
Stephanie "Steffi" ist 26 Jahre alt, wohnt seit elf Jahren im Asternweg und erwartet zum Zeitpunkt der Dreharbeiten ihr fünftes Kind. Vater ihrer Kinder ist der arbeitslose Dachdecker Helmut (37). Gemeinsam mit ihren Eltern und dem Nachwuchs wohnt Steffi in einer Sozialwohnung ohne Waschbecken und Dusche im Bad. Ihr Partner Helmut hat seine eigene Wohnung im Block. Er sagt, es sei besser für ihre Beziehung, wenn er sich ab und zu zurückziehen könne. Steffis Onkel hat aufgrund der schwierigen Wohnsituation und Steffis Überforderung mit ihrer Rolle als Mutter die Behörden eingeschaltet. Wenn sich der Zustand der Wohnung nicht deutlich bessert, könnte ihr das Jugendamt die Kinder entziehen. Ihr Leben hatte sich die junge Mutter ursprünglich anders vorgestellt: "Ich wollte nie so früh schwanger werden und eigentlich die Schule fertig machen. Aber dann habe ich die Pille vergessen und dann war's eben so." Nun bangen alle um den Familienzusammenhalt. Auch Steffis noch ungeborenes Baby könnte nach der Geburt in eine Pflegefamilie kommen. Für Helmut eine fürchterliche Vorstellung: "Wer mir mein Kind wegnimmt, der spielt mit seinem Leben."
Jan Karl "Charly" (44) ist schon im "Kalkofen" geboren worden. Der arbeitslose Koch ist drogenabhängig. Während der Dreharbeiten findet der Obdachlose bei seiner Freundin Ursula "Ursel" (45) im Geranienweg Unterschlupf. Charly geriet bereits einige Male mit dem Gesetz in Konflikt und saß elf Mal hinter Gittern. Vor einem Jahr erst wurde er erneut aus der Haft entlassen. Seitdem hat er weitere Straftaten begangen - gegen den Flüchtigen liegt wieder ein Haftbefehl vor: "Ich habe ein Kino und ein Bräunungsstudio ausgeraubt. Und das Dritte möchte ich bitte nicht sagen, denn das könnte eine andere Person in Schwierigkeiten bringen. Ich habe mein Leben im Moment verschissen." Dem Gesetz kann der gesuchte Kriminelle nicht entkommen. Was werden die nächsten Monate für ihn mit sich bringen?
Ilse (51) ist von Kindesbeinen an "Kalköflerin" und hat im Gegensatz zu vielen anderen Bewohnern hier ihre berufliche und gesellschaftliche Erfüllung gefunden. Ihre Kneipe "Zum Ilse" ist für viele ein zweites Zuhause und Gastwirtin Ilse "Beichtmutter" und Helferin in der Not: "Die Leute sagen, ich bin eine gute Seele. Wem ich helfen kann, dem helfe ich!" Dabei steckt sie in einem Dilemma: Auf der einen Seite opfert sie sich für die Anwohner bereitwillig auf, aber auf der anderen Seite lebt sie auch von dem Geld, das ihre Gäste täglich bei ihr ausgeben. Sie weiß, dass die Gegend um den Asternweg herum von Außenstehenden kritisch beäugt wird: "Ich bin arm groß geworden. In der Schule habe ich mich eigentlich auch mit denen gut verstanden, die nicht von hier waren. Manche Freunde haben mich auch gerne besucht, aber: Der Kalkofen war schon immer ein bisschen abgestempelt."
Joachim "Jockel" Klaus Richard (62) wohnt seit zwölf Jahren im Asternweg. Hier ist er gestrandet, nachdem sein Vater bei einem Autounfall ums Leben kam, seine Mutter starb und sein Bruder sich das Leben nahm. Nun bewohnt der ehemals obdachlose Jockel 30 Quadratmeter ohne Bad, nur mit einem Kaltwasseranschluss in der Küche. "Im Sommer macht mir das nichts aus, das Wasser ist dann ja lauwarm. Aber im Winter ist das Waschen extrem", erklärt er. Seinen Strom hat er nicht angemeldet: "Ich könnte ihn anmelden, aber ich brauche so viel Geld zum Trinken - da würden mir die 50 Euro für den Strom im Monat fehlen. Das ist das Problem!" Jockel sitzt jeden Tag bei Ilse in der Kneipe und vertrinkt dort seine gesamte Frührente. Eigentlich sehnt sich der einsame "Kalköfler" nach einem anderen Lebensinhalt: "Wenn ich die anderen trinken sehe, will ich auch weiter trinken. Aber ich wäre abgelenkt, wenn ich eine Beschäftigung hätte. Es wäre anders, würde ich eine neue Freundin kennenlernen, viel unterwegs sein und etwas ganz anderes machen - Sehenswürdigkeiten bestaunen, zum Beispiel."
Erich Manfred (61) bezieht Hartz IV und hat einen Ein-Euro-Job im Öko-Programm der Stadt. Das Programm setzt sich zum Ziel, Arbeitslose wieder auf einen festen Job vorzubereiten. "Wir werden als Freischneider, Rasenmäher und auch mal im Schlammgebiet eingesetzt. Ich stinke manchmal, wenn ich nach Hause komme. Und da muss ich einfach duschen", erklärt der gelernte Bäcker und Konditor. Das Thema Duschen sorgt im Asternweg für Unmut: Einige der alteingesessenen "Kalköfler" besitzen keine eigene Duschgelegenheit und benutzen daher die Gemeinschaftsduschen der im Asternweg ansässigen Asylbewohner mit. Diese wohnen in einem anderen Block. "Es ist umständlich, wenn du abends nach Hause kommst und so weit laufen musst. Dann sind vielleicht alle Kabinen besetzt und du kannst nicht mehr duschen", beschwert er sich. Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten hat er eine mobile Dusche für seine Wohnung beantragt und wartet auf die städtische Genehmigung für den Einbau. John "Joe" Jürgen (48) ist im "Kalkofen" groß geworden. Der arbeitslose Schweißer ist Stammgast in Ilses Kneipe, war einige Jahre obdachlos und im Gefängnis. Doch immer wieder zieht es ihn in den Asternweg zurück. Die Menschen und die Gegend kennt er wie seine Westentasche. Stolz führt er durch sein Viertel: "Geboren bin ich unten in diesem Querblock - erste Haustür, untere Etage, auf dem Küchentisch. Und hier hat früher eine Litfaßsäule gestanden. Doch die haben sie weggemacht, da wurde gedealt. Ich liebe das Leben hier und bin stolz, ein 'Kalköfler' zu sein." Obwohl Joe eine Wohnung hat, verschwindet er manchmal einfach von der Bildfläche und lebt wieder wie ein Obdachloser. Auch während der Dreharbeiten ist er eine Zeit lang nicht aufzufinden. Er schläft in einem Auto. "Ich brauche ab und zu mal Abstand und besuche alte Freunde. Ich schau, dass ich einfach überlebe und dass die, die mir ans Herz gewachsen sind, bei mir bleiben", stellt er klar.
Katharina (36) kommt aus einer Diplomaten-Familie und setzt sich ehrenamtlich für die "Kalköfler" ein. Im Rahmen des Projektes "Foodsharing" versorgt sie die Bewohner des Straßenzuges jeden Samstag kostenlos mit frischen Backwaren, die gespendet werden. Sie hilft, weil sie am eigenen Leib erfahren musste, was Ausgrenzung und Stigmatisierung bedeuten: Als sie sich von ihrem Mann scheiden ließ, folgte ihr sozialer Abstieg. Die Mutter von drei Kindern lebte fünf Jahre von Hartz IV. "Das Projekt geht mir sehr nahe, aber ich wandele das in Aktion um. Ich sitze nicht zu Hause und erzähle den Leuten, wie furchtbar das hier ist - ich nehme einfach meine ganze Energie und überlege, was ich aktiv tun kann, um die Situation hier zu verbessern." Eines ihrer Sorgenkinder im "Kalkofen" ist Wolfgang (59). "Er ist mir aufgefallen, weil er so einen wachen Geist in sich hat. Ich glaube, wenn man ihm ein bisschen hilft, dann bekommt er sein Leben wieder in den Griff." Katharina möchte Wolfgang zu einem Job verhelfen. Wird sie dem Langzeitarbeitslosen mit Vorstrafenregister einen Neustart ermöglichen?
VOX zeigt die große Samstags-Dokumentation "Asternweg - Eine Straße ohne Ausweg" am 11.04. um 20:15 Uhr.
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