Die Analyse des Vorher-Nachher-Trump geht weiter. Wie viel realpolitische Substanz hat sein Wahlprogramm tatsächlich? Und was heißt das für die Anlageklassen? Bleibt die Trump-Rallye bestehen? Wird an den US-Aktienmärkten weiter die Zukunft seiner ökonomischen Wundermedizin bezahlt oder scheitert sie z.B. an geldpolitischen Hemmnissen? Inwieweit können deutsche Industrieaktien von den Trumponomics profitieren? Signalisiert hier Trumps Rückzug vom Transpazifischen Handelsabkommen bereits kommendes Ungemach? Ohnehin schwebt über europäischen Aktien das Damoklesschwert des Super-Polit-Jahres 2017.
"Trump Jump" bei US-Aktien von Dauer?
Das Vorhaben, US-Wirtschaft und -Arbeitsmarkt mit Infrastrukturinvestitionen, Deregulierungen im Energie- und Finanzsektor und massiven Steuersenkungen zu dynamisieren, wird Trump umsetzen müssen, um seine Wähler, die durch die Aufweichung seiner Wahlkampfthesen bereits irritiert sind, nicht zusätzlich zu enttäuschen. Damit sind fundamentale Argumente für eine nachhaltig stabile Aktienentwicklung in Amerika gegeben.
Die Trump-Administration wird binnenwirtschaftlich klotzen, nicht nur kleckern. Sorgen, dass diese Konjunkturoffensive die ohnehin atemberaubende US-Staatsverschuldung bis 2021 erneut um fünf Bill. US-Dollar ansteigen lassen dürfte, sind berechtigt. Dennoch, um deren reibungslose Finanzierung zu ermöglichen, setzen die US-Aktienmärkte darauf, dass die Fed - die Konjunktur- gegenüber Stabilitätspolitik gerne Priorität einräumt - einen wirklich restriktiven geldpolitischen Kurs nicht verfolgen wird. In Europa wird überhaupt oft verkannt, dass Schulden in Amerika nur als Mittel zum Zweck, als Instrument zur Konjunkturförderung betrachtet werden. Insgesamt wird Amerika zu einem wirtschaftlich sicheren Hafen mit Ausstrahlung auf US-Aktien.
Trump als handelspolitischer Diktator?
Ohne Zweifel stimmen die von der neuen amerikanischen Regierung angeschlagenen handelspolitischen Töne alarmierend. Trumps Rückzug vom Transpazifischen Handelsabkommen TPP ist ein Paukenschlag, auch weil die Region Asien/Pazifik für die USA wirtschafts- und geopolitisch als logischer Nachfolger des früheren Interessengebiets Atlantik gilt. Doch wird auch unter Trump der transpazifische Handel nicht eingeschränkt, sondern "amerikanisiert". Durch bilaterale Handelsabkommen lassen sich US-Bedingungen sicherlich besser umsetzen als in Verhandlungen mit einer geschlossen auftretenden Gegenpartei.
Damit wird auch der amerikanische Zeigefinger Richtung Europa erhoben. TPP ist tot und TTIP hat unter Trump ganz gewiss keine Chance auf Wiederauferstehung. Die USA werden die EU auffordern, über höhere Neuverschuldung und großzügige Schuldenschnitte nicht nur für Griechenland mehr globale positive Konjunkturstimmung zu entfalten. Nur bei "Entgegenkommen" werden sich protektionistische amerikanische Maßnahmen vermeiden lassen. Es ist nicht zu erwarten, dass Amerikas Interessen auf allzu großen Widerstand einer ohnehin wenig geschlossenen EU-Phalanx treffen. Länder wie Deutschland hätten aufgrund ihrer Exportabhängigkeit ansonsten viel zu viel zu verlieren. Vor allem im Wahljahr 2017 wird Europa wenig arbeitsplatzgefährdende Gegenwehr zeigen.
Insgesamt dürfte sich Europa "kooperativer" zeigen als Asien. Diese handelspolitische Einschätzung signalisieren auch die Aktienmärkte: DAX und Euro Stoxx 50 entwickeln sich seit November deutlich stabiler als der Sammelindex der Schwellenländer.
Leidet die deutsche Industrie unter Trumpophobie?
Trotz der potenziellen handelspolitischen Gefahr, die von der neuen US-Regierung ausgeht, hält sich die Aufregung im Verarbeitenden Gewerbe Deutschlands in Grenzen. Man vertraut auf eine weit weniger dramatische Realpolitik. Sowohl ifo Geschäftserwartungen als auch ifo Geschäftsklima für November halten sich mit Rückgängen zurück. Die ifo Geschäftslage zeigt sich sogar weiterhin stabil.
Den vollständigen Artikel lesen ...