FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 16. März 2016. Die Aufwärtsbewegung lässt hiesige Anleger vergleichsweise kalt, es sind andere am Zug - beides ein gutes Zeichen für den Markt.
Es ist schon ein paar Tage her, dass die Börsianer entgegen vieler Erwartungen von der Europäischen Zentralbank ein geldpolitisches Paket überreicht bekamen, das selbst eingefleischte Optimisten zumindest aus Sicht der Börsenentwicklung noch positiv überrascht haben mag. Auch wenn der Tag, an dem diese Maßnahmen in der vergangenen Woche verkündet wurden, von einer sehr hohen Volatilität gekennzeichnet war, hat sich am Ende die Aufwärtsbewegung des DAX durchgesetzt - im Wochenvergleich konnte das Börsenbarometer 2,9 Prozent zulegen.
Dass der Sinn der Beschlüsse, die die EZB gefasst hat, dennoch von einigen Kommentatoren später angezweifelt wurde, mag sich auch in unserer jüngsten Stimmungserhebung bei mittelfristig orientierten institutionellen Marktteilnehmern niedergeschlagen haben. Zwar hat der Börse Frankfurt Sentiment-Index um 7 Punkte auf einen Wert von +8 Punkte zulegen können. Dennoch kann man diese Zunahme fast ausschließlich der Wanderung ehemals neutral gestimmter Akteure zuschreiben, die sich über mehrere Wochen hinweg am Handelsgeschehen kaum beteiligt gehabt haben dürften.
Im Gegenzug haben sich bislang aktivere Investoren während der vergangenen Handelstage tendenziell kaum bewegt, ein Umstand, der jedoch nicht unbedingt den EZB-Beschlüssen zugeschrieben werden muss. Denn mit der heute stattfindenden Sitzung der US-Notenbank steht für Börsianer ein weiteres wichtiges Ereignis an. Zwar erwartet die überwältigende Mehrheit vom Offenmarktausschuss keine weitere Zinserhöhung, aber zumindest einen Hinweis darauf, ob und wie häufig in diesem Jahr noch weitere vorsichtige Anhebungen angesagt sein könnten. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass der Offenmarktausschuss derzeit vielfach als gespalten wahrgenommen wird: Während die einen wegen des robusten Arbeitsmarktes Inflationsgefahren befürchten, zeigen sich andere nicht zuletzt auch wegen der Verwerfungen an den Aktienmärkten in den ersten beiden Monaten dieses Jahres gegenüber weiteren Zinserhöhungen eher zurückhaltend.
Deutschland sehr gefragt
Während der Optimismus der institutionellen Investoren leicht zugenommen hat, wächst der Pessimismus der Privatanleger. Denn bei dieser Gruppe hat sich die deutliche Polarisierung zwischen Bullen und Bären, die wir noch vor drei Wochen vorgefunden hatten, weiter zurückgebildet. Und zwar derart, dass die Gruppe der neutral gestimmten Anleger mit einem Anteil von 25 Prozent den höchsten Stand seit Ende Mai 2015 ausmacht. Obwohl die Akteure insgesamt etwas mehr zur Vorsicht neigen, hält sich am Ende der Börse Frankfurt Sentiment-Index auf einem Niveau von +27 Punkten - das bedeutet gegenüber der Vorwoche einen Rückgang von 3 Punkten.
Die heutige Erhebung zeigt, dass der jüngste Anstieg des DAX nur teilweise inländischen Akteuren zugeschrieben werden kann. Dafür spricht der leichte Anstieg des Optimismus institutioneller Akteure, der aber, verglichen mit den anderen Stimmungsresultaten dieses Jahres, insgesamt noch sehr verhalten bleibt. Das gilt auch für die Privatanleger, deren Stimmung während der vergangenen Wochen schon deutlich besser gewesen war.
Dass der DAX dennoch innerhalb eines Monats fast um 1.000 Zähler zulegen konnte, dürfte daher vor allem langfristiger, ausländischer Nachfrage zuzuschreiben sein. Dafür spricht zumindest die jüngste BofA Merrill Lynch-Umfrage unter internationalen Fondsmanagern, die sich zuletzt wieder vermehrt Aktien aus der Eurozone zugewandt haben, wobei sich vor allen Dingen Deutschland als bevorzugtes Investitionsziel herauskristallisiert hat. Mit der Erkenntnis, dass netto 37 Prozent der europäischen Fondsmanager dieser Umfrage zufolge im kommenden Jahr hierzulande investieren möchten, verbunden mit dem vergleichsweise niedrigen Optimismus der befragten institutionellen Investoren, bleibt die derzeitige Erholungsbewegung des DAX gut unterstützt. Denn im Falle eines abermaligen Rücksetzers würden sich immer noch genügend Investoren finden, die bereit wären, auf ermäßigtem Niveau ihre Aktienquote deutlich zu erhöhen.
von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de © 16. März 2016
Über den Börse Frankfurt Sentiment-Index
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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