Mainz (ots) - Die Mordanschläge von Paris und Kopenhagen haben Spuren hinterlassen. Die öffentliche Debatte hat sich im Anschluss daran intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Freiheit der Kunst vor der Bedrohung durch islamistische Terroristen einknicken darf: "Je suis Charlie". Die jüdischstämmigen Bürger in Europa haben dagegen registrieren müssen, dass beide Terroranschläge auch gezielt auf ihre Glaubensbrüder gerichtet waren. Und sie hatten zuweilen den Eindruck, dass die Dimension dieser gezielten antisemitischen Bedrohung von der Mehrheitsgesellschaft nicht richtig wahrgenommen wurde. Der Aufruf des Zentralratspräsidenten der Juden, die auffällige Kopfbedeckung Kippa zumindest in sogenannten Problemvierteln nicht zu tragen, schließt mit einem Satz diese Wahrnehmungslücke. Ist dieser Weckruf berechtigt? In München zumindest nicht, wenn es nach den Erfahrungen von Terry Swartzberg geht. Zwei Jahre lang hat der amerikanischstämmige Jude jeden Tag in der Öffentlichkeit die Kippa getragen - und ist zu seiner eigenen Überraschung kein einziges Mal angepöbelt worden. Wahr ist aber auch, dass ein jüdischer Journalist bei einem eintägigen Selbstversuch in Paris Dutzende Male beschimpft worden ist - zumeist von arabischstämmigen Franzosen. Und wahr ist auch, dass die Warnung des Zentralrates insofern überflüssig ist, weil sich auch zuvor schon so gut wie kein Deutscher jüdischen Glaubens traute, die Kippa in der Öffentlichkeit zu tragen. Eine beschämende Angst, die man nicht befördern muss, die sich aber auch nicht wegdiskutieren lässt.
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