Die Spannung wächst: An diesem Sonntagmittag will die Europäische Zentralbank (EZB) die Ergebnisse ihrer umfangreichen Überprüfung der 130 größten Banken der Eurozone vorlegen. Institute, die an den Kapitalvorgaben scheitern, müssen dann binnen zwei Wochen Pläne vorlegen, wie sie ihre Lücken schließen wollen. Die deutschen Banken gaben sich zuletzt entspannt. Allgemein wird inzwischen damit gerechnet, dass trotz einiger Wackelkandidaten alle 24 hierzulande geprüften Institute bestehen. Durchfaller werden vor allem unter den kleineren Geldhäuser in Südeuropa erwartet.
Es sei wahrscheinlich, "dass alle deutschen Banken der Stresstest überlebt haben", zitierte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Freitag) den Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, in dessen Funktion als Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken. Das hieße, dass auch die zuletzt als größter Wackelkandidat gehandelte HSH Nordbank durchkommen würde. Die EZB hatte allerdings bereits am Mittwoch vor voreiligen Schlüssen gewarnt. Bis zum Sonntag seien alle Resultate vorläufig und alle Schlussfolgerungen über das Abschneiden von Instituten hoch spekulativ.
Am Donnerstag übermittelte die EZB um 12 Uhr mittags die vorläufigen Endergebnisse den Banken. Bis Samstagmittag haben die Institute nun Zeit, möglichen Korrekturbedarf anzumelden und der Veröffentlichung der Zahlen zuzustimmen. Endgültig feststehen werden die Ergebnisse am Sonntag, wenn die EZB sie um 12 Uhr nach einer Sitzung des EZB-Rats veröffentlicht.
Die Chefin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Elke König, erwartet eine turbulente Schlussphase. Es werde noch die "eine oder andere Korrekturschleife" geben, sagte sie der "Börsen-Zeitung" (Freitag). König gab sich überzeugt, dass trotz allen Zeitdrucks am Ende eine solide Überprüfung der Bankbilanzen und ernstzunehmende Stresstestergebnisse stehen werden. Auch Bankenvertreter hatten zuletzt immer wieder betont, dass die Überprüfung sehr hart gewesen sei.
Die EZB hat in den vergangenen Monaten im gesamten Euroraum 130 Geldinstitute auf Herz und Nieren geprüft. Dabei schaute sie sich zunächst direkt die Bilanzen an und checkte dabei, ob Millionen von Krediten richtig bewertet sind. Anschließend schickten die Aufseher die Institute durch einen Stresstest, in dem ein Wirtschaftseinbruch samt Verfall von Immobilienpreisen simuliert wurde. Im Kern geht es um die Frage: Verfügen die Institute über genügend eigenes Kapital, um im Fall einer neuen Krise nicht in die Knie zu gehen. Institute, die durchgefallen sind, haben dann sechs bis neun Monate Zeit, um ihre Lücken zu schließen.
Mit dem Test will die EZB neues Vertrauen in die Stabilität der
Banken schaffen. Die bisherigen Stresstests seit der Finanzkrise in
Europa hatten das nicht geschafft. Mit den neuen Tests verbindet die
EZB die Hoffnung, dass die Banken auch ihre Kreditvergabe an die
Wirtschaft wieder erhöhen. Viele Banken haben angesichts der Tests
bereits reagiert. So beschafften sich im zweiten Quartal die
Deutsche Bank
Die Überprüfung ist für die EZB ein Balanceakt. Einerseits müssen die Tests so hart sein, dass sie an den Finanzmärkten ernstgenommen werden. Gefährlich wäre aber, wenn zu große Kapitallücken auftreten würden. Das könnte die Banken in neue Krisen stürzen. Analysten hatte sich zuletzt aber zuversichtlich gezeigt, dass die Löcher überschaubar sein dürften. Das "Wall Street Journal" (Freitag) schrieb, dass sich die gesamte Kapitallücke auf etwa 10 Milliarden Euro belaufen dürfte. Die spanische Nachrichtenagentur Efe hatte in diese Woche gemeldet, dass mindestens elf Banken durchgefallen sein dürften.
Hintergrund der Prüfungen ist der Start der Bankenaufsicht bei der EZB als Teil der neuen Bankenunion. Die Notenbank in Frankfurt übernimmt am 4. November die zentrale Kontrolle über die 120 wichtigsten Banken in der Währungsunion - und muss dazu genau über den Zustand der Kreditwirtschaft Bescheid wissen. Mit den Checks will die EZB sicherstellen, dass ihr nach der Übernahme der zentralen Bankenaufsicht keine bösen Überraschungen drohen./enl/stw/stb
--- Von Erik Nebel, dpa-AFX ---
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