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Viele haben das Gefühl: Es hört nicht mehr auf, ein Terroranschlag folgt auf den nächsten. Kaum ist in Paris nach den verheerenden Anschlägen halbwegs wieder Ruhe eingekehrt, wird Nizza von einem heimtückischen Attentäter getroffen. Doch nicht nur Frankreich ist betroffen: Seit dem 11. September 2001 zieht der islamistische Terror eine Blutspur durch die Welt und trifft auch viele Ziele in Europa. Nun gibt es mit Würzburg das erste vom IS inspirierte Attentat auf deutschem Boden. "Vom Terror getroffen" ist Thema im "Nachtcafé", zu Gast sind neben Überlebenden und Angehörigen von Terroranschlägen auch eine Traumaexpertin, ein Risikoforscher und ein Sicherheitsexperte. Zu sehen am Freitag, 22. Juli um 22 Uhr im SWR Fernsehen.
Auf Einschränkungen im öffentlichen Leben einstellen? Angehörige und überlebende Opfer des Terrors sind oft bis heute schwer traumatisiert und haben große Probleme wieder in ein normales Leben zurückzufinden. Aber auch alle anderen fragen sich, ob ein Leben in vermeintlicher Sicherheit noch möglich ist, oder man sich auf Zustände wie in Israel einstellen muss, wo Anschläge in Cafés oder dem öffentlichen Nahverkehr an der Tagesordnung sind. Diese Ängste bleiben nicht ohne Folgen: An der Côte d'Azur sind bislang rund ein Viertel der Buchungen für diesen Sommer storniert worden, viele fragen sich, ob man sich noch wie bisher im öffentlichen Raum bewegen kann, ob es sicher ist zu fliegen, Bahn zu fahren, Straßenfeste oder ein Konzert zu besuchen. Paris, Brüssel und zuletzt Nizza - die Bedrohung durch Terror in Europa steigt. Muss man sich künftig auf Einschränkungen im öffentlichen Leben einstellen?
Die Gäste im "Nachtcafé":
Birgit Vanderbeke, bei Nizza lebende Schriftstellerin Die Schriftstellerin Birgit Vanderbeke lebt seit mehr als 20 Jahren in Südfrankreich und beobachtet, wie die Leichtigkeit des französischen Lebensgefühls nicht zuletzt durch den Anschlag in Nizza mehr und mehr einer depressiven, gesellschaftlichen Schockstarre weicht. "Charlie Hebdo, Paris, Nizza - ich glaube, dass die Attentate das Zusammenleben verändern. Der Franzose neigt zum inneren Rückzug. Auf der französischen Seele liegt zunehmend ein Belag."
Kerstin H., Überlebende des Anschlags auf die Brüsseler U-Bahn Kerstin H. gehört zu denen, für die der Terror zur Lebenswirklichkeit wurde. Sie war am 22. März 2016 gemeinsam mit ihrem fünfjährigen Sohn in der Brüsseler U-Bahn, als einige Meter neben ihr der Sprengsatz explodierte. Mutter und Sohn überlebten den Anschlag, die Angst und Verunsicherung aber bleibt: "Ehrlicherweise haben die Terroristen bei mir ihr Ziel erreicht, ich habe Angst."
Sibylle Jatzko, Traumatherapeutin
Sibylle Jatzko kümmert sich nach terroristischen Anschlägen und anderen Katastrophen um Betroffene und Angehörige. "Die Seele braucht Zeit, um wieder belastbar zu sein", weiß die Therapeutin. Ihr Ziel ist es, das Erlebte ins persönliche Lebenskonzept der betroffenen Menschen zu integrieren. Los werde man die Symptome sein Leben lang nicht mehr, so Jatzko.
Bettina Fischer, verlor Bruder und Schwägerin bei Anschlag auf Djerba Diese Erfahrung macht auch Bettina Fischer. Beim Bombenanschlag von Djerba im Jahr 2002 kamen ihr Bruder und ihre Schwägerin ums Leben. Den schwerverletzten zweijährigen Neffen Niklas hat Bettina Fischer damals bei sich aufgenommen. "Dieser Vorfall hat mein Leben verändert. Ein Abschließen des Kapitels ist für mich auch nach der Verurteilung der mutmaßlichen Täter nicht gegeben, denn es geht ja noch weiter: Der Terrorismus ist damit ja nicht besiegt."
Birgit Faber, ihre Schwiegereltern starben bei Anschlag in Istanbul Für Rüdiger und Marianne Faber sollte es eine Traumreise in die Emirate werden - mit Zwischenstopp in Istanbul. Ihr Reiseziel erreichten die Fabers jedoch nie, denn in Istanbul wurde ihre Reisegruppe von einem Selbstmordattentäter in den Tod gerissen. Für Birgit Faber wiegt der Verlust schwer: "Meine Schwiegereltern waren das Zentrum unserer Familie. Trotzdem sind wir als Familie nach diesem schrecklichen Ereignis noch viel enger zusammengerückt."
Wolfgang Bachler, Sicherheitsexperte
Wolfgang Bachler war 15 Jahre lang als Leiter des österreichischen Einsatzkommandos "Cobra" im Kampf gegen den Terrorismus tätig. "Terroranschläge durch Einzeltäter, wie wir es spätestens seit Charlie Hebdo erleben, werden zunehmen", ist er sich sicher. Trotzdem rät Bachler davon ab auf Urlaubsreisen zu verzichten. Seine Empfehlung: Die Aufmerksamkeit im Alltag erhöhen und sensibler für die Umgebung sein, in der man sich aufhält.
Prof. Ortwin Renn, Sozialpsychologe und Risikoforscher "Die Allgegenwärtigkeit des Terrors wirkt wie eine Bedrohung, die mehr und mehr Teil unserer Lebenswirklichkeit wird", sagt der Risikoforscher Ortwin Renn. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit an einem Terroranschlag zu sterben kleiner ist, als an einer Pilzvergiftung, versteht der promovierte Sozialpsychologe, dass die Menschen verunsichert sind.
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