Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, geht davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht die Anleihe-Käufe der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht stoppen kann. "Die EZB kann nicht von einem nationalen Gericht zu einem Tun oder Unterlassen verurteilt werden", sagte Papier in einem Interview mit dem "Handelsblatt" (Freitagausgabe). Das Gericht könnte zwar theoretisch entscheiden, "dass diese Maßnahmen der EZB mit dem deutschen Grundgesetz unvereinbar sind". Doch hätte dies keine unmittelbar rechtliche Wirkung. "Es hätte eine eher symbolische Wirkung." Papier war von 2002 bis 2010 Präsident des Gerichts.
Er plädiert dafür, dass Karlsruhe eine Entscheidung vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) darüber einholen sollte, ob die EZB ihr Mandat mit den angekündigten Staatsanleihekäufen verletzt habe. "Aus meiner Sicht ist dies nicht so eindeutig mit Ja oder Nein zu beantworten."
Das im Sommer des vergangenen Jahres von der EZB aufgelegte OMT-Programm hatte zu einer Beruhigung an den Finanzmärkten geführt. Insbesondere in der deutschen Öffentlichkeit wurde es jedoch wegen angeblich langfristig drohender Inflationsrisiken und einer möglichen Staatsfinanzierung kritisiert. Bisher hat die EZB im Rahmen des OMT noch keine Anleihen gekauft.
Nach Ansicht von Papier könnten die von der Bundesregierung im Rahmen der Euro-Rettung eingegangen Risiken jedoch im Konflikt zur Schuldenbremse im Grundgesetz stehen. Das Grundgesetz mache klare Vorgaben zur Kreditaufnahme, sehe aber keine expliziten Grenzen bei den Bürgschaften vor. "Vielleicht wird irgendwann die Frage zu klären sein, ob sich aus der Schuldenbremse nicht auch mittelbar eine Begrenzung der Garantien ergibt." Denn die Schuldenbremse gelte - auch wenn die Gewährleistungen fällig würden. "Dann blieben nur Einsparungen an anderer Stelle oder eine Erhöhung der Einnahmen", sagte Papier./jsl/he
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