Von Jason Douglas
LONDON (Dow Jones)--Die Skandale am Finanzplatz London im Zuge der Finanzkrise reißen nicht ab: Nach dem Devisen- und Libor-Skandal nehmen Ermittler nun Geldmarktauktionen der Bank of England (BoE) in den Jahren 2007 und 2008 ins Visier. Damals griff die Zentralbank mit kurzfristigen Krediten in Milliardenhöhe Banken unter die Arme, die ihren Bedarf an kurzfristiger Liquidität nicht am Markt decken konnten.
"Die SFO kann bestätigen, dass es von der Bank of England übergebenes Material bezüglich Liquitätsauktionen während der Finanzkrise 2007 und 2008 untersucht", bestätigte das Serious Fraud Office (SFO) am Mittwoch in einer Mitteilung. Die BoE erklärte ebenfalls am Vortag, sie habe Anthony Grabiner, einen britischen Top-Anwalt, damit beauftragt, die Auktionen in den Jahren 2007 und 2008 zu untersuchen, und seine Untersuchungsergebnisse im November an das britische Betrugsdezernat SFO weitergeleitet. Weitere Angaben machte die Zentralbank mit Verweis auf die laufenden SFO-Ermittlungen nicht.
Die jüngsten Ermittlungen knüpfen an eine Reihe von Skandalen im Zusammenhang mit Interventionen der Bank of England am Finanzmarkt an.
So hat sich die Lloyds Banking Group Plc im vergangenen Jahr mit Aufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien im Libor-Streit auf einen Vergleich geeinigt. Die britische Großbank zahlte 370 Millionen US-Dollar und gestand eigenes Fehlverhalten ein. Lloyds-Mitarbeiter seien an verbotenen Absprachen zur Festlegung der London Interbank Offered Rate (Libor) und anderer Referenzzinssätze beteiligt gewesen. Der Libor ist der Referenzzinssatz im internationalen Interbankengeschäft.
Ebenfalls im vergangenen Jahr war ein ehemaliger Händler der Schweizer Großbank Credit Suisse zu einer Strafzahlung verurteilt worden. Er hatte versucht, eine Anleihe im Rahmen eines von der Bank of England 2011 aufgelegten Stimulusprogramms zu einem überhöhten Preis an die Zentralbank zu verkaufen.
Und damit der Skandale nicht genug: Erst vor wenigen Monaten hatten sich im Devisenskandal sechs Banken mit Aufsichtsbehörden in den USA, Großbritannien und der Schweiz auf eine Zahlung von insgesamt 4,3 Milliarden Dollar geeinigt. Das Fehlverhalten der Banken - darunter die schweizerische UBS, die britische HSBC und die Royal Bank of Scotland - hat sich laut Behörden auf mindestens drei Bereiche erstreckt. Die Banken haben demnach unter anderem versucht, eine innerhalb der Branche weitverbreitete Benchmark zur Festlegung von Devisenkursen zu manipulieren und zur Steigerung eigener Handelsgewinne bei ihren Kunden sogenannte Stop-Loss-Orders auszulösen.
Grabiner wurde von der Bank of England im vergangenen Jahr zunächst dann auch mit der Untersuchung in ebendiesem Devisenskandal beauftragt. Er sollte prüfen, ob Mitarbeiter der Zentralbank von den Manipulationsversuchen im Devisenskandal gewusst hatten. Der Anwalt wies bei keinem der Mitarbeiter ein Fehlverhalten nach. Ein Chef-Devisenhändler, Martin Mallett, wurde jedoch dafür kritisiert, Bedenken bezüglich möglicher Marktmanipulationen nicht mit seinen Vorgesetzten erörtert zu haben. Mallett wurde zunächst suspendiert und dann wegen eines anderen Fehlverhaltens, das während der Untersuchung zutage trat, entlassen.
Grabiners Ermittlungsergebnisse werfen ein unschmeichelhaftes Licht auf die zuweilen wie ein exklusiver Club anmutende Beziehung zwischen Großbanken in London und der Bank of England, die über Jahrzehnte hinweg in privater Hand gewesen war und historisch gesehen am Finanzplatz London sozusagen immer schon die Speerspitze bildete.
BoE-Gouverneur Mark Carney sagte britischen Abgeordenten am Dienstag, dass der Ruf der Zentralbank unter den Ermittlungen im Devisenskandal "sicherlich gelitten" habe.
Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com
DJG/DJN/reg/sha
(END) Dow Jones Newswires
March 05, 2015 03:57 ET (08:57 GMT)
Copyright (c) 2015 Dow Jones & Company, Inc.