22. Dezember 2014. Unverändert wechselhaft stufen technisch orientierte Analysten die Großwetterlage an den Aktienbörsen zum Jahreswechsel ein.
2014 wird Anlegern vermutlich vor allem als schwankungsintensiv in Erinnerung bleiben, denn es mangelte nicht an börsenrelevanten Ereignissen. Themen wie der Ukraine-Konflikt, das Erstarken des Islamistischen Staates, der anhaltende Ölpreisverfall, der Rubel-Sturzflug, eine immer mal wieder aufflammende europäische Schuldenkrise, überwiegend schwache Konjunkturdaten aus dem Euroraum oder das Auslaufen des Anleihen-Kaufprogramm vonseiten der Federal Reserve sorgten regelmäßig für Unsicherheit am Markt. Andererseits verbreiteten billiges Geld der Notenbanken aus Industrienationen, eine wider Erwarten nicht ganz so stark abkühlende chinesische Wirtschaft und eine zündete US-Konjunktur streckenweise Optimismus.
Entsprechend volatil ging es an den Aktienmärkten zu. Der DAX bewegte sich im Jahresverlauf zwischen 10.093 und 8.354 Punkten. Unterm Strich legte das hiesige Aktienbarometer seit Januar von 9.400 auf 9.786 Punkte zu. Das ist ein Plus von 4,1 Prozent.
Parkett wieder en vogue
Trotz der Krisen wagten sich 2014 viele Unternehmen erstmals aufs Parkett, wie aus einer Studie von PwC hervorgeht. Europaweit gab es demnach bis Ende November mit 344 Börsengängen und einem platzierten Volumen von knapp 50 Milliarden Euro einen beachtlichen Zuwachs von 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Damit verzeichnen die europäischen Börsen 2014 die stärksten IPO-Aktivitäten seit 2007", bemerkt Christoph Gruss von PwC.
Weltweit stieg die Zahl der Neulinge an den Börsen nach Angaben von Konkurrenten EY, vormals Ernst & Young, um 35 Prozent auf 1.206 Unternehmen. Die damit erzielten Erlöse lägen 50 Prozent über den Einnahmen des Vorjahres.
Technisch kaum verändert
Seit September herrscht nach Auffassung von Franz-Georg Wenner beim deutschen Aktienbarometer ein offener Schlagabtausch zwischen Bullen und Bären. Dennoch hat sich nach Meinung des Betreibers von chartanalysen-online.de aus technischer Perspektive im Laufe des Jahres wenig getan. In den ersten knapp fünf Monaten sei der DAX mit kaum Volatilität und ein paar kleinen Fehlausbrüchen in einer Range von rund 800 Punkten mehr oder weniger gependelt. "Rund ein halbes Jahr später haben wir immer noch keinen klaren Trend im Chart, erleben dafür aber eine Achterbahnfahrt der Gefühle." Nach 9.200 Punkten Mitte November stand der DAX rund drei Wochen später bei 10.000 Zählern und erst vor wenigen Tagen wieder bei 9.200 Punkten.
"Gibt es Gründe, warum die Marktkapitalisierung der 30 Bluechip-Unternehmen am 11. November bei 921 Milliarden Euro liegt und drei Wochen später 988 Milliarden Euro aufgerufen werden", fragt sich der technische Analyst. Immerhin liege die Differenz von rund 67 Milliarden Euro deutlich über dem gesamten Börsengewicht des TecDAX von 59 Milliarden Euro.
"Trotz der enormen Volatilität im Markt ist eigentlich nichts passiert", bemerkt der technische Analyst. Auf der Unterseite habe der DAX 50 Prozent der Aufwärtsbewegung von Mitte Oktober bis Anfang Dezember korrigiert und nach oben deckele der Widerstand um 10.100 Punkte. Für Wenner ist die Vorgabe für 2015 klar: "Erst wenn der DAX auch oberhalb von 10.100 Punkten noch gekauft wird oder per Tagesschluss unter 8.840 Zähler fällt, sollte man aufpassen."
Es fehlt die Richtung
Die technischen Indikatoren für die kommende Woche sind nach Ansicht von Ralf Umlauf von der Helaba uneinheitlich. "Während sich MACD und Stochastic gen Norden richten, zeugt der schwache ADX von fehlender Trendstärke." Auf Tagesbasis lägen MACD und Stochastic zudem unterhalb ihrer Signallinien. "Deshalb ist es keineswegs eine ausgemachte Sache, dass sich der DAX zu neuen Höhen aufschwingen kann." Auch der DMI stehe weiterhin im Verkauf. "Hürden finden sich bei 9.990 und 10.093 Punkten." Unterstützungen sieht Umlauf bei 9.671 und um 9.500 Zähler.
Niedriger Ölpreis ein Gewinn
Fundamental wirken der starke Ölpreisrutsch und der schwache Euro für die Helaba übrigens wie Konjunkturprogramme. Die Kosten für den Import von Öl lägen auf Basis der Gemeinschaftswährung mittlerweile rund 37 Prozent niedriger als im Sommer. Davon geht nach Ansicht von Stefan Mütze ein nicht unerheblicher Wachstumsimpuls aus. "Entlastet werden die Verbraucher, die die eingesparten Ausgaben bereits zum Weihnachtsgeschäft anderweitig verwenden können." Auch die Ertragslage von energieintensiven Unternehmen verbessere sich durch den fallenden Ölpreis.
Damit stuft der Helaba-Analyst die Aussichten für die deutsche Wirtschaft trotz geopolitischer Risiken und einer schwachen Wirtschaft in vielen Schwellenländern als gar nicht so schlecht ein. "Wachstumsimpulse sollten vom Konsum, dem Wohnungsbau und in geringem Maße auch vom Außenhandel ausgehen." Mit Lohnsteigerungen von rund 3 Prozent und einer Inflation von lediglich 1 Prozent steige das real verfügbare Einkommen der Bürger und damit die Binnennachfrage im kommenden Jahr.
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Von Iris Merker, Deutsche Börse AG © 22. Dezember 2014
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(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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