Mainz (ots) - Und wieder Fassungslosigkeit, Entsetzen, Trauer. Was bringt einen Menschen dazu, einen 19 Tonnen schweren Lastwagen zur Waffe zu machen und 84 Männern und Frauen das Leben zu nehmen? Einige Indizien und vor allem das Datum des Blutbads deuten einmal mehr auf religiöse Verblendung hin. Der Satz, dass man jetzt tunlichst nicht alle Muslime unter Generalverdacht stellen darf, ist auch nach Nizza nicht falsch geworden. Zumal auch Muslime unter den Opfern des Attentäters waren. Gleichwohl stellt sich die Frage nach der Zukunft unserer offenen Gesellschaft. Wie lange halten die Menschen die Serie von Attentaten noch aus? Frankreich ist zugegeben ein Sonderfall. Problemviertel wie die Banlieus, die wie Brutstätten sozialer Krisen wirkenden grauenhaften Vorstädte, finden sich in dieser Massierung in vielen anderen Ländern nicht. Auch ist die Grande Nation durch ihre Geschichte einerseits und durch ihr bewusst martialisches Eintreten im Kampf gegen den IS andererseits besonders bedroht. Aber der Attentäter von Nizza wollte wie die Terroristen von Paris nicht nur ein Land treffen, sondern die gesamte freie Welt. Wie lange hält diese also den Terror und den von ihm ausgehenden Druck aus? Die Antwort lautet: So lange wie sie es muss - fortlaufend, ungebrochen und ohne Ablaufdatum. In dem Moment, in dem die Freiheit gegen Repression und Abschottung getauscht wird, haben die Terrorstrategen gesiegt. Danach zu handeln, ist leichter gesagt als getan. Was hält denn eine freie Gesellschaft zusammen? Es sind nicht Soldaten, Geheimdienste und Polizisten, so ehrenhaft und unverzichtbar deren Aufgaben auch sind. Der Blick in die Geschichte hilft: Freiheit ist nicht der einzige Wert, der seit der Französischen Revolution besungen wird. Auch Gleichheit und Brüderlichkeit gehörten und gehören gleichrangig dazu. Wie sieht es aber etwa mit der Gleichheit aus? Ausgrenzung, Perspektivlosigkeit und Ablehnung prägen die Lebenserfahrungen vieler vor allem jüngerer Menschen. Wer das Gefühl hat, dass sich eine Gesellschaft nicht für ihn interessiert und ihn nicht im Blick hat oder gar nicht im Blick haben will, der geht am Ende sogar mit einem Lastwagen auf diese Gesellschaft los. Und das sehr viel leichter als jemand, der sich als gleicher Teil begreift und begreifen soll. Teilhabe also - noch so ein bisweilen überstrapaziertes Wort. Aber es weist den Weg: Der Terror von Nizza kam von innen. Alle reflexhaft geäußerten Forderungen nach Grenzschließungen und ähnlichen Maßnahmen sind also kompletter Unsinn. Natürlich brauchen wir mehr denn je starke Staaten. Aber dazu müssen Grenzen eindeutig eher fallen als hochgezogen werden. Grenzen zwischen allen Behörden, die den Terror aktiv bekämpfen. Es ist die europäische Kleinstaaterei, die nicht nur Frankreich besonders gefährdet. Und beim Blick nach innen, bei der Frage nach dem Zusammenhalt eines Staates, darf die Gleichheit nicht länger vernachlässigt werden. Jeder Sozialarbeiter, jeder zusätzlich eingestellte Lehrer, jeder nicht verrottete Kindergarten oder Sportplatz und jeder Ausbildungsplatz sind im Bemühen darum, Terror und Hass von ihren Wurzeln abzuschneiden, mindestens ebenso wirksam wie der starke Arm eines Staates. Auch das ist die Lehre aus Nizza.
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