Die jahresanfänglichen Unsicherheitsfaktoren an den Aktienmärkten haben an Dramatik verloren: China betreibt planwirtschaftliche Stützung von Konjunktur und Aktienmärkten. Eine nur noch homöopathisch betriebene US-Leitzinswende hat die Kapitalflucht aus Asien in die USA beruhigt und ein darüber abwertender US-Dollar stärkt die Rohstoffpreise und damit das Nachfragepotenzial der Rohstoffländer. Allerdings sind die fundamentalen Aktienargumente mit Blick auf die verhaltene Weltkonjunktur noch fragil. Die Abstimmung über den Brexit am 23. Juni stellt das größte politische Damokles-Schwert für Europa und seine Finanzmärkte dar.
Der IWF hat seine Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft gesenkt: Sie soll 2016 mit 3,2 statt 3,4 Prozent und 2017 mit 3,5 statt 3,6 wachsen. Immerhin wüchse sie damit stärker als 2015 mit 3,1 Prozent. Auch die Konjunkturen der Eurozone (1,5 statt 1,7 Prozent) und USA (2,4 statt 2,6 Prozent) werden für 2016 kritischer eingeschätzt. Allerdings wird für China Entwarnung vor einem Konjunkturschock gegeben. China soll in diesem Jahr mit 6,5 statt 6,3 Prozent wachsen.
Die leichte Stimmungsfestigung sowohl des offiziellen als auch des vom Finanzdatenanbieter Caixin veröffentlichten Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe findet Niederschlag in der Stabilisierung des Shanghai Composite Aktienindex über der psychologisch wichtigen Marke von 3.000 Punkten. Seit Jahrestief Ende Januar konnte er um rund 16 Prozent zulegen. Eine weitere Aufhellung der harten Fundamentaldaten nach einer ersten Verbesserung der Exporte im März bleibt jedoch Bringschuld für eine nachhaltige real- und finanzwirtschaftliche Stabilisierung. Hierbei bleibt die planwirtschaftliche Unterstützung durch Chinas Geldpolitik eine conditio sine qua non.
Das Vertrauen in die Emerging Markets steigt wieder
Mittlerweile haben Öl und Rohstoffe insgesamt ihren Boden gefunden. Offensichtlich haben sich Russland und Saudi-Arabien bereits im Vorfeld des OPEC-Treffens am 17. April auf eine Einfrierung ihrer Ölfördermengen auch ohne iranische Beteiligung geeinigt. Offensichtlich hat die Kraft des Faktischen - Haushaltsnöte - zu dieser Einsicht geführt. Damit ist die Basis für eine fortgesetzte Erholung bei Rohöl gelegt, in dessen Windschatten auch Industriemetalle profitieren. Darüber hinaus verleiht die deutlich zurückrudernde Zinserhöhungsrhetorik der Fed und die damit verbundene Abschwächung des US-Dollars Rohstoffen Rückenwind. Die Kaufkraft der Rohstoffländer zum Wohle der Weltwirtschaft wird gestärkt.
Die Dollar-Abschwächung hat auch der Kapitalflucht von Asien in die USA über ausbleibende Währungsgewinne bzw. zu erwartende -verluste den Reiz genommen. Insgesamt haben sich die Währungen der Schwellenländer gegenüber dem US-Dollar seit den Tiefständen im Januar kräftig erholt. Damit wird auch der Schuldendienst der mehrheitlich auf US-Dollar-Basis aufgenommenen Kredite erleichtert.
Signal eines sich wiederaufbauenden Vertrauens in die Rohstoff- bzw. Schwellenländer ist nicht zuletzt die Stabilisierung der seit 2014 deutlich geschrumpften Devisenreserven. Offensichtlich hat der Druck, Buchgewinne auf ausländische Wertpapiere zu realisieren, um sie zur Stützung der Binnenkonjunktur einzusetzen, nachgelassen.
Die Stimmungsumkehr der Anleger Schwellenländern gegenüber kommt ebenso deren Aktienmärkten zugute. Insbesondere die Rohstoffländer Russland und Brasilien konnten deutlich Boden gutmachen. Aufgrund der Regierungskrise in Brasilien ist die dortige Kurserholung noch bemerkenswerter.
Insgesamt haben die Aktienmärkte der Schwellenländer seit ihrem 6-Jahres-Tief im Januar Kursgewinne von gut 20 Prozent verzeichnet. Damit befindet sich der MSCI Emerging Markets Index im Bullenmarkt. Gleichzeitig kommt durch die nachlassende Volatilität auch eine deutlich reduzierte Risikoaversion zum Ausdruck.Apropos Risikoaversion, ihr Rückgang zeigt sich auch in sinkenden Renditen für Staatsanleihen der Schwellenländer. Auch hier sticht Brasilien - trotz Regierungskrise - positiv hervor.
Japan kann den Währungskrieg aus eigener Kraft nicht mehr gewinnen