Von Natali Schwab
Der Baukonzern Hochtief will künftig mehr Geld mit deutschen Infrastrukturprojekten verdienen. Dazu wollen die Essener ihr Geschäft in Deutschland nach dem Umbau der Europasparte wieder stärker ausbauen. Die Hoffnungen liegen dabei auf einem Aufschwung bei privat finanzierten öffentlichen Projekten, genannt PPP.
Hochtief-Vorstand Nikolaus Graf von Matuschka, gleichzeitig Chef der Europasparte, hält öffentlich-private Partnerschaften für eine gute zusätzliche Option zur klassischen Auftragsvergabe. Denn Deutschland schiebt einen gewaltigen Investitionsstau vor sich her. "In die Infrastruktur wird weniger investiert als abgeschrieben - das geht an die Substanz. Eine funktionierende Infrastruktur ist jedoch das Nervensystem der deutschen Wirtschaft", sagte er im Gespräch mit dem Wall Street Journal Deutschland.
Bei öffentlich privaten Partnerschaften übernimmt die Wirtschaft die Verantwortung für Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb. Die Verträge laufen meist über mehrere Jahrzehnte. Danach gehen die Projekte wieder in die öffentliche Hand über.
"Wir als Hochtief Europe werden das Geschäft im deutschen Markt wieder sehr stark ausbauen", kündigte von Matuschka an. Planungssicherheit vorausgesetzt, werde Hochtief die Ressourcen den Bedürfnissen entsprechend aufbauen. Die Sparte sieht er nach der vor knapp zwei Jahren angestoßenen Restrukturierung richtig aufgestellt, um davon zu profitieren.
Die PPP-Projekte sind für den Baukonzern lukrativ. Seit der Entscheidung, das Europageschäft komplett umzubauen und wieder ganz auf den Bau zu konzentrieren, steht der Bereich wieder ganz oben auf der Agenda. "PPP ist einer unserer wichtigen Motoren für unser Baugeschäft."
Die Gründe sind vielfältig. So könnten konjunkturelle Zyklen besser aufgefangen werden, erklärt von Matuschka. "PPP ist für uns deshalb so attraktiv, weil wir die ganze Laufzeit betrachten können. So haben wir auch eine ganz andere Auslastung. Denn das klassische Baugeschäft bleibt auf einen einzelnen Markt betrachtet saisonal und ist gewissen Schwankungen ausgesetzt."
Desweiteren ist der Konkurrenzdruck insbesondere in Deutschland nicht so hoch, wie bei klassischen Bauaufträgen, bei denen auf die Ausschreibungen sehr viele Wettbewerber antworten. Denn um PPP-Projekte stemmen zu können, bedarf es einer gewissen Größe und Kapitalkraft. Und schlussendlich: "Wir erreichen höhere Margen als bei klassischen Bauaufträgen."
Mittelfristig will Hochtief Europe eine Milliarde Euro Bauvolumen durch PPP-Projekte generieren. Dabei sieht er auch Chancen für den europäischen Markt. "Viele Länder in Europa sind, was Infrastruktur angeht, in einer ähnlichen Situation."
Im dem seit vielen Jahren schwächelnden Europageschäft war zuletzt kaum ein Stein auf dem anderen geblieben, Stellenabbau inklusive. Die Sparte wurde in vier operative Gesellschaften aufgegliedert, die eigenständig am Markt auftreten. Nicht zum Kerngeschäft Bauen gehörende Geschäftsfelder wurden verkauft - etwa die Flughäfen, das Dienstleistungsgeschäft, der Immobilienbereich oder zuletzt die Offshore-Sparte.
"Die Restrukturierung als solche ist abgeschlossen, derzeit sind wir in der Umsetzung. Wir können heute nicht sagen, dass wir fertig sind, oder in den nächsten Monaten fertig sein werden. Das braucht zwei, drei Jahre. Das verlangt dem Unternehmen und auch den Mitarbeitern sehr viel ab. Wir alle sind aber davon überzeugt, dass es sich auszahlen wird."
Deutschland bleibe "unser Heimatmarkt", versichert von Matuschka. Bei der Auswahl der Projekte will der Konzern jedoch stärker als zuvor "auf das Risikoprofil und auf faire Ertragschancen" achten. Zwar habe Hochtief seine Risikostruktur verbessert. Auf riskante Prestigeprojekte will man künftig verzichten. "Da waren wir an vielen Stellen noch nicht konsequent genug", räumt von Matuschka ein.
Kontakt zum Autor: natali.schwab@wsj.com
DJG/nas/kla
(END) Dow Jones Newswires
November 11, 2014 02:42 ET (07:42 GMT)
Copyright (c) 2014 Dow Jones & Company, Inc.