FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 22. August 2016. Die Berichtssaison läuft aus, damit fällt ein wichtiger Treiber weg. Riesige Schritte nach oben werden daher eher nicht mehr erwartet. Charttechniker mahnen zur Vorsicht.
Der Schwung ist weg: Nachdem der DAX nach dem Brexit-bedingten Kurseinbruch Ende Juni um über 1.500 Punkte zugelegt hat, ist nun Konsolidierung angesagt. Seit Dienstag geht es leicht abwärts oder seitwärts - ein Trend, der sich nach Ansicht vieler Analysten vorerst auch noch fortsetzen wird. Vor genau einer Woche war der DAX auf 10.802 Punkte geklettert, ein Jahreshoch, am Montagmorgen sind es nach einer schwächeren Eröffnung immerhin 10636 Punkte.
Auch den US-Börsen ist die Puste ausgegangen, dort waren am vergangenen Montag sogar Allzeithochs erreicht worden. "Nach den neuen Jahreshöchstständen haben die Auftriebskräfte an Kraft verloren, während auf der anderen Seite wieder Zinsängste aufkamen", kommentiert Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank. "Dieses Umfeld sollte auch in dieser Woche Bestand haben und eher für leichten Abgabedruck sorgen."
Stimmung schon zu gut
"Den entscheidenden Impuls für die Kursgewinne gaben die Ausblicke, die trotz Brexit, Terrorängsten und unterdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums von der Mehrzahl der Unternehmen bestätigt oder sogar angehoben wurden", bemerkt Alexander Lukas von der Weberbank. Firmen, die pessimistischer als zuvor auf das laufende Geschäftsjahr blickten, seien die Ausnahme. "Die Stimmung an den Aktienmärkten ist nun nahezu euphorisch, was oft kein gutes Zeichen ist." Nicht ins Bild passe die unveränderte Nachfrage nach Gold - eigentlich ein Anzeichen für ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis der Anleger. "Für das zweite Halbjahr bleibt abzuwarten, ob der positive Aktientrend anhalten wird oder sich doch die Folgen des Brexits und der Terroranschläge in den Geschäftszahlen und Ausblicken niederschlagen werden."
Viele Zahlen besser als erhofft
Auch Markus Wallner von der Commerzbank weist darauf hin, dass die Quartalszahlen - mit einzelnen Ausnahmen wie etwa Deutsche Lufthansa - insgesamt positiv überrascht haben. "Dabei haben die MDAX-Unternehmen etwas häufiger die Erwartungen übertroffen als die Mitglieder des DAX." Er geht davon aus, dass die negativen Revisionen der erwarteten Gewinne durch Analysten noch seltener werden. "Diese anhaltende Stabilisierung der Gewinne sollte die jüngste Erholung des deutschen Aktienmarktes fundamental untermauern."
Aufwärtstrend noch nicht auf Spur
"Für viele Marktteilnehmer hat der DAX die Trendwende geschafft", bemerkt Christian Henke von IG. Zuletzt sei der nachhaltige Sprung über den aus dem Jahr 2015 stammenden übergeordneten Abwärtstrend bei 10.470 Punkten auf Tages- und Wochenbasis geschafft worden. "Doch für eine nachhaltige Trendumkehr bedarf es letztendlich noch eines Schlusskurses auf Monatsbasis." Erst wenn der DAX am letzten Handelstag im August über 10.550 Zählern schließe, könne der Aufwärtstrend wieder aufgenommen werden.
"Erste charttechnische Anlaufstelle wäre dann die psychologische Marke bei 11.000 Punkten." Scheitere der Ausbruchsversuch, verbleibe der DAX im übergeordneten Abwärtstrend. "Einige Anleger könnten dann enttäuscht sein und den Verkaufsknopf drücken", meint der Charttechniker. "Ein Test der horizontalen Unterstützung im Bereich bei 10.100 Zählern wäre dann recht wahrscheinlich." Diese Preisregion komme auf allen Zeitebenen vor und habe daher eine wichtige Bedeutung für das weitere Kursgeschehen.
"Falscher" Ausbruch nach oben?
Christian Schmidt von der Helaba wirft einen Blick auf den Wochenchart: "Auf die lange weiße Kerze der Vorwoche folgte ein sogenanntes ‚dark cloud cover', das klassisch ein negatives Zeichen darstellt", erläutert der Charttechniker. Dies und der Wiedereintritt in die Ichimoku-Wolke hinterließen Spuren im Chartbild, entsprechend könne sich der Ausbruch aus der Dreiecksformation als ‚false break' herauskristallisieren.
"Damit würden sukzessive die Risiken auf der Unterseite zunehmen, vor allem, wenn die Supports im Bereich von 10.396 und 10.346 Punkten durchbrochen würden, den Durchschnitt der vergangenen 100 Wochen." Ebenfalls beachtenswert seien die Marken von 10.171 und 10.136 Punkten. "In letztgenanntem Bereich bzw. knapp darunter - bei 10.073 findet sich die 200-Tagelinie - würden die Karten auch im Hinblick auf einen möglichen Trendwechsel neu gemischt werden."
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Höhepunkt der neuen Woche ist die Rede der US-Notenbankchefin Janet Yellen beim internationalen Notenbanktreffen in Jackson Hole am Freitag, erwartet werden Hinweise über weitere geldpolitische Schritte.
Dienstag, 23. August
10.00 Uhr. EU: Einkaufsmanagerindex August. Trotz Brexit-Votum ist nach Ansicht der DekaBank auch im August nicht mit einem Stimmungseinbruch unter den Unternehmern zu rechnen. Dies gelte sowohl für den Teilindex der Dienstleister als auch für das Verarbeitende Gewerbe. Ein Signal für ein spürbares Anziehen der Wachstumsdynamik im dritten Quartal sei aber auch nicht zu erwarten, denn die Unsicherheitsfaktoren seien nach wie vor zahlreich. Insbesondere die mühsame Regierungsbildung in Spanien sowie der ungewisse Ausgang des Verfassungsreferendums in Italien würden sich auswirken.
Donnerstag, 25. August
10.00 Uhr. Deutschland: ifo-Geschäftsklima August. Der Commerzbank zufolge zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Sorgen vor dem Brexit wohl übertrieben waren. Nach Ansicht der Analysten hat sich das ifo-Geschäftsklima voraussichtlich von 108,3 auf 108,5 Punkte verbessert und werde damit im Durchschnitt der letzten beiden Monate liegen.
14.30 Uhr. USA: Auftragseingänge langlebige Güter Juli. Die Commerzbank prognostiziert einen Anstieg um 2,3 Prozent gegenüber dem Juni. Erstens werde sich positiv bemerkbar machen, dass sich die Lage in der US-Industrie zuletzt wieder verbessert habe. Zweitens habe Boeing deutlich mehr Flugzeugbestellungen verzeichnet.
Freitag, 26. August
USA: Rede der Fed-Chefin Yellen auf Notenbanktreffen in Jackson Hole. Nach Einschätzung der DekaBank wird Yellen vermutlich das bisherige zögerliche Agieren der Fed erklären und über die internationalen Entwicklungen sprechen. Die Hoffnungen auf neue Erkenntnisse über den weiteren geldpolitischen Kurs würden wohl nicht erfüllt werden.
Von: Anna-Maria Borse 22. August 2016
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