FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 10. Februar 2016. Trotz der heftigen Kursverluste steigt die Stimmung der Anleger. Das bringt den Markt in zusätzliche Schwierigkeiten.
Zwei Fragen wurden während der vergangenen Handelstage am häufigsten gestellt: "Sind wir beim DAX in einer Panik?" Und: "Kann man jetzt kaufen?" Fragen, auf die man zurzeit selbst von Experten nicht immer eine eindeutige Antwort erwarten darf. Kein Wunder, dass Börsenregeln wie "Greife nie in ein fallendes Messer" oder "Kaufen Sie, aber seien Sie vorsichtig!" Hochkonjunktur haben. Zumal der DAX seit Jahresbeginn fast 75 Prozent aller Handelstage bislang mit einem Tagesminus abgeschlossen hat. Dennoch: Panik sieht anders aus, denn trotz aller negativen Nachrichten war man mancherorts auf einen Sturz des DAX gut eingerichtet.
Immerhin hat sich von den mittelfristig orientierten institutionellen Akteuren eine klare Mehrheit dafür entschieden, die zweite Eingangsfrage mit einem klaren Ja zu beantworten. Denn der Optimismus, der in der vergangenen Woche mit einem Börse Frankfurt Sentiment-Index von gerade einmal +3 Punkten praktisch nicht vorhanden war, ist mit aller Macht zurückgekehrt. Bei der heutigen Erhebung stellen wir einen Index fest, der mit +33 Punkten nicht nur den höchsten Wert der vergangenen vier Erhebungen markiert, sondern zuletzt nur auf einem höheren Niveau notierte als der DAX noch oberhalb von 10.000 Zählern lag.
Dass sich die institutionellen Akteure offensichtlich in so starker Kauflaune befinden, mag auf den ersten Blick etwas irritieren. Denn es gibt aktuell kaum Positives, was den Aktienmarkt beflügeln könnte. Gerade der schwächelnde Bankensektor, gepaart mit massiv erhöhten Kosten für Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS), dürfte genauso wenig ein Kaufargument für Aktien darstellen wie die unsichere Lage an den Ölmärkten oder die Angst vor einer Rezession in den USA.
Das einzig stichhaltige Kaufmotiv dürfte darin bestanden haben, sich in der vergangenen Woche rechtzeitig gegen einen Kursverfall von 6 Prozent im Stichtagsvergleich abgesichert zu haben. Die heutige Stimmungserhebung legt nicht nur den Schluss nahe, dass diese Sicherungen und Verkäufe wieder aufgelöst bzw. mit Gewinn wieder eingedeckt wurden. Vielmehr haben sich auch bislang neutral eingestellte Marktteilnehmer zum ersten Mal seit vier Wochen wieder als Käufer zurückgemeldet.
Privatanleger hielten durch
Völlig anders stellt sich die Situation bei den Privatanlegern dar, die im Gegensatz zu ihren institutionellen Pendants mehrheitlich ihre optimistische Einstellung beibehalten haben. Dass der Börse Frankfurt Sentiment-Index dennoch um drei Zähler auf einen Wert von +23 anziehen konnte, verdankt sich den wenigen Akteuren, die in der Vorwoche auf einen Einbruch am Aktienmarkt gesetzt hatten. Diese kleine Gruppe von 4 Prozent aller Befragten hat nun ihre Gewinne mitgenommen und sich zu großen Teilen per Saldo auf die Seitenlinie zurückgezogen. Unter dem Strich bleibt jedoch der der mehrheitliche Optimismus in dieser Gruppe seit einigen Wochen auf gleichem Niveau: Anscheinend wurde der Kurssturz des DAX während dieser Zeit von vielen schlichtweg ausgesessen.
So zeigt die heutige Befragung, dass der Optimismus der institutionellen Marktteilnehmer zurückgekehrt ist. Er liegt nun wieder über dem Mittelwert des zweiten Halbjahres 2015 und stellt damit eine Belastung für den DAX dar. Zumal sich auf der Gegenseite dieser der bullishen Stimmung zugrunde liegenden Käufe mit einiger Wahrscheinlichkeit Abflüsse langfristigen Kapitals (ins Ausland) befunden haben. Auch ist nicht damit zu rechnen, dass die Anleger - die neuen institutionellen Käufer, aber auch die seit einigen Wochen im Verlustbereich befindlichen privaten Investoren - dem DAX im Falle einer Erholung allzu lange zur Seite stehen werden. Mit anderen Worten: Die heute begonnene Aufwärtskorrektur könnte schon bald (idealerweise bei etwa 9400 Zählern) zum Erliegen kommen. Sollte das Börsenbarometer hingegen bereits vorher unter Druck geraten, dürfte es spätestens nach Unterschreiten des bisherigen Jahrestiefs (8.770 DAX-Zähler) zu einer neuerlichen starken, weil nicht erwarteten Verkauf
von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de © 10. Februar 2016
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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