Freiburg (ots) - Alles wie gehabt? Weihnachten ist angesagt - aber die Nachrichten sind alles andere als weihnachtlich: Spannungen in der Ukraine, ausgebeutete Wanderarbeiter auf Baustellen und frierende syrische Flüchtlinge in verschneiten oder überschwemmten Zeltlagern. Dazu kommen die persönlichen "Schlagzeilen", die so manchen von uns beschäftigen werden. Kein Grund also, Weihnachten zu feiern? Oder legen wir all die Nachrichten für ein paar Stunden auf die Seite, um ruhig und unbeschwert feiern zu können? Manches kann man nicht einfach auf die Seite legen, schon gar nicht das Schicksal von Menschen. Schauen wir uns die Weihnachtsgeschichte unter diesem Gesichtspunkt genauer an. Josef und Maria sind von Nazareth nach Bethlehem unterwegs. Zu Fuß ist das eine relativ unsichere Strecke - damals wie heute. Warum macht sich eine hochschwangere Frau mit ihrem Mann auf den Weg quer durch Israel und Palästina? Der Autor der Weihnachtsgeschichte gibt eine Volkszählung als Grund an, doch Historiker haben heute Schwierigkeiten, diese zu belegen. Die Berufsbezeichnung des Josef könnte Hinweis sein auf einen ganz anderen Grund. Josef war Bauhandwerker. Vermutlich war er wie viele seiner Kollegen auf Arbeitssuche und dürfte nur acht Kilometer von Nazareth entfernt in Sepphoris, einer aufstrebenden Stadt, fündig geworden sein. Jedoch geriet diese Stadt zwischen die Fronten eines erbarmungslosen Krieges. Womöglich Grund genug für Josef, sich samt Frau auf den Weg nach Süden zu machen, wo es sicherer war und man im Großraum Jerusalem auf neue Arbeit hoffen konnte. Damit ist die Weihnachtsgeschichte nicht allzu weit weg vom Schicksal vieler Menschen heute: Da ist ein Paar auf der Flucht, auch davon spricht die Weihnachtsgeschichte. Da sind Menschen, die ein provisorisches Obdach gefunden haben, das sie überdies mit Einheimischen - den Hirten - teilen müssen. Jesus blieb Zeit seines Lebens einer, der den Einfachen, den Armen und Ausgegrenzten nahe war. Das hat seine Zeitgenossen nachdenklich gemacht. Manche haben ihren Lebensstil geändert, andere reagierten mit Aggression. Viele Arme und Kranke haben gespürt: Da ist einer, der hat keine Berührungsängste. Diese Erfahrung hat ihnen neue Kraft gegeben. Nicht wenige von uns verbinden solche Erfahrungen mit Papst Franziskus. Viele haben den Eindruck: Er spricht so, dass wir ihn gut verstehen können. Und er gibt mit seinen Worten gerade denen eine Stimme, die sonst wenig zu sagen haben. Papst Franziskus ermutigt und macht nachdenklich zugleich. Viele, die sich im Einsatz für Benachteiligte engagieren, fühlen sich bestärkt. Andere fragen sich: Wie sieht das aus mit meinem Einsatz, wo habe ich selbst Berührungsängste? In diesem Sinne kann auch Weihnachten ein Fest sein, das nachdenklich macht, ja sogar bisweilen im guten Sinne irritiert. Die Weisen aus dem Morgenland, sie suchen nach ihrer langen Reise freudig im Palast in Jerusalem nach dem Neugeborenen. Letztlich landen sie in der Grotte von Bethlehem. Später heißt es: "Sie zogen auf einem anderen Weg heim in ihr Land." Dahinter steckt die Erfahrung, die auch nicht wenige Helfende unserer Tage machen: Wo ich mich berühren lasse vom Schicksal anderer, da verändert sich mein Weg. Viele Jahre später nannte man daher auch diejenigen, die mit Jesus unterwegs waren, die "Anhänger des neuen Weges". Für Christen heute ist Weihnachten Ermutigung und Herausforderung zugleich: Wo fordert Gott mich heraus, einen neuen Weg zu gehen, der Anderen - und auch mir selbst - die Erfahrung der eigenen, unverlierbaren Würde schenkt? In diesem Sinne wünsche ich uns berührende Begegnungen und neue Wege!
- Der Autor ist seit September 2013 Weihbischof in der Erzdiözese Freiburg.
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