Krise ist der beste Freund von Gold. Und an Krisen und damit Gründen für steigende Goldpreise mangelt es nicht. Geopolitisch ist die weitere Entwicklung im Ukraine-Russland-Konflikt und in puncto IS-Terror kaum abzuschätzen. Und das griechische Schuldendrama ist nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Die Akte Griechenland kommt spätestens in drei Jahren zur Wiedervorlage, wenn nicht sogar schon früher. Nicht zuletzt ist die überbordende Staatsverschuldung der G7-Länder kein Ruhmesblatt, sondern ein stabilitätspolitischer Schandfleck.
Im Gegensatz zu Geld ist Gold ein knappes Gut
Für Gold spricht grundsätzlich, dass es im Gegensatz zu Geld nicht beliebig vermehrbar ist. Die drei größten Notenbanken der Welt - Fed, EZB, Bank of Japan - betreiben die wundersame Geldvermehrung, um über künstlich gedrückte Staatsanleiherenditen Schuldenkrisen zu bekämpfen und Währungen zum Wohle der Exportwirtschaft abzuwerten. Bei diesen "Fantastischen Drei" wird es nicht bleiben. Auch andere Notenbanken wie die in China schwenken auf den Pfad des "Quantitative Easing" ein. Mit geldpolitischer Planwirtschaft will Peking die Anlageblasen vor dem Platzen bewahren und so die Marktwirtschaft retten. Gegen Geld ist Gold ein knappes, tatsächlich real existierendes, nicht nur virtuelles Gut.
Gold bekommt zwar keine Jungen, Nachwuchssorgen haben aber auch Zinsanlagen
Gold ist für viele Anleger nicht attraktiv, weil es keine laufende Rendite abwirft. Ja, man kann zwei Goldmünzen in einem gemütlichen Zimmer nebeneinander legen, das Licht schummrig dimmen und Musik der Marke "Kuschelrock" auflegen: Gold wird niemals durch Fruchtbarkeit auffallen, Gold bekommt keine "Jungen". Das ist bei Zinsanlagen anders, zumindest war es früher anders, damals in der guten alten Zins-Zeit, als der Weltspartag noch ein Freudentag war: Seit 1977 gab es in Deutschland im Durchschnitt 5,4 Prozent Rendite für Staatspapiere. Heute spricht man vom Weltspartrauertag. Zinsanlagen haben ihren komparativen Vorteil aufgegeben.
Auf Besserung brauchen Zinssparer nicht zu hoffen. Insgesamt werden die Anleiherenditen zwar keine neuen Tiefstände mehr erreichen. Doch müssten unsere geldpolitischen Rettungsengel Selbstmörder sein, ließen sie eine teuflische Renditewende zu. Sie zerstörten ihr eigenes Rettungswerk. Sie wissen genau, dass man geldpolitisch gezähmte Rentenmärkte nicht einfach wieder in die freie Wildbahn entlassen kann. Spekulanten würden sie auffressen wie Löwen arglose Antilopen, die im Streichelzoo aufwuchsen und plötzlich in der afrikanischen Savanne ausgesetzt werden. Wenn es denn sein muss, wird die EZB ihr Anleiheaufkaufprogramm zur Aufrechterhaltung der Wehrkraft des Rentenmarkts auch über September 2016 hinaus verlängern. Die international schwache Inflation liefert ohnehin jedes Alibi für das geld-olympische Motto "Schneller, Höher, Stärker". Selbst wenn es irgendwann wegen der üppigen Geldpolitik zu einer richtigen Preissteigerung kommt, wird die EZB dieser dennoch nicht wie früher die Deutsche Bundesbank zu Leibe rücken. Nein, man wird dankbar sein, das die Inflation die Euro-Schulden auffrisst.
US-Notenbank als Brunnenvergifter für Gold?
Steigende US-Leitzinsen sind sicherlich Gift für den Goldpreis. Aber selbst wenn die US-Leitzinswende im September eingeleitet wird, braucht sich kein Anleger vor einer Zinspolitik mit Schaum vor dem Mund wie zwischen 2004 und 2006 zu fürchten: Mit einem Anstieg von einem auf 5,25 Prozent hatte der frühere Notenbankpräsident Ben Bernanke damals nicht nur die ungeliebte Immobilienblase wie eine lästige Fliege auf der Vase zerschlagen, sondern die Vase gleich mit: Mit einem Schlag ist auch die US- und Weltkonjunktur zerbrochen.
Diese Fehler werden Fed-Chefin Yellen nicht passieren. Ohnehin betreibt Frau Yellen eine Geldpolitik für urbi (Amerika) und orbi (Welt). Einem bereits ladegehemmten China will sie nicht auch noch eine Kapitalflucht in das zinsattraktive Amerika zumuten. Ohnehin, die aktuelle Rohstoffpreisschwäche schürt keine Inflations- sondern eher Deflationstendenzen. Und dank der wiedererstarkten Ölproduktion im Iran, der Fördermanie Saudi-Arabiens sowie des grundsätzlichen Preisdrucks durch Fracking ist Öl auch längerfristig kein Preistreiber. Frau Yellen hat einen weiten Spielraum für zinsseitige Zurückhaltung. Damit bremst sie auch die Aufwertung des US-Dollar, der sich vermeintlich gegenläufig zu Rohstoffen entwickelt. Allerdings ist dieser Zusammenhang bei Öl deutlich auffälliger als bei Gold.
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