Die EZB hat die geldpolitische Generalmobilmachung angeordnet. Mit ihrer Leitzinssenkung auf null beendet sie de facto den Kapitalismus, zu dem Zinsen gehören wie der Ball zum Fußballspiel. Mit der Erhöhung des Strafzinses sollen die Banken förmlich gezwungen werden, neue Kredite auszuleihen. Und mit ihrer üppigen Aufstockung der Anleihenkäufe und der sintflutartigen Liquiditätsschwemme der Banken soll die Konjunktur der Eurozone insgesamt aus ihrem Dämmerschlaf geholt werden. Wird die EZB mit ihrer Geldpolitik erfolgreich sein? Wird sie Inflation und Realwirtschaft kalt starten können? Starke Zweifel sind angebracht.
Die EZB hat ernüchternde Konjunkturprognose abgegeben. Ihre verringerten Wachstumsprojektionen (2016: 1,4 statt 1,7; 2017: 1,7 statt 1,9) korrespondieren mit der sich seit Ende 2015 eingetrübten Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor der Eurozone.
Geradezu katastrophal sind die "Erfolge" der EZB auf der Inflationsebene. Die dramatisch gesenkten Inflationsprojektionen (2016: 0,1 statt 1,0 und 2017: 1,3 statt 1,6 Prozent) signalisieren, dass die EZB in puncto Deflationsbekämpfung de facto nichts erreicht hat. Denn der fehlende Lohndruck und die mangelnde Preisdurchsetzungskraft der Unternehmen kommen ebenso in einer schwachen Kerninflationsrate - also ohne Berücksichtigung schwankungsanfälliger Preise für Energie und Nahrungsmittel - zum Ausdruck. Diese befindet sich auf dem niedrigsten Stand seit Beginn des Anleihenaufkaufprogramms.
"Viel hilft viel" ist nicht immer ein erfolgreiches Motto
Insgesamt zieht die EZB daraus den Schluss, noch nicht genug für die Konjunktur getan zu haben. Sie setzt jetzt alles auf eine Karte. Und selbst wenn die Inflation z.B. wegen der Rohstofferholung zunehmen sollte, wird sie angesichts der Konjunkturschwäche nicht von ihrer radikal-üppigen Geldpolitik Abstand nehmen. Denn sie weiß, dass geldpolitische Restriktion in die Rezession führen würde. Damit betritt sie sehr gefährliches Terrain: Sie wird Inflation ignorieren bzw. sich auf Inflationsindices als Alibi berufen, die ihre Geldpolitik unterstützen.
Die EZB folgt dem Prinzip Hoffnung und vertraut unbeirrt auf den Hebel sinkender Kreditkosten für die Realwirtschaft. Den Leitzins hat sie nun auf 0,00 gesetzt. So weit ist selbst die Fed nicht gegangen. Die EZB hat die US-Notenbank links und rechts überholt. Zudem erhöht sie das Volumen ihres Anleiheaufkaufprogramms von monatlich 60 auf 80 Mrd. Euro und bezieht nun auch Unternehmensanleihen (außer von Banken) höchster Bonität mit ein. So will sie ebenso die Refinanzierung der Unternehmen zinsgünstiger gestalten. Um noch mehr Liquidität für die Kreditvergabe zur Verfügung zu stellen, bietet sie den Kreditinstituten für die vier Quartale ab Juni 2016 Sonderkredite (TLTROs) mit einer Laufzeit von vier Jahren an. Je stärker Banken ihre Kredite an die Realwirtschaft erhöhen, desto näher soll der Zins dieser Tender am negativen Einlagensatz liegen, so dass Banken mit der Refinanzierung bei der EZB sogar Zinsgewinne erwirtschaften können. Und um Anreize zu geben, dass diese Liquidität verstärkt in Form von Krediten weitergegeben wird, senkt die EZB die Einlagenzinsen der Banken von minus 0,3 auf minus 0,4 Prozent. Man hofft, dass die Banken statt Strafzinsen dann doch lieber Kredite an Haushalte und Unternehmen vergeben.
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