Von Andreas Kißler
BERLIN--Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, sieht Russland und den Westen bereits in einer gegenseitigen Sanktionsspirale und warnt vor einer weiteren Verschärfung des Konfliktes. Die gesamte Situation im Ukraine-Konflikt drohe endgültig zu eskalieren, sagte Erler im Deutschlandfunk. "Zurück an den Verhandlungstisch", forderte der SPD-Politiker.
Erler kritisierte, dass die EU und USA nun überlegten, auf die russischen Gegensanktionen mit weiteren Strafaktionen zu antworten. "Wir sind schon in der Spirale drin", meinte er. Diese könne nur dadurch unterbrochen werden, dass die Konfliktparteien zurück an den Verhandlungstisch kehren. Darauf müssten sich die Anstrengungen des Westens nun konzentrieren.
Die von Russland verhängten Gegenmaßnahmen nach den Sanktionen der EU und der USA haben Befürchtungen einer eskalierenden "Sanktionsspirale" neue Nahrung gegeben. Die deutsche Wirtschaft hatte bereits vor der Verhängung der Sanktionen durch die Europäische Union Anfang vergangener Woche vor einer solchen Entwicklung gewarnt. Russland hat als Reaktion auf die jüngsten Wirtschaftssanktionen die Einfuhr zahlreicher Agrargüter aus der EU und den USA verboten.
Ökonomen sagen, im weiteren Jahresverlauf werde viel davon abhängen, wie die Krise in der Ukraine weiter verläuft. Die Spannungen in der Ostukraine haben sich zuletzt erneut verschärft, und die Befürchtungen sind gestiegen, dass Russland in der Ostukraine einmarschieren könnte.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat erst am Donnerstag eine Zunahme von Risiken aus den internationalen Krisen und einen besonderen Einfluss der Ukraine-Krise auf die Eurozone konstatiert. Weil das gestiegene geopolitische Risiko "die wirtschaftlichen Bedingungen negativ beeinflussen" könnte, werde der EZB-Rat die Entwicklung aufmerksam beobachten, kündigte Draghi nach der Sitzung des EZB-Rats an. "Es ist sehr schwer abzuschätzen, wie die Auswirkung sein wird, sind erst einmal Sanktionen auf der einen Seite und Gegensanktionen auf der anderen Seite ergriffen", betonte er. Risiken sieht die EZB nach seinen Worten bei den Energiepreisen und für die weltweite Nachfrage nach Produkten des Euroraums.
Die Spirale von Sanktionen und Gegensanktionen bringe keine Seite weiter, betonte auch der Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer in Moskau, Michael Harms. "Mit diesen Sanktionen und Gegensanktionen sind wir in eine Spirale hineingeraten, vor der wir immer gewarnt haben." Für die Ernährungswirtschaft sei Russland einer der wichtigsten Exportmärkte. "Das wird die deutsche Wirtschaft treffen", sagte Harms im Deutschlandfunk. Er rechnete mit deutlichen Einbußen bei den Herstellern.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) erklärte, die Auswirkungen des von der russischen Regierung verhängten Einfuhrverbots für Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Obst und Gemüse aus allen EU-Staaten und den USA seien noch nicht abzusehen. "Klar ist aber: Sie werden spürbar sein", sagte Schmidt am Donnerstag zu Journalisten.
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August 08, 2014 04:09 ET (08:09 GMT)
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