Von Scott Patterson und Ryan Tracy
US-Regulatoren räumen der Wall Street einen wichtigen Aufschub ein. Eigentlich hätten sich die Großbanken bald aus gewissen riskanten Investments zurückziehen müssen. Doch die US-Notenbank Fed gibt den Instituten jetzt zwei zusätzliche Jahre Zeit, um Anteile an Beteiligungsgesellschaften, Wagniskapital- sowie Hedgefonds abzustoßen, die unter die sogenannte Volcker-Regel fallen.
Der jetzt erreichte Zeitgewinn ist eine Wohltat für die Geldhäuser. Sie benötigen nach eigenen Angaben mehr Zeit, um ihre Positionen abzuwickeln. Die Volcker-Regel ist das Kernstück der Dodd-Frank-Finanzgesetzgebung aus dem Jahr 2010, mit der Banken stärker von riskanten Aktivitäten abgehalten werden sollen, die die vom Staat abgesicherten Einlagen gefährden.
Der Schritt der Fed verschiebt die Frist für die Banken von 2015 auf 2017. Die Maßnahme solle die potenziellen Verwerfungen an den Märkten angesichts der erheblichen Verkäufe von Aktiva schmälern, machte die Fed in ihrer Ankündigung deutlich.
Der Fed-Entscheid markiert einen weiteren Sieg für die Wall Street in ihren Anstrengungen, die Dodd-Frank-Regulierungen zu verzögern oder abzumildern. Der jüngste Budget-Deal des US-Kongress enthält zudem eine Passage, die auch wiederum der Finanzbranche zugute kommt. Demnach wird eine Auflage drastisch abgemildert, wonach gewisse Swap-Handelsaktivitäten aus der staatlichen Einlagensicherung ausgeklammert worden wären.
Die nach dem ehemaligen Fed-Chef Paul Volcker benannte Regel ist der wohl am schärfsten bekämpfte Teil der Dodd-Frank-Gesetzgebung. Der Grund: Sie greift tief in die profitabelsten Geschäftsbereiche der Banken ein. Seit die Auflage vor einem Jahr verabschiedet wurde, kämpft die Wall Street für einen mehrjährigen Aufschub für das Inkrafttreten der Volcker-Regel und ihres erzwungenen Aktivaverkaufs.
Doch Verbraucherschützer setzen hinter die Fed-Maßnahme Fragezeichen. Wie ernst nehmen die Aufseher eigentlich die Regel? "Es ist enttäuschend", ärgert sich Direktor Marcus Stanley von der gemeinnützigen Organisation Americans for Financial Reform. "Ob die Volcker-Regel tatsächlich erfolgreich implementiert wird, hängt immer noch in der Luft."
Firmen wie Goldman Sachs, Morgan Stanley und J.P. Morgan Chase werden von der jetzigen Ankündigung profitieren. Allein Goldman hat rund 7 Milliarden Dollar in Beteiligungsgesellschaften investiert, so die Bank in einer Pflichtmitteilung vom November.
Der Aufschub ist nicht so großzügig ausgefallen, wie sich die Wall Street erhofft hatte. Die Banken hatten die Fed stark auf eine Fristverlängerung um sieben Jahre gedrängt, wie das Wall Street Journal im August berichtete. Insgesamt behält sich die Fed aber die Option offen, den Banken zusätzliche fünf Jahre für manche "illiquide" Fondsinvestments einzuräumen. Doch zuletzt legte sich die Zentralbank nicht fest, ob sie die Option tatsächlich wahrnimmt.
Der Kongress verabschiedete die Volcker-Auflagen, um die Geldhäuser allgemein zu zwingen, sich mit riskanten Wetten zurückzuhalten, die große, destabilisierende Verluste auslösen können. Die Regel schiebt bei Handelsaktivitäten den Banken einen Riegel vor, die einzig und allein für Profite der Geldhäuser eingegangen werden. Traditionelle Bankgeschäfte wie der Kauf und Verkauf von Aktiva im Auftrag von Kunden sind auch künftig möglich.
Die Einschränkungen bei Fondsinvestments gehören zum umstrittensten Teil der Volcker-Regel. Aufseher, die die Regel formulierten, stritten darüber, wie welche Investmenttypen zu definieren sind und ob sie überhaupt unter die Auflage fallen. Es gab Bedenken, dass die Regel möglicherweise umgangen werden könne.
Die Banken drängten insbesondere auf mehr Zeit, da sie vielfach kaum gehandelte Aktiva in ihren Büchern halten - etwa komplexe Derivate auf Immobilien. Beteiligungsgesellschaften investieren ihre Mittel häufig in Projekte, die sich erst mehrere Jahre später auszahlen. Die Wall Street hatte argumentiert: Wenn sie sich aus Investitionen zu schnell zurückziehen müsse, könnte das zu Verwerfungen an den Märkten und ungünstigen Preisen führen. Das würde dann auch andere Investoren in Mitleidenschaft ziehen. Der Fed-Entscheid gilt auch nur für Investitionen, die bereits vor Dezember 2013 getätigt wurden.
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December 19, 2014 05:18 ET (10:18 GMT)
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