Niemand hatte es kommen sehen. Weder Rohstoffanalysten noch die großen Öl- und Gaskonzerne dieser Welt. Sämtliche Marktteilnehmer wurden Mitte 2014 auf dem falschen Fuß erwischt, als die Ölnotierungen regelrecht abstürzten. Seitdem versuchen sie sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen, aber vor allem auf eine bessere Zeit, in der die Ölpreise wieder dreistellig sind.
Dabei gibt es ganz verschiedene Herangehensweisen. Einige Unternehmen aus dem Öl- und Gassektor streichen rigoros Kosten sowie Investitionen zusammen, entlassen Mitarbeiter und fahren die Produktionskapazitäten nach unten. Andere nutzen wiederum die Gelegenheit, günstig Übernahmen zu stemmen. Die gefallenen Rohölpreise haben die Gewinne und letztlich auch die Aktienkurse von Energiekonzernen schrumpfen lassen. Während auf der einen Seite damit interessante Kaufgelegenheiten warten, sorgt das Niedrigzinsumfeld für günstige Finanzierungsbedingungen. Allerdings geht es nicht nur um günstige Übernahmen und attraktive Finanzierungsbedingungen. Es geht vor allem darum, sich auf ganz neue Marktbedingungen einzustellen. Dies hatte auch der britisch-niederländischen Ölkonzern Royal Dutch Shell (WKN: A0D94M / ISIN: GB00B03MLX29) im Sinn, als er den britischen Gasspezialisten BG Group für 35 Mrd. Britische Pfund (GBP) (umgerechnet 42 Mrd. Euro) übernahm.
SHELL & CO HOFFEN AUF HÖHERE PREISE
Neben Synergieeffekten hatte Shell mit der BG Group-Übernahme vor allem den Ausbau seiner führenden Position im Geschäft mit Flüssiggas im Sinn. Das Thema Flüssiggas wird in Europa besonders heiß diskutiert. Damit kann man sich hierzulande vom bisher dominierenden Anbieter Russland unabhängiger machen. Allerdings birgt der Zusammenschluss auch ein großes Risiko. BG ist kräftig im Bereich Tiefseebohrungen aktiv. Diese sind, wie wir 2010 im Zuge der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko sehen konnten, sehr gefährlich. Außerdem sind sie aufgrund des hohen Aufwands nur ab einem Bestimmten Ölpreis rentabel. Darüber hinaus hat sich Shell mit der Übernahme selbst zusätzliche Arbeit aufgehalst. Um die enorme Schuldenlast abzutragen, sollen mit dem Verkauf von Unternehmensanteilen bis Ende 2018 rund 30 Mrd. US-Dollar eingenommen werden. Damit will Shell auch die Dividenden weiterhin hochhalten. Es ist jedoch nicht ganz einfach Ölquellen loszuschlagen, wenn sich der Ölpreis nicht nachhaltig erholt.
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