BERLIN (Dow Jones)-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den osteuropäischen Mitgliedstaaten zu verstehen gegeben, dass sie ihre Blockadehaltung in der Flüchtlingskrise nicht akzeptieren wird. Was nicht sein könne, "ist, wenn Länder sagen, Muslime wollen wir generell nicht im Land haben", sagte die CDU-Vorsitzende im ARD-Sommerinterview. Das Gespräch wird am Abend ausgestrahlt. Jedes Land müsse in der Aufnahme von Flüchtlingen seinen Anteil leisten.
Merkel hatte am Freitag vier Regierungschefs aus osteuropäischen Ländern in Warschau getroffen, die ihr aber bei dem für sie so wichtigen Thema die kalte Schulter zeigten. Die sogenannten Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei lehnen die Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien und dem Nahen Osten ab und sperren sich gegen eine faire Verteilung von Asylbewerbern innerhalb der Europäischen Union. Wegen der Politik der offenen Tür hat Merkel bei den Wählern massiv an Zustimmung verloren. Mittlerweile will die Hälfte der Deutschen keine vierte Amtszeit Merkels, wie eine neue Umfrage im Auftrag der Bild am Sonntag zeigt. Nur noch 42 Prozent wollen sie auch nach der Bundestagswahl kommenden Herbst an der Spitze der Regierung sehen.
Im Sommerinterview verteidigte die Kanzlerin ihre Flüchtlingspolitik, die das Land spaltet. "Das ist eine großartige Aufgabe, die wir bewältigt haben. Jeder Tag war gefüllt mit der Bewältigung der Aufgabe", betonte sie. Das Land stehe heute besser da als vor einem Jahr. Es bleibe aber noch viel zu tun.
Im Streit um den richtigen Kurs in der Flüchtlingspolitik ist SPD-Chef Sigmar Gabriel auf Distanz zu Merkel gegangen und stellte sich an die Seite des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU). Seehofer fordert seit langem eine jährliche Obergrenze für die Aufnahme von Schutzsuchenden, die Merkel bis heute ablehnt.
"Es gibt so etwas wie eine Obergrenze und das ist die Integrationsfähigkeit eines Landes", sagte nun auch Gabriel am Sonntag beim "Tag der offenen Tür" der Bundesregierung in Berlin. Obwohl ihm die Art, wie der CSU-Chef seine Haltung öffentlich deutlich gemacht hat, nicht gefallen habe, "will ich doch eine Lanze für ihn brechen". Deutschland könne nicht noch einmal eine Million Menschen aufnehmen.
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August 28, 2016 11:48 ET (15:48 GMT)
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