Seit etwa einem Monat scheint das ehemalige Lieblingskind weltweiter Anleger - der Aktienmarkt, insbesondere der deutsche - in Ungnade gefallen zu sein. Die Fragen werden lauter, ob es zu einem Strukturbruch der bislang heilen Aktienwelt gekommen ist. So sorgt der zuletzt deutlich zulegende Euro-Kurs bei Anlegern für Zurückhaltung bei deutschen Exportwerten. Irritierend wirkten auch die steigenden Anleiherenditen. Hat etwa die EZB ihr Pulver, ihre Liquiditätsmunition verschossen? Werden Zinsanlagen gegenüber Aktien wieder attraktiver? Ist der Aktienhausse beim DAX also aus Gründen einer strukturellen Änderung die "Geschäftsgrundlage" entzogen?
Die Entwicklungen von Euro / US-Dollar, Bund Future und DAX seit Höchststand des DAX am 10. April sprechen eine deutliche Sprache.
Wird der Euro zu einer Stark- und der Dollar zu einer Schwachwährung?
Für Wechselkursbewegungen sind Zinsunterschiede von großer Bedeutung. Eine im I. Quartal vermutlich geschrumpfte US-Wirtschaft hat die Zinswende der Fed in das zweite Halbjahr verschoben. Da sich gleichzeitig die Konjunkturstimmung in der Eurozone aufhellte und daraufhin sogar die Drosselung der Liquiditätszuführung der EZB diskutiert wird, hat der Euro zum Dollar seit seinem Jahrestief von unter 1,05 wieder kräftig bis fast auf 1,14 zugelegt.
Ist das die Trendwende? Nein, die US-Wirtschaft wird die witterungs- und streikbedingten Behinderungen ab dem II. Quartal zügig aufholen und der Zinswende und damit Dollar-Stärke neue Nahrung geben. Und für die Euro-Wirtschaft gilt "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer". Daher wird die EZB an ihrem renditedrückenden Aufkaufprogramm unbeirrt festhalten. Die verschobene, aber nicht aufgehobene US-Zinswende einerseits und Anleiherenditen im Euroraum andererseits, die auch zukünftig unter den attraktiveren US-Renditen verlaufen, sprechen bis Jahresende für einen Euro von etwa 1,04.
Ist die Rentenhausse vorbei?
Es ist der längste Anlagetrend der Neuzeit: Seit 1981 fallen die Renditen von Staatsanleihen. Doch das mittlerweile fast erreichte Nullzinsniveau, eine stabile Weltkonjunktur, der nachlassende Deflationsdruck in der Eurozone, der wirtschafts- und finanzpolitisch zwar gebotene, aber aus Gründen der europäischen Polit-Räson wohl nicht stattfindende Grexit und Währungsgewinne beim Euro nehmen große US-Anleger zum Anlass, mit viel Geschrei und Öffentlichkeitswirkung auf die Renditewende bei Anleihen zu wetten. Da weltweit Banken, Versicherungen und Pensionsfonds auf dramatisch hohen Anleihepositionen und ebenso dramatisch hohen Buchgewinnen sitzen, die sie sichern wollen, sorgen sie für eine sich selbsterfüllende Prophezeiung dieser von den USA initiierten Rentenbaisse. Steht also ein Strukturbruch bei Anleihen kurz bevor? Käme es tatsächlich dazu, weil immer mehr Großanleger die Rentenmärkte verlassen, würde die größte Anlageblase der Welt, nämlich die Anleiheblase platzen, und damit das bestehende Finanzsystem ruinieren. Vor diesem Hintergrund müssen die Notenbanken den Anleihe-Crash verhindern: Eine wirklich restriktive Liquiditätspolitik ist auch für die Fed unmöglich.
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