Mainz (ots) - In der Vergangenheit hat das Osloer Komitee den Friedensnobelpreis schonmal in der Erwartung einer künftigen Leistung für den Frieden vergeben, und ist damit zuletzt beim nun scheidenden US-Präsidenten Obama gründlich baden gegangen. Mit der Verleihung des Nobelpreises an den kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos richtet sich die Erwartung diesmal nicht an den Preisträger, sondern an das kolumbianische Volk. Ein kluger Schachzug in der scheinbar verfahrenen Situation, dass die kolumbianische Staatsmacht mit den Farc-Rebellen nach 52 Jahren Krieg endlich Frieden geschlossen hat - die Bevölkerung der Regierung dafür aber die notwendige Mehrheit bei dem gerade erst gescheiterten Referendum versagt. Ausgerechnet der ehemalige Hardliner Santos, der als Verteidigungsminister und in der ersten Amtszeit seiner Präsidentschaft den Bürgerkrieg mit der kommunistischen Farc so fürchterlich eskalieren ließ, muss sich nun des Vorwurfs erwehren, aus Kolumbien ein neues Kuba oder gar ein zweites Venezuela machen zu wollen. In der erbitterten Auseinandersetzung mit seinem Amtsvorgänger und Erzfeind Alvaro Uribe droht das zarte Band des Friedens zerrissen zu werden. Insofern richtet sich die Botschaft aus Oslo nicht nur an die kolumbianische Bevölkerung, sondern auch an Santos' Widersacher, den Friedensschluss nicht für ein innenpolitisches Scharmützel zu missbrauchen. Vor diesem Hintergrund geht auch der Schönheitsfehler in Ordnung, dass der Friedensnobelpreis allein Santos zugesprochen worden ist - und nicht auch dem Farc-Anführer Rodrigo Londoño.
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