die Entwicklung von Zukunftstechnologien erhöht sich der Bedarf an Rohstoffen, bei denen es nur wenige Anbieter gibt", umriss er das generelle Problem.
DJG/smh
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July 13, 2012 08:21 ET (12:21 GMT)
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