Von Andreas Kißler
BERLIN--Die Bundesregierung will Anleger künftig besser vor den Risiken des so genannten "Grauen Kapitalmarktes" schützen. Der am Mittwoch vom Kabinett auf den Weg gebrachte Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes sieht neue Transparenzregeln und mehr Aufsichtsbefugnisse für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor und verbietet unter anderem Werbung für Vermögensanlagen im öffentlichen Raum.
Mit dem Gesetz zieht die Regierung vor allem die Lehren aus dem Pleitefall Prokon. Der später in die Insolvenz gegangene Windkraftanlagenbetreiber hatte etwa 75.000 Anlegern Genussscheine verkauft und dafür massiv in der Hamburger U-Bahn geworben. Dem soll das neue Gesetz einen Riegel vorschieben. Auch weitere Regelungen zielen darauf ab, dass die Anleger die Risiken von Vermögensanlagen besser einschätzen können.
Verstoßen Anbieter gegen Regeln des Anlegerschutzes, soll die BaFin auf ihrer Internetseite Maßnahmen und Bußgeldentscheidungen bekannt machen können. Erhebt sie erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz oder sieht sie Gefahren für das Funktionieren der Finanzmärkte, kann die Aufsichtsbehörde den Vertrieb bestimmter Finanzprodukte beschränken oder gleich ganz untersagen.
"Wir weiten die strikten Regeln zum Anlegerschutz auf weitere Produkte aus, verbieten irreführende Werbung und geben der Aufsicht neue Rechte", betonte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Allerdings könne die Entscheidung über eine Anlage und das damit verbundene Risiko "nur jeder selbst treffen".
Als besondere Lehre aus dem Fall Prokon sieht der Gesetzentwurf für alle Vermögensanlagen eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten und eine Kündigungsfrist von mindestens zwölf Monaten vor. Zusätzlich zum Verbot der Werbung für Vermögensanlagen in Bussen oder Bahnen muss die weiter zulässige Werbung in Printmedien künftig einen deutlichen Hinweis auf das Verlustrisiko enthalten.
Anlageprospekte sollen künftig nur noch zwölf Monate gültig sein und auf der Internetseite des Anbieters in aktualisierter Form zur Verfügung stehen. Alle Tatsachen, die die Erfüllung von Verpflichtungen gegenüber den Anleger erheblich beeinträchtigen können, müssen unverzüglich veröffentlicht werden, auch nach Ende des öffentlichen Angebots.
Um Start-up-Finanzierungen nicht zu gefährden, sieht das Kabinett aber nach heftigen Protesten Ausnahmen für das Crowdinvesting vor. Unter anderem soll dafür bis zu einem Betrag von 1 Million Euro kein Prospekt nötig sein, wenn sich einzelne Investoren nicht mit mehr als 1.000 Euro beteiligen bzw maximal 10.000 Euro bei ausreichenden Vermögens- und Einkommensnachweisen.
Aus der Branche wurde das allerdings als nicht ausreichend kritisiert. "Die Bundesregierung konterkariert mit dem Gesetz ihr Ziel, Start-ups künftig besser zu unterstützen", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Hochtechnologieverbandes BITKOM, Bernhard Rohleder. "In anderen Ländern wie Großbritannien gelten Obergrenzen, die um ein Vielfaches höher liegen."
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November 12, 2014 08:01 ET (13:01 GMT)
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