Mainz (ots) - Viel Wehmut schwang gestern im Landtag mit. Die Politik verabschiedet mit Kurt Beck einen Polit-Dinosaurier, ein Pfälzer Original, das dem Land über 18 Jahre lang seinen Stempel aufgedrückt hat. Es war ein würdiger Abschied für den 63-Jährigen, der in fast zwei Jahrzehnten mit unglaublicher Energie ans Werk gegangen ist. Beck selbst hat in seiner Abschiedsrede Fehler angesprochen, er hat sich abermals entschuldigt, ohne den Nürburgring direkt zu nennen. Das zeugt von Größe. Übrigens einer Größe, die man dieser Tage bei dem einen oder anderen Oppositionspolitiker angesichts diverser Sticheleien vermisst. Malu Dreyer hat sich in ihrer ersten Rede als Ministerpräsidentin einen Schritt auf die Opposition zubewegt, sie will offen und konstruktiv mit der CDU zusammenarbeiten. An diesen Worten wird sie sich messen lassen müssen. Das bedeutet, dass sie den Christdemokraten auch die Möglichkeit geben muss, mitzugestalten, anstatt diese lediglich zum Abnicken von Regierungsvorlagen bringen zu wollen. Zur konstruktiven Zusammenarbeit gehören aber zwei Seiten. Es drängte sich in der Vergangenheit allzu oft der Eindruck auf, die Opposition lehne rot-grüne Vorhaben nur ab, weil man sie ablehnen will. Mit dem Fortgang von Kurt Beck, der mit CDU-Chefin Julia Klöckner nicht konnte und wollte, verbindet sich die Hoffnung auf einen Neuanfang auch im Stil der parlamentarischen Auseinandersetzung. Denn die Baustellen in Rheinland-Pfalz sind viel zu groß, um im parteipolitischen Kleinklein zu enden. An vorderster Stelle steht die Schuldenbremse. Das Wort täuscht darüber hinweg, dass die Verschuldung des Landes Jahr für Jahr weiterwächst, auch wenn die Kurve abflacht. Wo wird noch weiter gespart werden - beim Personal, bei den Landesbehörden, bei den Sozialausgaben? Dreyer wird hier unangenehme Wahrheiten aussprechen müssen, das darf sie nicht ihrem Finanzminister überlassen. Bei der Neuordnung der kommunalen Finanzen und der Gebietsreform warten hitzige Debatten auf die neue Regierungschefin. In der Wirtschaftspolitik muss die frühere Staatsanwältin noch an Profil gewinnen. Die Energiewende will umgesetzt werden, auch hier knirscht es im Gebälk. Dreyer muss durch die Untiefen des Nürburgring-Debakels steuern und einen Impuls geben, wie sie sich die Zukunft des kriselnden Flughafens Hahn vorstellt - wenn schon das Innenminsterium dazu nicht in der Lage ist. Und die Kommunikation nach außen kann bei diesen Projekten nur besser werden. Dreyer wird längst ihren persönlichen Masterplan aufgestellt haben. Ob sie alle Hoffnungen erfüllen kann, wird man sehen. Auf jeden Fall darf man sie ebenso wenig unrerschätzen wie die Oppositionsführerin Julia Klöckner.
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