Die Zeit heilt nicht nur Wunden, sie höhlt auch Widerstände aus. Tönte der Bundesrat noch 2009 vollmundig und unisono, dass am Bankgeheimnis festgehalten werde, haben gestern Staatssekretär Jacques de Watteville und der EU-Generaldirektor für Steuerfragen, Heinz Zourek, das Abkommen zur Einführung des automatischen Informationsaustausch (AIA) in Brüssel abgeschlossen. Das Schweizer Bankgeheimnis und bilaterale Quellensteuerabkommen sind damit Geschichte. Und eine weitere Machtverschiebung vom Bürger zum Staat geschieht ohne grossen Widerstand.
Wäre vor zehn Jahren ein solcher Vertrag noch mit Gegengeschäften verbunden gewesen, hat die EU ihre Position der Stärke gegenüber der Schweiz unverblümt ausgespielt. Keine Gegenleistungen, wie zum Beispiel ein einfacherer Marktzutritt für Schweizer Banken in Ländern des EU-Raumes (diesen muss die Schweiz mit jedem der einzelnen Ländern aushandeln), war die klare Ansage Brüssels.
Die Misere der Banken
Bei enger Betrachtung könnte man das Abkommen gelassen als eine Angelegenheit des Finanzsektors abtun. Die meisten Politiker und die Grossbanken haben sich mental schon länger vom Bankkundengeheimnis verabschiedet. Um eigene Positionen zu retten, scheuten sich Politiker und Banker nicht, Kundendaten auf genügend politischen Druck und unter Vernachlässigung rechtlicher Bestimmungen auszuliefern. Noch schmerzlicher mussten dies in jüngster Vergangenheit Bankenmitarbeiter erfahren, ...