Die geplanten Rabatte für Zeitungsverleger bei den Sozialbeiträgen für Minijobber als Gegenleistung für den Mindestlohn haben erneut den Widerstand des Unions-Wirtschaftsflügels entfacht. Das Haus von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte mit den Verlegern eine Sonderregelung ausgehandelt, wonach Zeitungsverlage für Zusteller zwar den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde von 2015 an einführen sollen, im Gegenzug aber für fünf Jahre durch geringere Sozialabgaben für diese Minijobber entlastet werden sollen.
Unterdessen kündigte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Änderungen an den bisherigen Koalitionsplänen für einen Mindestlohn für Praktikanten an. "Wir lösen Ihr Problem", sagte der SPD-Chef am Freitag in Berlin vor Familienunternehmern auf die Frage nach Ausnahmen für Praktikanten. Konkrete Angaben machte er aber nicht.
Der Mindestlohn soll am kommenden Donnerstag vom Bundestag beschlossen werden. Nahles stand bei den Verlegern unter Druck, weil die Koalitionsfraktionen von Union und SPD im Sinne der Pressefreiheit sichergestellt haben wollten, dass Zeitungen auch in Zukunft noch auf dem flachen Land beim Leser ankommen.
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Fuchs (CDU), sagte aber nun der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ("FAZ"/Freitag), die Wirtschaftspolitiker der Union hielten solche selektiven Eingriffe für verfassungsrechtlich fragwürdig und ordnungspolitisch verfehlt. Auch die Pressefreiheit rechtfertige keine Besserstellung der Verlage. Die Koalition müsse für alle Unternehmen und Branchen "die schlimmsten Ecken und Kanten des Gesetzesentwurfs" beseitigen.
Die Union will, dass auch andere Bereiche wie Saisonarbeiter in der Landwirtschaft vom Mindestlohn ausgenommen werden. Die Vorsitzende des Agrarausschusses, Gitta Connemann (CDU), sagte der "Rheinischen Post" (Freitag): "Ohne spezielle Lösung für Erntehelfer werden Spargel, Erdbeeren, Gurken und Wein aus deutschen Landen der Vergangenheit angehören - das könnte ich nicht verantworten." Man stehe bei der Saisonarbeit im Wort.
Bei den Vergünstigungen für Zeitungsverlage geht es um Minijobber mit Monatsbezügen von 450 Euro, auf die ihren Arbeitgebern mehr als die Hälfte der Sozialabgaben erlassen werden soll. Diese gewerblich Beschäftigten sollen behandelt werden wie Minijobber in Privathaushalten. Der Mindestlohn von 8,50 Euro könnte für die Verlage Mehrkosten von 225 Millionen Euro für ihre 160 000 Zusteller verursachen, so die "FAZ".
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Brigitte Pothmer, sprach von einem "schmutzigen Deal". Dieses Kompensationsgeschäft dürfe es nicht geben, "darin sind wir uns mit der Union einig". Sonst werde der Mindestlohn "zum Konjunkturprogramm für noch mehr Minijobs". Denn die angebotene Sonderregelung für die Zeitungs-Arbeitgeber wecke Begehrlichkeiten bei anderen. "Schon fordert der Einzelhandel ebenfalls eine Rabatt-Regelung für Minijobs."/rm/DP/jkr
AXC0157 2014-06-27/14:39