Regensburg (ots) - Die erste Überraschung mögen die sieben Staats- und Regierungschefs bereits bei der Anreise auf die japanische  Perleninsel Ise-Shima bekommen haben. Waren vor einem Jahr im  oberbayerischen Schloss Elmau noch Zehntausende Demonstranten gegen  den Gipfel der Sieben gekommen, verloren sich heuer nur wenige  Dutzend Protestler, die sich in die Nähe des Tagungsortes wagten. Und dies ist sicher nicht nur der traditionellen japanischen  Zurückhaltung geschuldet, sondern auch der abnehmenden Bedeutung  dieses politischen Formats. In Abwandlung an den erfolgreichen  Western-Klassiker mit Horst Buchholz und Steve McQueen aus den 60er  Jahren könnte man über das Treffen in Fernost sagen: Die nicht mehr  ganz so glorreichen Sieben. Die Spitzenrunden, die einst vom  deutschen Kanzler Helmut Schmidt und dem früheren französischen  Präsidenten Valery Giscard d'Estaing in den 70er Jahren aus der  Taufe gehoben wurden, wirken inzwischen seltsam aus der Zeit  gefallen. Es trifft sich der westliche Werteclub der  Industrienationen. Doch es werden eher schöne Bilder von  bäumepflanzenden Politikern zelebriert - und vom Gastgeber Shinzo Abe vielleicht auch ein bisschen japanischer Nationalismus vorgeführt -,  als wirklich greifbare und wirksame Beschlüsse gefasst. Japan erlebt  Postkartendiplomatie statt Krisenlösungsstrategien. Neu ist das für  die G7-Treffen zwar nicht, doch mittlerweile ist es ermüdend und  langweilig. Mühsam durch diplomatische Formulierungen übertüncht  werden etwa die tiefen Meinungsverschiedenheiten in der  Wirtschaftspolitik. Während Abe keine Skrupel hat, mit immer neuen  Milliarden an Krediten die kriselnde Wirtschaft im Land der  aufgehenden Sonne anzukurbeln, halten die Europäer genau dies für  Teufelszeug. Aus eigener schlechter Erfahrung führt nämlich genau  dies zum Ausufern der staatlichen Schuldenlast und engt staatliches  Handeln in späteren Jahren ein. Die rechtsliberale Regierung des seit Jahren von Preisverfall gebeutelten Japans weiß offenbar keinen  anderen Ausweg. Auch die anderen sechs Gipfelgäste haben ihr Päckchen zu tragen. Großbritanniens Premier David Cameron sitzt der drohende  Brexit im Nacken. Das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP wird  US-Präsident Barack Obama auf keinen Fall mehr im Weißen Haus  erleben. Und Frankreichs Staatschef Francois Hollande mag froh sein,  dass er den Protesten zu Hause und dem bröckelnden Rückhalt dort für  eine kurze Zeit entfliehen konnte. Angela Merkel, inzwischen die  dienstälteste G7-Teilnehmerin, ist nicht mehr die strahlende  Kanzlerin, die von sechs Herren in schwarzen Anzügen beim Gruppenbild umringt wird. Die Flüchtlingskrise schaffte es nicht einmal ganz oben auf die G7-Tagesordnung. Auch dazu gab es nur allgemeine Appelle. Die fernöstliche Perspektive ist halt eine andere als die des alten  Kontinents. Dass andere wichtige Spieler auf der globalen Bühne, etwa China oder Russland, nicht dabei sind, schmälert den Erfolg oder auch nur die Symbolkraft der G7-Treffen. Viele Krisen sind jedoch ohne  diese Staaten nicht zu bewältigen. Zumindest unternahm Abe den  zaghaften Versuch, Moskau wieder in die illustre Runde aufnehmen zu  lassen. Trotz der Krim-Annektion und des Krieges in der Ost-Ukraine.  Nützlich war das G7-Treffen in Japan dagegen auf jeden Fall für  Kanadas neuen und jugendhaften Premier Justin Trudeau - fürs  Kennenlernen seiner Partner.
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