Von Alexis Flynn
LONDON (Dow Jones)--Das britische Parlament wird "sehr wahrscheinlich" die Möglichkeit erhalten, über die finalen Bedingungen eines Brexits abzustimmen. Das machte ein Anwalt der Regierung unter Premierministerin Theresa May bei einer Anhörung vor dem Londoner High Court deutlich. Das Gericht war in der Frage angerufen worden, ob May die Befugnis habe, Verhandlungen über den Austritt des Landes aus der Europäischen Union zu beginnen.
Regierungsanwalt James Eadie gab damit den ersten Hinweis darauf, dass die Regierung dem Parlament eine formale Mitsprache über die zukünftigen Beziehungen Großbritanniens zur EU zugesteht. Eadie sagte, die Parlamentarier könnten damit rechnen, vor einer Ratifizierung des möglichen Austrittsvertrages befragt zu werden, dem mindestens zwei Jahre an Verhandlungen vorausgehen dürften.
"Aus Sicht der Regierung ist es sehr wahrscheinlich, dass eine solche Vereinbarung Gegenstand einer Ratifizierung sein wird." Zugleich betonte Eadie aber, dass die britische Regierung und die EU auch ohne eine parlamentarische Ratifizierung ein Austrittsabkommen schließen könnten.
Premierministerin May hat einen sogenannten "hard Brexit" angekündigt, bei dem sie eine Kontrolle der Einwanderung nach Großbritannien über einen Zugang des Landes zum gemeinsamen Markt der EU stellt. Sie will den Artikel 50, der den Austrittsprozess startet und zwei Jahre Zeit für Verhandlungen darüber lässt, vor Ende März 2017 auslösen, ohne dazu das Parlament einzubeziehen.
Angesichts des wachsenden Druck von Gegnern eines solchen Vorgehens hatte sie in den vergangenen Wochen Schritte unternommen, um den Abgeordneten mehr Mitsprache bei dem Austritt zu geben.
Das Einbeziehen des Parlaments könnte nun zu einer stärker auf Kompromiss ausgelegten Position der May-Regierung führen, sagte Simon Hix, Politik-Professor an der London School of Economics. Ohne Parlament hätten die Pro-Brexit-Minister in der Regierung mehr Spielraum, eine schärfere Trennung von der EU durchzusetzen.
Eine Sprecherin von May bestätigte, dass die Aussagen von Anwalt Eadie vor dem Gericht die Position der Regierung wiedergegeben haben.
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October 18, 2016 11:22 ET (15:22 GMT)
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