Frankfurt am Main (ots) - Das Bundessozialgericht in Kassel hat gestern (3.April 2014) entschieden, dass sich Syndikusanwälte nicht von der Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen können. In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Vorsitzende des zuständigen 5. Senats, Dr. Josef Berchtold, aus, dass die Tätigkeit als Syndikus einer Tätigkeit als Rechtsanwalt zwar nicht entgegen stehe, sie ihr aber auch nicht zuzurechnen sei. Wer eine im Sinne des Arbeitsrechts abhängige Beschäftigung als festangestellter Unternehmensjurist im Unternehmen nachgehe, könne demnach kein Rechtsanwalt sein, so die Kasseler Richter.
Dieses für Syndikusanwälte unerwartete und hinsichtlich der individuellen und branchenweiten Auswirkungen katastrophale Urteil ist aus Sicht des BUJ in keiner Weise nachvollziehbar. Das Kasseler Urteil verkennt die juristische Arbeitsweise im Unternehmen vollständig. Es legt ein anwaltliches Berufsbild zugrunde, das es so heute längst nicht mehr gibt. Der Syndikusanwalt ist eindeutig ein zentraler Bestandteil der Rechtsanwaltschaft. Besonders enttäuschend ist die Tatsache, dass das Bundessozialgericht das innerbetriebliche Weisungsrecht offensichtlich völlig missverstanden hat. Denn für eine anwaltliche Tätigkeit im Unternehmen kann es nicht von Relevanz sein, ob man etwa einen Urlaubsantrag genehmigen lassen muss; entscheidend ist vielmehr die Tatsache, wie weisungsgebunden die juristische Tätigkeit ausgestaltet ist. Und hier steht zweifelslos fest: Der Syndikusanwalt ist (erst recht im Vergleich zum festangestellten Rechtsanwalt in einer Kanzlei) in seinem rechtlichen Rat nicht weisungsgebunden - das entspricht nicht nur den Grundsätzen des anwaltlichen Berufsrechts, sondern liegt bereits in der Natur der Sache. Ob und wie der Arbeitgeber den juristischen Rat seines Unternehmensanwalts umsetzt, ist dann dessen unternehmerische Entscheidung. Insofern unterscheidet sich die Tätigkeit eines Syndikus in keiner Weise von der eines "freien" Rechtsanwalts, denn auch dieser trifft keine Umsetzungsentscheidung, sondern sein Mandant.
Für die Syndikusanwälte in Deutschland hat das gestrige Urteil weitreichende Folgen: All diejenigen Kollegen, die einen aktuellen Befreiungsbescheid für ihre derzeitige Tätigkeit haben, genießen nach Aussage des Vorsitzenden Richters Dr. Berchtold Bestandsschutz. Bei einem künftigen wesentlichen Tätigkeitswechsel oder einem Arbeitgeberwechsel muss dieser gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) angezeigt werden und die Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung lebt wieder auf. Offen ist dagegen die Frage, was mit denjenigen Kollegen passiert, die zwar eine grundsätzliche Befreiung besitzen, ihren Arbeitgeber- oder Tätigkeitswechsel vor dem 31. Oktober 2012 jedoch nicht angezeigt haben. Denn noch am 10. Januar dieses Jahres hat die DRV Bund mit einer öffentlichen Information bekannt gegeben, dass diesen Kollegen die Möglichkeit gegeben wird, den Antrag nachzuholen. Mit dem gestrigen Urteilsspruch wäre diese Aussage de lege lata gegenstandslos.
Wichtig ist nun, eine gesetzliche Änderung herbeizuführen, die unzweifelhaft feststellt, dass auch der Syndikusanwalt eindeutig in seiner Tätigkeit beim Unternehmen als Rechtsanwalt tätig ist. Der Doppel- bzw. Zweitberufstheorie muss zeitnah jegliche Grundlage entzogen werden. Neben der nun erforderlichen gesetzlichen Klarstellung darf auch eine mögliche Verfassungsbeschwerde gegen das gestrige Urteil dabei kein Tabu sein. Das Präsidium des BUJ wird kurzfristig alle möglichen Initiativen ergreifen, um die Folgen des Urteils zu beseitigen. Am 20. Mai besteht auf dem Syndikus Summit in Stuttgart zudem die Möglichkeit, sich aus erster Hand zu informieren, wenn Christoph Skipka von der DRV Bund und Herr Rechtsanwalt Martin Huff, ein Vertreter eines Beigeladenen, zu diesem Thema referieren werden.
Eines steht jedenfalls fest: Der Gesetzgeber ist nun mehr denn je gefordert, die Stellung des Syndikusanwalts gesetzlich zu regeln. Die deutschlandweit gut 40.000 in Unternehmen tätigen Rechtsanwälte benötigen Rechtssicherheit nicht nur bezüglich ihres anwaltlichen Status, sondern auch bezüglich ihrer Altersversorgung. Der BUJ wird daher nun noch intensiver darauf drängen, dass den Ausführungen im Koalitionsvertrag zum Bestandsschutz der Versorgungwerke Kontur verliehen wird. Dies muss gerade auch im Interesse der Rechtsanwaltskammern liegen, denn Kassel hat gestern in den Urteilsgründen ausdrücklich betont, dass auch die Befreiung als festangestellter Anwalt in einer Kanzlei nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Die viel zitierte Gefahr einer Spaltung der deutschen Anwaltschaft ist nach gestrigem Urteil also immanenter denn je.
Der Vorstand des Bundesverbandes der Unternehmensjuristen e.V. (BUJ)
Mainzer Landstraße 251 60326 Frankfurt am Main
Telefon: +49(0)69/7595-3060 Telefax: +49(0)69/7595-3065 E-Mail: geschaeftsstelle@buj.net
www.buj.net
Präsidentin: Elisabeth Roegele Vizepräsident: Niels Hartwig, Roland Kirsten Schatzmeister: Götz Kaßmann Beisitzer: Dr. Claudia Junker, Dr. Thomas Kremer, Thomas-Gerd Kühn, Dr. Ingo Schaffernak, Dr. Jürgen Reul, Georg von Bronk, Dr. Martin Wagener, Dr. Marion Welp
Registergericht: Amtsgericht Frankfurt am Main Vereinsregister Nr.: VR 14631
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Pressekontakt: Bundesverband der Unternehmensjuristen e.V. (BUJ) Tim Proll-Gerwe Mainzer Landstraße 251 60326 Frankfurt am Main Telefon: +49(0)69/7595-3063 Telefax: +49(0)69/7595-3065 E-Mail: tim.proll-gerwe@dfv.de
Dieses für Syndikusanwälte unerwartete und hinsichtlich der individuellen und branchenweiten Auswirkungen katastrophale Urteil ist aus Sicht des BUJ in keiner Weise nachvollziehbar. Das Kasseler Urteil verkennt die juristische Arbeitsweise im Unternehmen vollständig. Es legt ein anwaltliches Berufsbild zugrunde, das es so heute längst nicht mehr gibt. Der Syndikusanwalt ist eindeutig ein zentraler Bestandteil der Rechtsanwaltschaft. Besonders enttäuschend ist die Tatsache, dass das Bundessozialgericht das innerbetriebliche Weisungsrecht offensichtlich völlig missverstanden hat. Denn für eine anwaltliche Tätigkeit im Unternehmen kann es nicht von Relevanz sein, ob man etwa einen Urlaubsantrag genehmigen lassen muss; entscheidend ist vielmehr die Tatsache, wie weisungsgebunden die juristische Tätigkeit ausgestaltet ist. Und hier steht zweifelslos fest: Der Syndikusanwalt ist (erst recht im Vergleich zum festangestellten Rechtsanwalt in einer Kanzlei) in seinem rechtlichen Rat nicht weisungsgebunden - das entspricht nicht nur den Grundsätzen des anwaltlichen Berufsrechts, sondern liegt bereits in der Natur der Sache. Ob und wie der Arbeitgeber den juristischen Rat seines Unternehmensanwalts umsetzt, ist dann dessen unternehmerische Entscheidung. Insofern unterscheidet sich die Tätigkeit eines Syndikus in keiner Weise von der eines "freien" Rechtsanwalts, denn auch dieser trifft keine Umsetzungsentscheidung, sondern sein Mandant.
Für die Syndikusanwälte in Deutschland hat das gestrige Urteil weitreichende Folgen: All diejenigen Kollegen, die einen aktuellen Befreiungsbescheid für ihre derzeitige Tätigkeit haben, genießen nach Aussage des Vorsitzenden Richters Dr. Berchtold Bestandsschutz. Bei einem künftigen wesentlichen Tätigkeitswechsel oder einem Arbeitgeberwechsel muss dieser gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) angezeigt werden und die Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung lebt wieder auf. Offen ist dagegen die Frage, was mit denjenigen Kollegen passiert, die zwar eine grundsätzliche Befreiung besitzen, ihren Arbeitgeber- oder Tätigkeitswechsel vor dem 31. Oktober 2012 jedoch nicht angezeigt haben. Denn noch am 10. Januar dieses Jahres hat die DRV Bund mit einer öffentlichen Information bekannt gegeben, dass diesen Kollegen die Möglichkeit gegeben wird, den Antrag nachzuholen. Mit dem gestrigen Urteilsspruch wäre diese Aussage de lege lata gegenstandslos.
Wichtig ist nun, eine gesetzliche Änderung herbeizuführen, die unzweifelhaft feststellt, dass auch der Syndikusanwalt eindeutig in seiner Tätigkeit beim Unternehmen als Rechtsanwalt tätig ist. Der Doppel- bzw. Zweitberufstheorie muss zeitnah jegliche Grundlage entzogen werden. Neben der nun erforderlichen gesetzlichen Klarstellung darf auch eine mögliche Verfassungsbeschwerde gegen das gestrige Urteil dabei kein Tabu sein. Das Präsidium des BUJ wird kurzfristig alle möglichen Initiativen ergreifen, um die Folgen des Urteils zu beseitigen. Am 20. Mai besteht auf dem Syndikus Summit in Stuttgart zudem die Möglichkeit, sich aus erster Hand zu informieren, wenn Christoph Skipka von der DRV Bund und Herr Rechtsanwalt Martin Huff, ein Vertreter eines Beigeladenen, zu diesem Thema referieren werden.
Eines steht jedenfalls fest: Der Gesetzgeber ist nun mehr denn je gefordert, die Stellung des Syndikusanwalts gesetzlich zu regeln. Die deutschlandweit gut 40.000 in Unternehmen tätigen Rechtsanwälte benötigen Rechtssicherheit nicht nur bezüglich ihres anwaltlichen Status, sondern auch bezüglich ihrer Altersversorgung. Der BUJ wird daher nun noch intensiver darauf drängen, dass den Ausführungen im Koalitionsvertrag zum Bestandsschutz der Versorgungwerke Kontur verliehen wird. Dies muss gerade auch im Interesse der Rechtsanwaltskammern liegen, denn Kassel hat gestern in den Urteilsgründen ausdrücklich betont, dass auch die Befreiung als festangestellter Anwalt in einer Kanzlei nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Die viel zitierte Gefahr einer Spaltung der deutschen Anwaltschaft ist nach gestrigem Urteil also immanenter denn je.
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