Die US-Notenbank gesteht sich immer mehr ein, dass ihre Geldpolitik über den nationalen Tellerrand hinausgehen muss. Ihre Rettungsmission ist längst international erforderlich. In der Tat, allein schon das verbale Einläuten des Endes der Leitzinswende hat zu einer Entspannung der globalen Unsicherheitsfaktoren geführt: Die Kapitalflucht aus Asien in die USA hat sich beruhigt und der zinsbedingt abwertende US-Dollar stärkt die Rohstoffpreise sowie die weltwirtschaftliche Kaufkraft der Rohstoffländer. Risikoentspannend wirkt auch, dass China eingesehen hat, dass es notenbankseitig nicht mehr an der Verhinderung einer Aktienbaisse vorbeikommt, die ansonsten konjunkturelle Kollateralschäden auslösen würde. Insgesamt hat sich das Risikopotenzial für die Aktienmärkte im II. Quartal 2016 zurückgebildet. Allerdings bleibt die Brexit-Abstimmung am 23. Juni das politische Damokles-Schwert für Europa.
Janet Yellen als radikale Taube: Das Ende der US-Leitzinswende ist eingeläutet
Es wäre nicht mehr überraschend, wenn die Fed komplett von weiteren Zinserhöhungen absieht. Aus Glaubwürdigkeitsgründen kann sie dies aber jetzt noch nicht klar formulieren. Frau Yellen weiß, dass sie angesichts der "erhöhten Risiken für die Weltwirtschaft" keine Zinserhöhungspolitik betreiben kann, für die es mit Blick auf die US-Wirtschaft durchaus Argumente gäbe. Insbesondere gilt ihre Sorge der Konjunkturunsicherheit Chinas sowie der schwachen Rohstoffpreisentwicklung, die die Kaufkraft der Rohstoffländer schwächt. Im Übrigen würden fortgesetzte Leitzinsanhebungen bei damit gleichzeitig verbundenen Währungsgewinnen des US-Dollars Kapitalströme aus den Schwellenländern in die USA verstetigen. Dagegen fehlte es in den Schwellenländern an Investitionsmitteln.
Mit dem Verweis auf die Weltwirtschaft und ihre Risiken hat sich Frau Yellen deutlich mehr Alibis verschafft, um ihrer vielbeschworenen Datenabhängigkeit bei Zinsentscheidungen gerecht zu werden. Jetzt gelten auch die Schwellenländer als "Entschuldigung" für ausbleibende geldpolitische Restriktionen. De facto hat sie geschickt und unter Wahrung der Glaubwürdigkeit das Ende der Zinswende eingeläutet.
Um ihrem geldpolitischen Entspannungskurs Nachdruck zu verleihen, verwies Frau Yellen sogar ungefragt darauf, dass die Fed "beträchtlichen Spielraum" habe, um der Konjunktur bei Bedarf noch mehr Impulse zu geben. Negativzinsen und sogar ein viertes Anleiheaufkaufprogramm sind theoretisch mögliche Instrumente, die praktisch schon diskutiert werden.
Der Zustand der Weltkonjunktur bleibt zwar noch verhalten. Doch scheint das Abebben der zinspolitischen Risikofaktoren immerhin bereits zu einer Beruhigung des seit Winter 2015 anhaltenden Abwärtstrends der Einkaufsmanagerindices für das Verarbeitende Gewerbe in der Eurozone, den USA und China zu führen.
Fed und People's Bank of China als brothers in monetary arms
Der Yellen-Effekt hat seine währungspolitische Wirkung nicht verfehlt: Der Renminbi zeigt sich gegenüber US-Dollar wieder erholt. Doch auch Peking hat aus seiner bisherigen finanz- und wirtschaftspolitischen Unbekümmertheit gelernt. Denn die im Sommer 2015 eingeleitete Politik der Währungsabwertung zur Unterstützung der Exportwirtschaft hat kontraproduktiv gewirkt. Der Währungsverfall hat die Kapitalflucht verstärkt und ein damit verbundener, dramatisch fallender Aktienmarkt wurde als Menetekel für eine sehr schwache Konjunktur gemäß dem Motto "Wo Rauch ist, ist auch Feuer" betrachtet.
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