Immerhin, ein Handicap für die Finanzmärkte hat eindeutig an Brisanz verloren. Die Fed verfolgt das Motto "Wir haben verstanden" und setzt die weitere Zinserhöhung aus. Ein Alibi bietet ihr neben der offensichtlichen US-Konjunkturschwäche die Brexit-Abstimmung in der nächsten Woche. Tatsächlich hat sie das Potenzial, die politische Verfassung Europas und die Stabilität ihrer Finanzmärkte negativ zu beeindrucken. Hauptprofiteur der politischen Verunsicherung ist Gold, das gegenüber allen anderen Anlageklassen weiter an Glanz gewinnt.
Die US-Notenbank lässt ihre Leitzinsen erneut unangetastet. Die - wenn auch nur leicht - gesenkten Wachstumsprojektionen für 2016 (2,0 nach zuvor 2,2 Prozent) und 2017 (2,0 nach zuvor 2,1) signalisieren dennoch die zunehmende Konjunkturskepsis der Fed. Der vom Conference Board veröffentlichte Index der Frühindikatoren - bestehend aus zehn Subindikatoren - bestätigt die merklich nachlassende US-Wachstumsdynamik.
Insbesondere sorgt sich die Fed um den US-Arbeitsmarkt, dessen "sich verlangsamende Erholung" Fed-Chefin Yellen explizit hervorhob. Und jeder Marktteilnehmer weiß, dass geldpolitische Äußerungen zum Arbeitsmarkt auf die Zins-Goldwaage zu legen sind. Tatsächlich deutet der auf 19 Subindikatoren basierende Labor Market Conditions Index der US-Notenbank seit Jahresbeginn auf eine im Trend zunehmende Verschlechterung der Arbeitsmarktbedingungen hin. Interessanterweise hat die Fed darauf sowohl 2000 als auch 2007 mit Zinssenkungen reagiert. Mit Blick auf den Arbeitsmarkt besteht für weitere Zinserhöhungen kein Bedarf.
Ihre Inflationsprognose hat die Fed für 2016 (1,4 nach zuvor 1,2 Prozent) zwar leicht angehoben. Ein Inflationsproblem ergibt sich daraus jedoch definitiv nicht. Denn unabhängig von einer unproblematischen Höhe spricht die Preiserwartungsebene eine andere Sprache. Die prospektiven 5-jährigen Inflationserwartungen für die kommenden fünf sind auf ein Rekordtief gefallen. Demnach besteht auf Jahre hinaus kein Grund für restriktive Zinspolitik seitens der Fed.
Auch die globale Konjunkturebene schreit förmlich gegen Zinserhöhungen
Als Mutter aller Notenbanken ist der Fed das globale Risiko von US-Leitzinsanhebungen bewusst. An Attraktivität gewinnende US-Zinsanlagen, die gleichzeitig zu US-Währungsgewinnen beitragen, konkurrieren dann mit unsicheren Investitionsbedingungen in Asien und Lateinamerika und führen zu einem Kapitalabzug in die USA. Die resultierenden Investitionsausfälle würden die ohnehin bereits angeschlagene Unternehmensstimmung im weltweiten Verarbeitenden Gewerbe endgültig in rezessives Terrain drücken. Diese weltkonjunkturelle Vollbremsung wird die Fed nicht riskieren.
Der Fed zins-dämmert es