Von Hendrik Varnholt
Der angeschlagene Stahl- und Technologiekonzern ThyssenKrupp hat im zweiten Quartal seines Geschäftsjahres zum ersten Mal seit sieben Quartalen einen Gewinn erzielt - und der fiel deutlich höher aus als von Branchenexperten erhofft. Der Konzern gab am Dienstag zudem einen leicht angehobenen Ausblick für das noch bis Ende September andauernde Geschäftsjahr aus. Bei ThyssenKrupp zeigen damit Sparprogramme Wirkung. Darüber hinaus profitierte das Unternehmen im zweiten Quartal vor allem im Geschäft mit Industriegütern von einer deutlich verbesserten Nachfrage. Auch konnte sich ThyssenKrupp von einem Teil seiner Altlasten befreien.
Netto - also nach Steuern und Dritten sowie unter Einbezug aller Konzernteile - erwirtschaftete ThyssenKrupp im zweiten Quartal einen Gewinn von 269 Millionen. Das Plus fiel damit sowohl im Vergleich zum Vorjahr als auch gegenüber dem Vorquartal erheblich aus: Vor einem Jahr war bei dem Konzern noch ein Verlust von 129 Millionen Euro angefallen. Zwischen Oktober und Dezember hatte das Unternehmen einen Fehlbetrag von 65 Millionen Euro verbucht.
ThyssenKrupp weist inzwischen alle wesentlichen Geschäfte als fortgeführt aus. Nur noch kleine Altlasten bucht das Unternehmen als nicht fortgeführt, so dass das Nettoergebnis der fortgeführten Aktivitäten im zweiten Quartal mit 271 Millionen Euro nur wenig höher ausfiel als der Überschuss des Gesamtkonzerns.
Zwar hatten Analysten mit der Rückkehr in die Gewinnzone gerechnet. Mit Schätzungen von durchschnittlich 84 Millionen Euro für den Nettogewinn der fortgeführten Aktivitäten lagen die Expertenerwartungen aber deutlich unter den nun veröffentlichten Ergebnissen.
Auch das laufende Geschäft entwickelte sich zwischen Januar und März überraschend gut. ThyssenKrupp verdiente in dem Zeitraum bereinigt um Sondereffekte und vor Zinsen sowie Steuern (bereinigtes EBIT) 309 Millionen Euro, nach 193 Millionen Euro im Vorjahr. Analysten waren von einer Verbesserung auf 297 Millionen Euro ausgegangen. ThyssenKrupp begründete die Entwicklung unter anderem mit Effizienzverbesserungen. Das Ergebniswachstum zeige, dass "unser Kulturwandel tatsächlich mehr Leistungsorientierung bewirkt", zitierte der Konzern seinen Vorstandschef Heinrich Hiesinger.
ThyssenKrupp zog zudem einen Vorteil aus der steigenden Nachfrage nach seinen Produkten. Mit den fortgeführten Aktivitäten erzielte das Unternehmen im zweiten Quartal einen Erlös von 10,3 Milliarden Euro. Das Unternehmen steigerte den Umsatz damit um rund 8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Auftragseingang verbesserte sich leicht um rund 1 Prozent auf 10,2 Milliarden Euro. Analysten hatten angesichts ungünstiger Wechselkurse mit einem leichten Rückgang gerechnet.
Zu den Verbesserungen bei Umsatz und Ergebnis trugen praktisch alle Konzernteile bei. Nur im Geschäft mit seinen europäischen Stahlwerken registrierte ThyssenKrupp einen Rückgang der Erlöse. Das Unternehmen begründete dies mit "anhaltendem Preisdruck". Das operative Ergebnis (bereinigtes EBIT) der Sparte verbesserte ThyssenKrupp allerdings durch seine Sparbemühungen von 9 Millionen Euro im Vorjahresquartal auf 62 Millionen Euro. ThyssenKrupps Stahlwerk in Brasilien reduzierte den eigenen operativen Verlust von 44 Millionen Euro auf 26 Millionen Euro.
Angesichts der erheblichen Verbesserungen gab sich ThyssenKrupp am Dienstag auch für das gesamte Geschäftsjahr etwas optimistischer als bislang. Der Konzern geht nun von einem Umsatzwachstum "im mittleren bis höheren einstelligen Prozentbereich" aus. Zuvor hatte ThyssenKrupp lediglich von einem "steigenden Umsatz" gesprochen. Das bereinigte EBIT will der Konzern im laufenden Geschäftsjahr nun gegenüber dem Vorjahreswert von 586 Millionen Euro "nahezu verdoppeln". Zuvor hatte das Unternehmen ein operatives Ergebnis von rund 1 Milliarde Euro erzielen wollen. Unter dem Strich erwartet ThyssenKrupp weiter eine Verbesserung "in Richtung eines wieder ausgeglichenen Jahresergebnisses".
Im zweiten Quartal erzielte ThyssenKrupp vor allem durch den Verkauf seines US-amerikanischen Stahlwerks auch eine Verbesserung bei den Schulden. Die Netto-Finanzverbindlichkeiten gingen auf rund 4 Milliarden Euro zurück, nach 4,5 Milliarden Euro zum Ende des Vorquartals. ThyssenKrupp hatte die Produktionsanlage im US-Staat Alabama nach zähen Verhandlungen im Februar zum Preis von 1,55 Milliarden US-Dollar an ein Konsortium aus ArcelorMittal und Nippon Steel abgegeben. Das zunächst ebenfalls zum Verkauf gestellte Werk in Brasilien behielt der Konzern allerdings.
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May 13, 2014 01:00 ET (05:00 GMT)
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